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Georgette Heyer

Georgette Heyer

Titel: Georgette Heyer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Junggesellentage
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in Gefahr war, aber Patience konnte so die
Heldin spielen und Lindeth sowie Mr. Baldock täuschen, einen niedrigen und
gemeinen Kerl mit den widerlichsten Manieren, die Tiffany jemals untergekommen
waren.
    Und so ging
es fort und fort, bis sie sich zu der ungerechten Behauptung versteigerte, daß
alle kaltblütig und ohne den Anstand, sie um Erlaubnis zu fragen, sich ihren
Wagen aneigneten (selbst wenn er ihrer Tante gehörte, so war er doch ihr und
nicht Patience geliehen), um einen schmutzigen, diebischen Jungen zu befördern,
der besser dem Konstabler übergeben worden wäre. Das war die Krönung aller ihr
zugefügten Beleidigungen, die Tiffany mit zornsprühenden Augen erzählte. Sie
leugnete nicht, in Wut geraten zu sein; alles hätte sie ohne eine einzige Klage
ertragen – aber das war zuviel!
    Der
Unvergleichliche benützte die Atempause, ihr beizustimmen, daß ein solches
Benehmen die Grenzen überschreite. Er zeigte sich überrascht, daß Miss Trent
und Lindeth so allen Sinn für Schicklichkeiten verloren hatten, Tiffany
zuzumuten, daß sie zu Fuß zum King's Arms
zurückkehren solle, während sie sorglos mit einem schmutzigen, diebischen
Jungen in Tiffanys Wagen durch die Stadt fuhren. Er sagte, es geschehe ihnen
ganz recht, wenn sie zum King's Arms zurückkehren und sehen müßten, daß das
Vöglein ausgeflogen war.
    «Ja»,
stimmte Tiffany schluchzend zu. «Aber wenn ich dem Kutscher John sagen würde,
er solle vorfahren, würde er es bestimmt nicht tun, weil er ein widerlicher
alter Kerl ist, der mich behandelt, als ob ich ein Kind wäre.»
    «Ich bringe
Sie nach Hause», sagte der Unvergleichliche mit seinem strahlenden Lächeln.
    Sie sah ihn
an. «Sie? In Ihrem Phaeton? Jetzt?» Er nickte. Sie sprang auf und rief
in Ekstase: «Ja! Das wäre mir das liebste! Und wir hinterlassen auch keine
Nachricht.»
    «Das wäre
ganz unnötig», sagte er wahrheitsgetreu.
    Ihre Tränen
waren versiegt. Die schlechte Behandlung, die ihr widerfahren war und noch an
ihrem Herzen nagte, war vorübergehend vergessen, im Vordergrund stand die
Erwartung, von keinem Geringeren als dem Unvergleichlichen nach Hause gefahren
zu werden.
    Mrs.
Underhill war sehr entsetzt, als sie hörte, was sich in Leeds zugetragen hatte.
Obwohl Sir Waldo Tiffany die Vorgänge so erzählen ließ, wie es ihr beliebte,
war der Eindruck, den die gute Dame gewann, nicht der, den Tiffany bezweckte.
Um nichts in der Welt hätte so Entsetzliches passieren dürfen!
    «Wo doch
Mrs. Chartley Patience mit dir gehen ließ – was mich überraschte, denn ich
hätte nie geglaubt, daß sie es erlauben würde –, und sie hätte es nicht
erlaubt, wenn Miss Trent nicht mitgefahren wäre, um auf sie zu achten. Was wird
sie sagen, wenn sie die Geschichte erfährt? Nicht, daß Miss Trent etwas hätte
verhindern können, denn mir scheint, es war keine Sache, die man erwarten
konnte. Nun, zum Glück hatte Miss Trent soviel Verstand, bei Patience zu
bleiben. Mrs. Chartley kann also nicht sagen, daß wir nicht alles getan haben,
was wir tun konnten, oder daß es Seiner Lordschaft überlassen wurde, sie heimzubringen.
Das wäre ihr keinesfalls recht gewesen. Nicht, daß ich glaube, er hätte die
Grenzen überschritten; ich muß Ihnen doch nicht versichern, Sir Waldo, denn ich
habe tatsächlich niemanden kennengelernt, der mehr Gentleman wäre – die
Anwesenden natürlich ausgenommen –, aber Mrs. Chartley – nun, sie ist so
reizend, wie man nur sein kann, aber mit sehr strengen Ansichten.»
    Diese Rede
gefiel Tiffany nun gar nicht. Ihre Augen flammten unheilverkündend, was ihrer
Tante nicht entging. Mrs. Underhill konnte nur hoffen, daß sie nicht wieder
einen ihrer Anfälle bekomme, und sagte schwach: «Nun, Tiffany, es gibt keinen
Grund, dich aufzuregen. Es war sehr ärgerlich, daß du warten mußtest, wo du
doch nach Hause fahren wolltest, aber es wäre dir doch nicht recht gewesen,
wenn die arme Miss Chartley ohne Wagen geblieben wäre? Du weißt, daß du das
nicht gewollt hättest. Das wäre sehr schäbig gewesen! Ich bin sicher, daß es
dir gefiel, von Sir Waldo im Phaeton nach Hause gefahren zu werden.»
    «Man hätte
mich fragen müssen!» sagte Tiffany trotzig. «Wenn sie mich gefragt hätten ...»
    «Ich
verstehe!» rief Charlotte plötzlich. Ihre durchdringenden Blicke waren schon
minutenlang auf Tiffany geheftet gewesen. «Niemand hat dich beachtet! Du
hättest das Kind ebenso retten können wie Patience – nur hast du es nicht
getan, daher warst du

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