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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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glaube, sie irrt sich in
dem Mann. Sie glaubt, er muß in reiner Verzweiflung sein, weil sie mit diesem
affektierten Kerl, seinem Cousin, flirtet und ihm die kalte Schulter zeigte.
Aber ich glaube, er macht sich nichts aus ihr. Tatsächlich – aber, Schwamm
drüber!»
    «Schwamm
drüber, wirklich!» sagte Miss Trent mit ungewöhnlichem Ernst. «Ich bitte Sie ...»
    «Nicht
nötig!» erklärte Courtenay verständig. «Ich habe Mama versprochen, kein Öl ins
Feuer zu gießen, und ich werde es auch nicht tun. Außer, natürlich, sie fordert
es durch ihr Benehmen heraus», fügte er nach einer gedankenvollen Pause hinzu.
    Miss Trent
konnte nur hoffen, daß ihre Schutzbefohlene sich jeder Provokation enthalten
werde. Momentan schien sie in bester Laune, aber wer konnte sich darauf
verlassen, daß diese von Dauer sein würde? Qbwohl sie und ihr Cousin niemals
stritten, wenn sie miteinander ausritten, weil beiden ein halsbrecherischer
Stil lag (Courtenay mußte anerkennen, daß Tiffany diese Kunst vollendet
beherrschte), fanden sie zu jeder anderen Zeit größtes Vergnügen daran,
einander zu hänseln.
    Jetzt,
jedenfalls, machten sie sich in Courtenays Phaeton auf den Weg und stimmten
überein, daß dieses Vehikel der veralteten Kutsche, von einem Paar Ackergäulen
gezogen – eine andere Möglichkeit war infolge der Abwesenheit Mrs. Underhills
nicht greifbar –, vorzuziehen sei, um so mehr, als es sich um eine Party ohne
große Toilette handelte.
    Miss Trent
hatte keine zu gute Meinung von Courtenays Fahrkünsten, und es beruhigte sie,
daß er nur ein Paar Pferde vor den Phaeton spannen ließ. Da Vollmond war,
bestand wenig Gefahr, daß sie in einem Graben landen würden. Sie zog sich
zurück, um über ihre eigenen melancholischen Probleme zu grübeln.
    Zu ihrer
eigenen Überraschung konnte sie sich nicht vorstellen, daß der Wüstling, der
seine – wilden Lieben entsprungenen – Kinder in eine gutgläubige Gesellschaft
schmuggeln wollte, derselbe Mann war, dessen Lächeln sie bis in ihre Träume
verfolgte. Umsonst hielt sie sich vor Augen, daß Charme und gute Manieren
notwendigerweise die Hauptrequisiten eines Lebemannes sein müssen, ebenso
vergeblich beschuldigte sie sich, so dumm hereingefallen zu sein. Und daraus
ergab sich die entsetzliche Gewißheit, daß, so sehr Sir Waldos Bild in ihren Augen
auch getrübt sein mochte, ihre Liebe nicht verflogen war, sondern stark genug
fortbestand, um sie glücklicher zu machen, als sie je in ihrem Leben gewesen
war.
    In einem
Punkt stand ihr Entschluß fest: von einer Heirat mit ihm konnte keine Rede
sein, selbst wenn er an Heirat dachte, was nach Lindeth' Eröffnungen
zweifelhaft war. Aber sie konnte sich auch nicht vorstellen, daß er ihr ein
weniger ehrenhaftes Angebot machen würde. Mochte er auch ein Wüstling sein, so
war er doch kein Narr und mußte erkennen, daß sie kein liederliches
Frauenzimmer war. Warum sollte er sie heiraten wollen? Sie kam zu dem Schluß,
daß er wahrscheinlich erkannt hatte, daß auch für ihn die Zeit gekommen war,
sich zu vermählen; nun hoffte er, er werde, wenn er eine arme Kirchenmaus zu
seiner Frau machte, die Freiheit behalten, sein Lotterleben weiterzuführen,
während sie aus Dank, so reich versorgt zu sein, beide Augen gegen sein Treiben
verschließen und sich selbst so tadellos aufführen werde, wie es einer Frau,
die seinen Namen trug, zukam.
    Als Tiffany
und Courtenay von Colby Place zurückkamen, war Ancillas Kopfschmerz keine bloße
Ausrede mehr. Nur ihr Pflichtgefühl hielt sie davon ab, sich vorzeitig zur
Ruhe zu begeben. Und sie dankte es Tiffany, daß sie nicht über die Party zu
plaudern begann, sondern gähnte, mit den Achseln zuckte und erklärte, es wäre
entsetzlich geschmacklos gewesen und sie sei zu Tode erschöpft. Eine vielsagende
Gebärde Courtenays gab zu verstehen, daß er vieles zu erzählen habe. Da Ancilla
aber nicht in der Verfassung war, sich mit Tiffanys Angelegenheiten zu
befassen, blieb sie nicht, um sich diese Erzählung anzuhören, sondern ging mit
Tiffany die Treppe hinauf.
    Am nächsten
Morgen erschien Tiffany nicht zum Frühstück. Ihr Mädchen sagte Miss Trent, daß
Tiffany Kopfschmerzen habe. Das bot Courtenay Gelegenheit – während er ein
enormes Frühstück verzehrte –, Miss Trent die Geschichte der vergangenen Nacht
zu erzählen.
    «Lindeth
war nicht da», sagte er und köpfte das zweite Ei, «sondern sagte Lady Colebatch,
daß er bereits vergeben sei. Natürlich Schwindel! Aber, Ma'am,

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