Gerettet von deiner Liebe
verliebt war. Eine Erkenntnis, die ihm keineswegs willkommen war. Und ein Zustand, den er nicht zulassen durfte, nachdem er sich vergangene Nacht völlig zum Narren gemacht hatte.
Sie wusste zu viel über ihn. Er erinnerte sich nur verschwommen daran, was er letzte Nacht getan hatte, als sie ihn vor Angst schlotternd unter dem offenen Fenster vorgefunden hatte, aber seither wirkte sie in sich gekehrt, irgendwie traurig. Sein jämmerliches Verhalten hatte sie gewiss erschreckt.
Und noch ein anderes Problem beschäftigte ihn. Es ließ sich nicht verhindern, dass seine Gedanken sich um Lady Audley drehten, die gleichfalls zum Dinner bei Lord Batchley erscheinen würde. Zumindest, falls ihre taktlose Aufforderung Erfolg gehabt hatte, woran er indes nicht zweifelte. Die Lady Audleys dieser Welt erreichten gewöhnlich alles, was sie sich in den Kopf gesetzt hatten.
Bei dem Gedanken an sie brodelte Abscheu in ihm hoch. Nach dem unerfreulichen Abschied in Kapstadt hatte er inständig gehofft, sie nie wiedersehen zu müssen.
Kennengelernt hatte er sie in Batavia, als das Missionarsschiff dort anlegte. Die frommen Heilsbringer waren damals unschlüssig, ob sie nach England zurückkehren oder einen weiteren Versuch unternehmen sollten, die Bewohner der Südseeinseln nach ihrem Fehlschlag in Tonga zum Christentum zu bekehren. In wachsendem Unmut hatte er auf dem Schiff ihren Diskussionen zugehört, die sich bis tief in die Nacht hineinzogen. Am liebsten hätte er einen nach dem anderen über Bord befördert. Im Hafen hatte er sich von ihnen getrennt, einerseits dankbar für seine Rettung, andererseits voll Groll über ihren fanatischen Eifer, die Ureinwohner mit Gewalt zu einem Glauben und einer Kultur zu bekehren, die ihnen völlig wesensfremd waren.
Wäre ein Schiff der Royal Navy im Hafen gelegen, hätte er darauf angeheuert. Jeder Kapitän, der seine Geschichte vom Untergang der Orion und den fünf Jahren Verbannung auf einer einsamen Insel gehört hätte, hätte ihn in seine Mannschaft aufgenommen.
Es lag nur ein Handelsschiff der East India Company vor Anker, das bald nach Portsmouth auslaufen sollte, und das war ihm auch recht. Bedauerlicherweise brachten ihn seine Verhandlungen mit einem holländischen Bankier England nicht näher, bis Lady Audley im Kontor auftauchte.
Sie befand sich auf der Rückreise von Macao, wo ihr Mann Viscount Audley in zwielichtige Geschäfte, vermutlich Opiumhandel, verwickelt war. Er sollte ihr auf einem späteren Schiff folgen.
Sie war keine Schönheit – ihre Kinnpartie war zu plump, ihre kleinen Augen standen zu eng beieinander –, dennoch erregte sie James’ Aufmerksamkeit. Oder, wie er später folgerte, er die ihre.
Er unternahm nichts, um ihre Annäherungsversuche im Bankkontor abzuwehren. Der Bankier erklärte umständlich die Schwierigkeiten, einem Engländer, der keinerlei Sicherheiten zu bieten hatte, das Geld für eine Schiffspassage vorzustrecken. Sie musterte James von Kopf bis Fuß und unterzeichnete einen Wechsel ihrer Bank über die Summe. Bevor er sich bedanken konnte, rauschte sie an ihm vorbei, drehte sich an der Tür um und bedachte ihn mit einem lasziven Lächeln, das ihm bis in die Lenden fuhr. Nur gut, dass die Lichtverhältnisse in dem engen Raum zu wünschen übrig ließen und der kurzsichtige Bankier die Nase in seine Geschäftsbücher steckte.
Seine Kabine lag neben der ihren. Von einem Teil des Geldes, das sie ihm zugesteckt hatte, legte er sich eine bescheidene Garderobe zu, getragene Kleidungsstücke, vermutlich von einem Mann, der in dieser ständig von Tropenfieber heimgesuchten Hafenstadt das Zeitliche gesegnet hatte.
Lady Audleys Blick entnahm er, dass die Sachen ihm einigermaßen passten, als er ihr unter Deck begegnete. Sie gab ihm mit einem Wink zu verstehen, näher zu treten. Er gehorchte wie ein Schlafwandler. Sobald er dicht vor ihr stand, begann sie, ihm die Hose aufzuknöpfen.
Kurz danach stand er in ihrer Kabine, schob den Riegel vor und stieg mit klopfendem Herzen aus der Hose. Als er sich umdrehte, lag sie auf der schmalen Koje mit angezogenen Knien, die Röcke hochgeschoben, die Schenkel weit gespreizt.
Sein erhitztes Blut drängte sich an die Stelle knapp unter seiner Tätowierung, während sie ihre Finger zu Hilfe nahm und ihre Scham öffnete. Kein Mann hätte dieser unverblümten Einladung widerstanden. Als er sich zwischen ihre Schenkel kniete und in sie drang, war sein letzter klarer Gedanke, dass er nicht einmal ihren Vornamen
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