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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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kann ich Miss Chartley im Stich lassen. Ich war nie
verwirrter! Aber Ihr Cousin sagt, Sie seien der richtige Mann, uns in dieser
Situation zu helfen und – obwohl ich ein wenig überrascht war, daß er das sagte
– ich sah sofort ein, daß er recht hatte. Sir Waldo, möchten Sie so besonders
liebenswürdig sein, bei Tiffany zu bleiben? Bitte, lenken Sie sie ab – Sie
können das –, indessen gehe ich mit Patience hin, wo immer der Junge wohnt.»
    «Ich glaube
nicht, daß Lindeth das so gemeint hat, aber natürlich übernehme ich Tiffany.
Werde ich sie in einem hysterischen Anfall vorfinden?»
    «Nein. Denn
ich verschwand, ehe sie Zeit hatte, einen Anfall zu bekommen. Wissen Sie, ein
Anfall hat wenig Sinn, wenn kein Zuschauer zugegen ist.»
    Er
lächelte, sagte aber: «Ich hoffe, daß sie nicht einen zu meiner Erbauung
bekommt, denn ich wüßte mir nicht zu helfen.»
    «Sie wird
keinen bekommen», sagte Miss Trent zuversichtlich. «Schmeicheln Sie ihr nur so,
wie Sie es so gut verstehen!»
    «Ich
glaube, der beste Dienst, den ich leisten kann, ist, sie nach Staples
zurückzubringen; dann brauchen Sie sich ihretwegen keine Sorge zu machen.»
    Die Falten
auf ihrer Stirn glätteten sich, und sie sagte dankbar: «Nein, jetzt mache ich
mir wirklich keine Sorgen mehr. Es ist nichts einzuwenden: in einem offenen
Wagen mit dem Groom auf dem Rücksitz ...»
    «Ganz
richtig! Diese Umstände werden mich zur Beherrschung zwingen, wenn ich das
Verlangen bekomme, sie stürmisch zu lieben», sagte er humorvoll.
    «Ja, wenn
es das wäre! Aber das habe ich nicht gemeint. Ich weiß, daß Sie kein solches
Verlangen verspüren.»
    «Davon
können Sie überzeugt sein! Aber ich muß noch etwas sagen, ehe wir uns trennen,
Ma'am. Soviel Sie mir sagten, kommt der Knirps aus den Slums, entweder vom
Osten der Stadt, wo die Färbereien und die meisten Fabriken sind, oder vom
Südufer des Flusses.»
    «Ich
fürchte, Sie wollen damit sagen, daß ich Miss Chartley nicht erlauben sollte,
in diese Gegenden zu gehen. Ich weiß – aber ich glaube, ich werde sie nicht
daran hindern können.»
    «Nein, das
wollte ich nicht sagen. Aber Sie müssen mir versprechen, den Wagen nicht zu
verlassen. Soweit mir bekannt ist, gibt es dort zwar momentan keine
Infektionskrankheiten, aber wenige der Wohnungen sind besser als Schuppen, und
voll von Unrat, und es wäre sehr unklug von Ihnen oder Miss Chartley, dort
einzutreten.»
    Sie sah ihn
verwundert an. «Ich war noch nie in einem Armenviertel. Kennen Sie es
denn?»
    «Ja, und
Sie können mir glauben, ich weiß, wovon ich spreche. Habe ich Ihr Wört?»
    «Natürlich!
Um nichts in der Welt würde ich Miss Chartley der geringsten Gefahr aussetzen.»
    «Brav so!»
sagte er und lächelte sie herzlich an. «Bitte, sagen Sie Julian, daß ich Sie
unter seinen Schutz stelle – und daß ich die ärgste Ihrer Verlegenheiten aus
dem Weg geräumt habe.»
    Er reichte
ihr die Hand, und als sie die ihrige hineinlegte, hob er sie zu seinen Lippen
und küßte zart ihre Finger.

10
    Tiffany begrüßte Sir Waldo nicht mit
hysterischem Geschrei, aber er fand sie in Tränen und außer sich vor Zorn. Er
sah, daß die Aufgabe schwieriger war als er vermutet hatte. Sie war wie ein
Kind, das unter einer übermächtigen Erregung leidet, so unglücklich und tief
gekränkt, daß sie bei der geringsten Ermunterung an seine Brust geflogen wäre,
um ihren Kummer auszuweinen. Mit großem Geschick gelang es ihm, das zu
verhindern, ohne ihr Gefühl, schlecht behandelt zu werden, zu verstärken. Aber
bald sah er ein, daß jeder Versuch, sie zur Vernunft zu bringen, nutzlos, ja
gefährlich wäre. Die Geschichte, die sie ihm auftischte, hatte wenig
Ähnlichkeit mit dem nüchternen Bericht, den er eben von Miss Trent erhalten
hatte. Tiffany wich nie wissentlich von der Wahrheit ab, da sie aber alles nur
in Relation zu sich selbst betrachtete, wurde auch die Wahrheit manchmal
verzerrt. Jeder, der den Sachverhalt nicht kannte, hätte folgenden Eindruck
gewinnen müssen: zuerst schleifte Patience in unglaublichem Egoismus ihre
Freunde durch die ganze Stadt, um ihre Einkäufe zu machen. Dann warf sie – in
einer Weise, die, wäre sie nicht so unschön gewesen, belustigt hätte – ihre
Netze nach Lindeth aus. Und schließlich inszenierte sie, um die Aufmerksamkeit
auf sich zu lenken, ein lächerliches Spektakel, indem sie auf die Straße
sprang, um eine großartige, ganz unnütze Rettung durchzuführen. Tiffany war
überzeugt, daß der Schlingel nie

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