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Gerechte Engel

Gerechte Engel

Titel: Gerechte Engel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Stanton
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andächtig nach oben und wahrte einen Moment lang ein ehrerbietiges Schweigen. »Allerdings …«
    »Ich wusste, dass es ein Allerdings geben würde«, murmelte Ron.
    Goldstein faltete die Hände über seinem umfangreichen Bauch und sah die beiden wohlwollend an. »Allerdings leiste ich Widerstand. So lange, bis man mich versetzt. Mir gefällt es so, wie es ist. Womit kann ich Ihnen heute dienlich sein?«
    Ruckartig kam Bree wieder zu sich. Die ganze Umgebung war so friedlich, dass sie irgendwie einlullend wirkte. Es konnte leicht passieren, dass man hier eindöste. »Ach so, ja. Wir haben eine Klientin, die gern in Berufung gehen würde. Consuelo Bulloch.«
    »Bulloch«, sinnierte Goldstein. Er drehte sich um und watschelte an den Fächern entlang. »Bulloch, Alexander; Bulloch, Alexander junior. Ah, da haben wir’s. Bulloch, Consuelo.«
    Er zog die Pergamentrolle heraus und brachte sie zum Tresen.
    Bree entrollte das Pergament. »Das ist ja interessant«, sagte sie nach einer Weile.
    Ron sah ihr über die Schulter. »Wozu wurde sie denn verurteilt?«
    »Sie ist im Ersten Kreis, wo sie ein Jahrtausend bleiben muss. Die Anklagepunkte sind Verrat dritten Grades, Bösartigkeit dritten Grades, Bigotterie vierten Grades …« Bree blickte vom Pergament auf. »Von Mord steht hier nichts.«
    »Erster Kreis«, sagte Goldstein. »Das ist so, als wäre sie auf Erden von einem Verkehrsgericht verurteilt worden. Dürfte sich kaum für Sie lohnen.«
    »Sachte, sachte«, meinte Ron. »Wir weisen nie einen Klienten ab. Zumindest haben wir das bis jetzt noch nicht getan.«
    Bree rollte das Pergament wieder zusammen. »Gute Güte. Nun ja, dann müssen wir wohl davon ausgehen, dass sie unschuldig ist, nicht wahr?«
    »Da ist Florida Smith aber anderer Meinung«, sagte Ron. »Sie versucht mit allen Mitteln, Consuelo den Mord an Haydee anzuhängen.«
    »Stimmt.« Eine missliche Situation. Was, wenn Consuelo Haydee tatsächlich ermordet hatte? Bree konnte doch keine Untersuchung durchführen, die ihrer Klientin möglicherweise eine noch schlimmere Strafe bescherte. Mildernde Umstände konnten eventuell dazu beitragen, dass das Strafmaß reduziert wurde. Vielleicht kam sie dann ins Fegefeuer, wo es wesentlich kühler war und man keine körperliche Arbeit zu verrichten brauchte. Vielleicht würde ihre Klientin ja damit zufrieden sein. »Goldstein, dürften wir auch die Akten der anderen Bullochs einsehen?«
    »Haben die Sie denn auch als Rechtsanwältin engagiert?«
    »Nein. Aber die Informationen könnten uns bei unserem gegenwärtigen Fall weiterhelfen.«
    Goldstein ging zu den Fächern zurück, holte zwei weitere Pergamentrollen heraus und reichte sie Bree. Die Rollen waren wesentlich dünner als die von Consuelo.
    »Und die Akte Haydee Quinn?«
    Goldstein seufzte.
    »Bitte«, fügte Bree hinzu.
    Mit enervierter Miene trottete Goldstein wieder zu den Fächern, wobei die Sohlen seiner Sandalen laut auf den Steinfußboden klatschten. Die Rolle, die er mitbrachte, wirkte ebenfalls dünn. »Sonst noch was?«, fragte er. »Vielleicht die Akte Idi Amin, die sich ganz hinten befindet? Oder die über Xerxes II., die am entgegengesetzten Ende und zudem recht weit oben liegt?«
    »Wenn Sie ein gutes EDV-System hätten …«, setzte Ron an.
    »Hey!«, rief Bree. Während sich die beiden Engel kabbelten, hatte sie nämlich Alexander juniors Pergament entrollt. »Hier steht nur schwebendes Verfahren «, sagte sie.
    Goldstein machte eine Geste, die ein Na und? auszudrücken schien.
    »Außer seinen persönlichen Daten und diesem fetten roten, gestempelten Vermerk SCHWEBENDES VERFAHREN steht hier überhaupt nichts«, stellte Bree frustriert fest. »Alexander ist 1986 gestorben. Nachdem er in einer Bank gearbeitet und drei Kinder in die Welt gesetzt hat. Wie kommt es, dass noch immer kein Urteil über ihn gefällt worden ist?«
    »Offenbar gibt es noch einige ungeklärte irdische Probleme«, sagte Goldstein. »Sobald das erledigt ist, kommt er sicher an die Reihe.«
    »Wo ist er denn jetzt, Goldstein?«, erkundigte sich Bree.
    »Im Limbus. So könnte man es jedenfalls bezeichnen.«
    Bree entrollte das Pergament von Alexander senior. »Hier steht auch schwebendes Verfahren . Das ist der Vater des armen Kerls, der ebenfalls schon lange tot ist. Und über den ist wohl auch kein Urteil gefällt worden? Warum gesteht man diesen Leuten denn nicht das Recht auf zügige Verhandlung zu?«
    Goldstein öffnete den Mund, um etwas zu sagen.
    Bree hob die Hand.

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