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Gepeinigt

Titel: Gepeinigt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theresa Saunders
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einer Woche wäre sie einfach durch diese Tür gerauscht, Flüche vor sich hinmurmelnd, wenn ihr danach zumute gewesen wäre. Genau das also, was sie auch jetzt hätte tun sollen. Aber sie konnte nicht. Das Blut wich aus ihrem Gesicht und schien sich in ihrem Nacken zu sammeln. Magensäure stieg in ihre Kehle, und ihr wurde einen Moment lang speiübel. Das schien in letzter Zeit ihr Los zu sein.

    Â»Alles in Ordnung?«, fragte Tina zögerlich, die sich halb aus ihrem Stuhl erhoben hatte.
    Â»Natürlich«, fauchte Mary und schaute noch zorniger drein. »Ist eins frei?« Sie deutete auf die Besprechungszimmer.
    Tina ließ sich, wie es Mary vorkam, erleichtert auf ihren Stuhl zurücksinken und rief den Belegungsplan auf ihrem Computer auf.
    Â»Ja, ähm, beide wären bis fünfzehn Uhr frei.«
    Â»Könnten Sie mir einen Gefallen tun, Tina? Ich müsste kurz unter vier Augen mit Sergeant Kennedy reden.« Sie wedelte vielsagend mit ihrer Mappe. »Es war aus unterschiedlichen Gründen unmöglich, einen der Räume vorher zu reservieren. Würden Sie kurz bei ihm anrufen und ihm sagen, dass ich in Raum zwei auf ihn warte?«
    Tina konnte ihre Überraschung über die unorthodoxe Bitte nicht ganz verbergen.
    Â»Geht klar.«
    Mary nickte ihr knapp zu und verschwand in Raum zwei. Sie war entsetzt über sich selbst. Mit wild klopfendem Herzen ließ sie sich auf den nächstbesten Stuhl sinken und drückte ihre Fingerspitzen auf Stirn und Schläfen. Es tat weh. Aber für sie war es eine willkommene, wenn auch unzureichende Strafe für ihre Feigheit. Sie verhöhnte sich, wie es ihre Mitschüler getan hatten, wenn sie, anstatt der üblichen Sandwichs und Müsliriegel, Koftas und Baklava in ihrer Lunchbox erblickten.
    Â»Shit, Shit, Shit«, flüsterte sie vor sich hin. »Traust dich nicht mal, zu den Kollegen reinzugehen, ohne nach jemandem zu rufen, der dich an die Hand nimmt! Was ist los mit dir? Du erbärmlicher Feigling!«
    Die Türklinke senkte sich. Mary schoss so schnell vom Stuhl hoch, dass ihr schwindlig wurde.

    Â»Nick.« Sie nickte ihm kurz zu.
    Â»Mary«, antwortete er. Er zog einen Stuhl heran und bedeutete ihr, sich ebenfalls zu setzen.
    Sie tat es, schockiert über die Veränderung, die seit gestern mit ihm vorgegangen war. Er wirkte völlig übermüdet, die feinen Linien um seine Augen wiesen abwärts, dadurch schien sein Gesicht noch schlaffer nach unten zu hängen. Er roch schal, seine Haare waren ungewaschen. Dies war ein seltener, aber keineswegs unbekannter Anblick. Jetzt, wo sie darüber nachdachte, tauchte Nick Kennedy nur dann in einem solchen Zustand auf dem Revier auf, wenn sie an einem großen Fall arbeiteten und an einem toten Punkt angelangt waren.
    Was bedeutete, dass sie keine weiteren Spuren oder Hinweise gefunden hatten und das Arschloch, das ihr das angetan hatte, möglicherweise davonkommen würde.
    Nein, das durfte nicht passieren!
    Â»Wagen Sie es ja nicht, aufzugeben, Nick! Der Bastard muss bezahlen!«, sagte sie heftig.
    Nick hob abwehrend die Hand.
    Â»Sie sollten mich besser kennen, Mary. Wir geben nicht auf. Jeder arbeitet so hart, wie er kann.« Er wechselte das Thema. »Wie lief’s oben?«
    Â»Was, das wissen Sie nicht? Dann hat Sturz Sie also nicht angerufen, kaum dass ich zur Tür raus war?«
    Er fuhr sich übers Gesicht und kratzte seine stoppeligen Wangen. Eindeutig eine Geste der Erschöpfung.
    Â»Sie wollen also mitmachen?«
    Â»Auf jeden Fall.«
    Â»Gleich morgen früh?«
    Â»Verarschen Sie mich nicht, Nick.«
    Â»Also gut. Sie arbeiten mit Claudia zusammen. Sie wollte
gerade los und die Reifenhändler befragen. Eine persönliche Befragung könnte mehr bringen als ein Anruf.«
    Sie schnaubte.
    Â»Nadel im Heuhaufen, was? Eine Suchaktion im Busch wäre effektiver. Warum kann ich nicht mit Wes zusammenarbeiten? Was macht er?«
    In Nicks Augen trat ein kalter Ausdruck, und sein Blick durchbohrte sie. Er legte die Hände mit gespreizten Fingern auf die Tischplatte.
    Â»Werden Sie ja nicht aufmüpfig, Mary, oder Sie fliegen so schnell aus dem Team raus, dass …« Seine Tirade endete so abrupt, wie sie begonnen hatte.
    Stumm beobachtete sie, wie er die Augen schloss, mehrmals tief Luft holte und seine Fassung wiedergewann.
    Â»Mary, ich verstehe natürlich, dass Sie als Opfer ein ganz persönliches

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