Gequält
war«, sagte Calle. »Ich habe ihn aus dem Haus kommen sehen. Jetzt bestätigt auch noch ein Taxifahrer, dass er ihn hierhergefahren hat. Ich verstehe, dass Sie Angst haben, das ist natürlich. Ich weiß nicht, was er gesagt oder womit er Ihnen gedroht hat. Das spielt auch keine Rolle. Solange Sie schweigen, werden Sie sie nicht los. Man wird Sie immer einschüchtern. Nur, indem Sie die Wahrheit sagen, können Sie aus der Sache rauskommen. Reden Sie doch einfach Klartext, das können Sie doch sonst so gut. Denken Sie an sich selbst und erzählen Sie, was geschehen ist.«
Anders nahm Anlauf, aber das Ergebnis war bescheiden.
»Er war es nicht.«
Seine Stimme trug kaum, und sein Blick flackerte.
»Sie lügen«, sagte Calle, »das ist ganz offensichtlich. Ich weiß, dass Sie lügen. Die Polizei weiß, dass Sie lügen. Die Frage lautet: Warum? Womit hat er Ihnen gedroht? Körperliche Gewalt ist keine schöne Sache, das weiß ich, und hinterlässt permanente Angst. Aber die Polizei kann Sie beschützen. Diese Menschen haben nicht so viel Einfluss, wie sie Sie glauben machen wollen. Solange Sie sich fügen, werden Sie Angst haben. Ihnen bleibt keine Wahl, Sie müssen Farbe bekennen.«
»Ich habe keine Angst«, erwiderte Anders, dieses Mal mit fester Stimme.
»Was ist es dann?«, fragte Calle. »Was werden die Leute sagen, wenn Sie jetzt klein beigeben? Wie wird sich das auf Ihre Karriere auswirken? Mattias Svensson hat Ihnen die Finger gebrochen, und Sie lassen ihn davonkommen. Seine Partnerin, eine dänische Puffmutter, hat mir telefonisch gedroht. Ich bin nicht eingeknickt, sondern zur Polizei gegangen. Möglicherweise tun Sie jetzt allen leid, aber wenn den Leuten klar wird, dass Sie sich feige aus der Affäre gezogen haben, wird man sich von Ihnen abwenden. So sind die Spielregeln. Sie haben keine Wahl. Sie müssen aussagen, und zwar rasch, ehe es zu spät ist.«
»Ich … «
Anders zögerte und senkte kurz den Blick, dann sah er Calle durchdringend an.
»Ich will, dass Sie jetzt gehen«, sagte er.
»Meinetwegen. Aber ich werde alles erzählen. Ich werde erzählen, was ich weiß, und dann haben Sie den Schwarzen Peter. Nicht ich bin Ihr Feind. Mich müssen Sie nicht bekämpfen.«
Calle öffnete die Tür und sah sich noch ein letztes Mal um.
»Sie schreiben immer die Wahrheit, Ihre Wahrheit. Damit haben Sie sich einen Namen gemacht. Unerschrocken und frech, witzig. Was wollen Sie denn jetzt noch schreiben?«
67
Sara Vallgren stand am Fenster und drückte ihre Nase an die kalte Scheibe. Ausnahmsweise fühlte sie sich unentschlossen. Sie reckte sich, freute sich über den runden Abdruck auf der Scheibe und drehte sich um. Sie betrachtete das Zimmer, die teuren Möbel, die großen Ölgemälde, alles Blendwerk und Unsinn und so fern von ihrer Arbeit, dass es schon fast komisch war.
Sie legte sich aufs Sofa, schaute an die Decke, faltete die Hände auf dem Bauch, schaute zur Seite und betrachtete das Zimmer mit den Augen einer Fremden.
War es an der Zeit, umzumöblieren? Durchaus. Die Frage lautete, wie. In Ermangelung guter Ideen musste sie abwarten. Mattes persönliche Vendetta ging sie nichts an, aber die Polizei hoffte natürlich, ihn zum Reden bringen zu können.
Das Telefon klingelte und riss sie aus ihren Gedanken. Der Teufel persönlich. Sara mochte es nicht, wenn er sie anrief. Sie rief ihn an. Wenn sie Bedarf an jemandem hätte, der ihr auf Schritt und Tritt folgte, hätte sie sich einen Labrador gekauft. Aber in den letzten Tagen hatte sich Matte nicht abwimmeln lassen.
»Ja bitte?«, antwortete sie knapp.
»Ich bin’s«, sagte er selbstbewusst.
»Das habe ich gesehen«, erwiderte Sara und überlegte sich, ob er betrunken war.
Sie hatte ihn gelobt, als er sie angerufen und ihr erzählt hatte, dass Conny Bladh im Stundenhotel gegenüber von ihrem schäbigsten Club wohnte, aber es gab schließlich Grenzen dafür, wie lange sich ein Mann über seinen Erfolg freuen durfte.
»Was sagst du?«, fragte er diensteifrig.
Matte wollte Tatkraft beweisen. Eifrig wie ein Boxer, der Fracksausen hat.
»Solange er Schmerzen hat, eilt es nicht«, antwortete Sara.
»Stimmt. Aber ich befürchte eher, dass Janina auf dumme Gedanken kommt.«
Da hatte er recht, die Gefahr bestand durchaus. Dieser Baltennutte war alles zuzutrauen. Sie war stolz, das hatte sie mit ihrer Kündigung bewiesen.
»Okay. Wir regeln das heute Abend, bevor die Freier auf der Bildfläche erscheinen. Gerenne auf dem Korridor kann ich
Weitere Kostenlose Bücher