Gerechtigkeit fuer Igel
in der besten Erklärung dafür spielt, warum die moralische Verurteilung einer solchen Tat in allen Zeiten und in allen Kulturen so weit verbreitet war, und daß drittens Mord objektiv moralisch verwerflich ist. Die ersten beiden Aussagen sind anthropologischer, die dritte ist moralischer Natur, und darum kann zwischen ihnen kein Konflikt entstehen.
8 Die Vertreter eines externen Skeptizismus können sich also nicht ausschließlich auf anthropologische oder andere biologische oder sozialwissenschaftliche Theorien berufen und verweisen daher auf vermeintlich externe Überlegungen einer ganz anderer Art: auf philosophische Theorien darüber, was es in diesem Universum gibt oder unter welchen Bedingungen wir auf verantwortliche Weise Meinungen bilden können.
In gewisser Hinsicht unterscheidet sich der interne stark vom externen Skeptizismus. Vertreter eines internen Skeptizismus können nicht leugnen, daß moralische Urteile wahrheitsfähig sind, ohne ihre eigene Position zu untergraben. Sie können also nicht einfach auf schillernde metaphysische Aussagen verweisen, die genau das zur Folge hätten. Hingegen darf ein Vertreter des externen Skeptizismus nicht zulassen, daß irgendein moralisches Urteil unter Umständen wahr ist. Er muß zeigen, daß alle moralischen Urteile falsch sind oder aufgrund ihres spezifischen Status nicht wahr sein können. Auch nur ein substantielles moralisches Urteil von dieser Skepsis auszunehmen, würde zu einem Selbstwiderspruch führen.
Es gibt allerdings eine wichtige Gemeinsamkeit von internem Skeptizismus und externem Fehlerskeptizismus. Man muß den internen Skeptizismus ernst nehmen, denn er hat direkte
68 Implikationen für unser Handeln: Wenn jemand zum Beispiel mit Bezug auf Fragen der Sexualmoral eine solche Position vertritt, kann er andere Menschen für ihre Entscheidungen in diesem Bereich nicht kritisieren oder sich für ein moralisch begründetes Verbot von Homosexualität einsetzen, ohne sich selbst zu widersprechen. Wenn jemand denkt, mit Gott sei auch die Moral zu Grabe getragen worden, kann er das Verhalten anderer nicht als verwerflich anprangern. Auch den externen Fehlerskeptizismus muß man ernst nehmen: Seinen Anhängern mag der Krieg im Irak zwar mißfallen, sie können die US -amerikanische Invasion aber nicht als unmoralisch bezeichnen. Hingegen können Vertreter eines externen Statusskeptizismus insistieren, daß ihre Position im Hinblick auf moralische Aussagen und Debatten neutral ist und es ihnen daher ebenso wie allen anderen offensteht, ihre Mitmenschen moralisch zu verdammen. Wenn wir uns vom Statusskeptiker davon überzeugen lassen würden, daß moralische Aussagen nur Projektionen einer Emotion auf eine moralfreie Welt sind, hätten wir zwar unsere Meinung über den Status unserer moralischen Überzeugungen geändert, nicht aber deren Inhalt. Wir können weiterhin darauf bestehen, daß Terrorismus immer falsch ist oder daß er manchmal gerechtfertigt ist oder überhaupt jede andere moralische Überzeugung, die uns in den Kopf kommt, bejahen oder verneinen. Im Rahmen neuerer Versionen dieser Tradition (insofern wir diese überhaupt noch als Skeptizismus betrachten wollen) könnten wir sogar die Ansicht vertreten, daß unsere Überzeugungen objektiv wahr sind. Wir würden dann einfach hinzufügen – aber nur innerlich, damit unsere Urteile nicht ihre Wirkungskraft einbüßen –, daß die entsprechende Behauptung einfach eine Projektion komplexerer Einstellungen darstellt.
In dieser vorgeblichen Neutralität liegt die Attraktivität des Statusskeptizismus. Wie ich bereits festgestellt habe, halten manche von uns die anfangs beschriebenen philosophischen Einwände gegen die gewöhnliche Sichtweise für durchaus beden
69 kenswert. An Moronen können wir einfach nicht glauben. Und zudem gibt es weitere gute Gründe, vor der kühnen Behauptung zurückzuschrecken, unsere moralischen Überzeugungen seien wahr, denn angesichts der großen kulturellen Vielfalt dieser Welt scheint es ausgesprochen arrogant, zu erklären, daß jeder, der anderer Meinung ist als wir, einfach im Irrtum ist. Andererseits scheint ein wie auch immer gearteter Fehlerskeptizismus überhaupt nicht in Frage zu kommen. Es leuchtet uns einfach nicht ein, daß gegen Selbstmordattentate, Genozid, Rassismus oder erzwungene Klitoridektomie moralisch nichts einzuwenden ist. Der externe Statusskeptizismus bietet Menschen, die diese Situation als Dilemma empfinden, genau das, was sie
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