Gequält
liegt doch auf der Hand. Ich habe Hallo gesagt, aber er ging einfach an mir vorbei. Und vor etwa einer Stunde hat mich seine Freundin angerufen und bedroht. Bedroht ist vielleicht zu viel gesagt … Sie hat gesagt, sie würde mich im Auge behalten und dass sie Freunde in Stockholm habe. Doch, das war eine Drohung.«
»Seine Freundin?«, fragte Åsa.
»Sie war beim Interview dabei. Eine dänische Nachtclubkönigin. Mattias arbeitet für sie. Sicherheitsberater nennt er sich. Schläger, wenn man mich fragt. Mit den beiden ist wirklich nicht gut Kirschen essen.«
Die Eheleute Malmberg sahen sich an.
»Das ist ein Fall für die Polizei«, sagte Bengt.
»Natürlich«, erwiderte Calle bereitwillig.
Bengt holte tief Luft, als wollte er etwas sagen, hielt dann inne und setzte erneut an.
»Etwas verstehe ich nicht. Woher wusste Margit, dass Anders’ Glosse von ihr handelte? Er hat keine Namen genannt. Weder Höganäs noch Ihre Illustrierte wurden namentlich erwähnt.«
Calle schaute zu Boden und verlagerte das Gewicht von einem Bein aufs andere. Dann hob er den Blick.
»Ich habe ihr einen Gruß von Ihnen ausgerichtet. Eine alte Lehrerin hatte erwähnt, dass Anders und Kent in die gleiche Klasse gingen, aber dass es über Kent, im Gegensatz zu Anders, nichts Gutes zu sagen gäbe. Als ich später mit Margit sprach, erwähnte ich, dass ich Sie kennen würde und grüßen sollte. Ich glaube, sie fühlte sich geschmeichelt. Dass eine bekannte Persönlichkeit wusste, wer sie war.«
Åsa holte tief Luft und wandte sich an ihren Mann.
»Ich gehe zu Anders«, sagte sie und verließ das Zimmer, ohne Calle eines weiteren Blickes zu würdigen.
Bengt blieb stehen und nickte ihm zu.
»Sprechen Sie mit der Polizei«, sagte er.
Calle nickte.
»Natürlich.«
Bengt klopfte ihm hastig auf die Schulter und folgte seiner Frau.
53
»Hallo, Mama.«
»Versprich mir, dass du unschuldig bist.«
»Was?«
»Bitte, Matte, versprich mir, dass du nichts damit zu tun hast.«
»Womit?«
»Hast du das denn nicht gehört? Dass der Journalist misshandelt wurde.«
»Welcher Journalist?«
»Der diesen Unsinn geschrieben hat. Er wurde in seiner Wohnung verprügelt.«
»Mama, erzähl keine Geschichten.«
Sie atmete erleichtert auf.
»Gut«, sagte sie. »Ich hatte nur plötzlich die Befürchtung, du könntest es gewesen sein.«
»Was?«
»Der ihn zusammengeschlagen hat. Nicht, dass er es nicht verdient hätte. Ich will nur nicht, dass du in Schwierigkeiten gerätst.«
»Mach dir keine Sorgen.«
»Gut, gut. Wann sehen wir uns?«
»Weiß nicht, Mama. Ich habe im Augenblick viel zu tun.«
»Ist mit Sara alles in Ordnung?«
»Ja.«
»Das freut mich, ich mag sie. Ihr passt zusammen. Habt ihr euch nicht überlegt … «
»Was?«
»Nein, nein, du bist ja noch jung. Aber sie ist doch schon über dreißig?«
»Mama.«
»Ja, ja, ja. Sie wirkt irgendwie reell. Und sie kommt ja auch aus einer guten Familie, das muss man sagen. Ärzte und so. Sie waren doch im Ausland tätig?«
»Mama.«
»Saudi-Arabien, oder?«
»Kuwait.«
»Genau, das war es. Kuwait. Sie ist dort aufgewachsen, nicht wahr?«
»Mama. Ich hab wirklich viel zu tun. Lass uns später weiterreden.«
»Ja, ja, natürlich. Gut, dass du nichts damit zu tun hast. Das erleichtert mich.«
»Bis später, Mama.«
»Ja. Tschüss, mein Junge.«
54
»Geht es dir jetzt besser?«
Sie saßen in Calles Küche. David hatte ihn auf die Wache begleitet, während der Befragung tapfer gewartet und ihn dann nach Hause gebracht. Jetzt tranken sie Tee und aßen Zwieback mit Butter und Käse.
»Anderen Leuten die Finger brechen«, sagte Calle. »Wer tut so was?«
»Du bist ihm begegnet.«
»Das kommt mir so unwirklich vor.«
David trank einen Schluck Tee.
»Ich sehe so was jede Woche.«
»Was?«
»Körperverletzung. Messerstechereien.«
»Kommt das so häufig vor?«
David zuckte mit den Achseln.
»Häufig ist vielleicht zu viel gesagt. Aber wenn sie bei mir vorstellig werden, sind sie ganz klein. Dann soll repariert, verpflastert und getröstet werden. Die Kriminellen von heute gehören zur Emla-Generation.«
Calle verstand ihn nicht.
»Emla ist eine Betäubungscreme, die man benutzt, bevor man jemandem eine Spritze setzt.«
»Ich weiß nicht, ob mich das sonderlich beruhigt.«
David nahm Calles Hand.
»Dir bleibt nichts anderes übrig. Du musst reden, vor Gericht aussagen, falls das erforderlich sein sollte. Ich glaube, es wäre gefährlicher, den Mund zu halten. Du hast
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