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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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verlassen und seine Kollegen und Gäste konsterniert zurückgelassen hatte. Er folgte einem Impuls und wenn er ehrlich war, tat er, indem er in sein Büro ging, nicht das, wonach ihm eigentlich verlangte.
    Im Grunde war dieser lange Blick aus dem Fenster, auf das immergleiche Treiben das Gegenteil dessen, was er gern getan hätte, als er aus dem Versammlungsraum stürzte. Nicht die Pfeife stopfen und rauchen und vor sich hinschauen wollte er, sondern versinken in Andacht. Wie sonntags, wenn er in der Josefskirche am Gottesdienst teilnahm, hätte er sich am liebsten hingekniet, die Hände vors Gesicht geschlagen und auf ein lautloses Wort gewartet, das nicht aus ihm kam. Funkel glaubte an die Anwesenheit Gottes, er betete regelmäßig und ging zur Kirche, auch wenn er zugeben musste, dass ihm das Ritual oft mehr Freude bereitete als die salbungsvollen Worte des Priesters. Früher, als Ministrant, hatte er felsenfest geglaubt, Gott würde alles mitbekommen, was in seinem Kopf vor sich ging, und dann schämte er sich für seine Gedanken über seine Eltern oder über Lisa mit dem kurzen Rock.
    Inzwischen betrachtete er seinen Gott pragmatisch als Gesprächspartner, er warf ihm nichts vor und erwartete nichts, doch dass es ihn gab in seiner Vorstellung, beruhigte Funkel und gab ihm Kraft zum Weitermachen. An einem anderen Ort als in seinem Büro hätte Funkel die Hände nicht mehr vom Gesicht genommen und sich geschämt wie damals als Kind, nur diesmal nicht aus Schuldgefühlen, sondern aus Ratlosigkeit und einer unbestimmten Furcht, die ihm sonst fremd war. Lange wäre er so dagesessen in der Stille und hätte sein Handeln abgewogen, wieder und wieder von vorn überdacht, verworfen und neu geordnet. Vielleicht, dachte er jetzt, während er sich umwandte und die Pfeife in den Aschenbecher legte, war es gut, für ein paar Minuten nur hier zu sein im kühlen, nüchternen Büro, ein paar Minuten paffende Auszeit und dann zurück ins Unabwendbare. Er war Leiter einer Sonderkommission, er hatte zu funktionieren, die Zeit lief ihm davon, Gott war im Augenblick nicht der geeignete Gesprächspartner, er würde später mit ihm reden. Und ihm danken. Nachdem er Natalia Horn unversehrt nach Hause gebracht hatte.
    »Mit sämtlichen Kundinnen haben wir Vernehmungen durchgeführt«, sagte er und nahm wieder bei den anderen Platz. Über den Grund seines plötzlichen Verschwindens gab er keine Auskunft, und der Einzige, dem das egal zu sein schien, war Tabor Süden. Mit gesenktem Kopf lehnte er noch immer an der Wand und erst als Funkel weiterredete, hob er die Augen, ohne jedoch Anstalten zu machen sich zu setzen. Funkel konnte sehen, wie wütend Thon über dieses Verhalten war.
    »Wir haben keine Hinweise darauf, dass eine der Frauen etwas mit der Entführung zu tun hat. Ebenso die fünf Männer, die gelegentlich bei Frau Horn in Behandlung waren. Einen von ihnen hat der Kollege Süden überprüft.«
    »Er war kein richtiger Kunde«, sagte Süden und richtete sich auf.
    »Würdest du dich bitte hinsetzen?«, sagte Thon tonlos.
    »Nein«, sagte Süden kalt.
    Hauser hob die Augenbrauen und verzog den Mund.
    »Ich würde das auch begrüßen«, sagte er dann.
    »Dieser Mann heißt Josef Rossi«, sagte Süden und blieb, wo er war. »Er ist Mitglied der Deutschen Republikaner, für die Zeit der Entführung hat er ein Alibi.«
    »Würden Sie Ihrem Kollegen bitte sagen, er soll sich hinsetzen«, sagte Hauser zu Funkel.
    »Er hatte einen Bandscheibenvorfall, er kann nicht die ganze Zeit sitzen.« Der Kriminaloberrat kratzte sich an der Oberkante seiner Augenklappe. Seltsamerweise empfand er nichts. Er sah auch nicht Thon oder Weber an, die genau wussten, dass er soeben seinem Quasivorgesetzten ins Gesicht gelogen hatte, er redete einfach weiter. Hinterher würde er Thons Empörung freundlich ignorieren. »Wir gehen also im Moment davon aus, dass Frau Horn am Tag der Sonnenfinsternis in einem roten Wagen entführt wurde, möglicherweise in einem Audi oder Nissan. Auf dieses Auto konzentriert sich unsere Suche. Von den Nachbarn haben wir keine brauchbaren Informationen erhalten, auch die Familie konnte uns nicht weiterhelfen. Es ist fast so, als habe Frau Horn hinter dem Rücken der Leute gelebt. Nicht einmal ihr Verlobter hat eine Ahnung, mit welchen Personen sie Umgang hat.«
    »Von der Verlobung habe ich erst aus der Zeitung erfahren«, sagte Hauser. Er tätschelte seinen Arm und blickte über den Rand seiner Brille.
    »Wir wussten es

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