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German Angst

German Angst

Titel: German Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Friedrich Ani
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Hätte sie sich davon einschüchtern lassen? Bestimmt nicht. Hätte sie ihn deswegen nicht bestohlen? Unwahrscheinlich. So unwahrscheinlich wie es war, dass sie sie jetzt finden würden. Ihre Freunde verrieten sie nicht und man konnte davon ausgehen, dass ihr Vater die wahren Orte, an denen sie sich herumtrieb, nicht kannte. Dennoch wäre es falsch, sie nicht zu suchen, sie heckte etwas aus, das hatte er ihr angesehen und das war vermutlich der Grund, warum sie hinter seinem Rücken verschwunden war. Sie wollte sich nicht aushorchen lassen, sie brauchte Geld und wartete auf die richtige Gelegenheit und das war alles. Möglich, dass sie sich an den Taxifahrern rächte, an irgendwelchen, die zufällig daherkamen. Süden traute ihr einen solchen Überfall zu, sie hatte nichts zu verlieren, sie war keine, die es sich gefallen ließ, wenn man auf sie schoss. Welcher Wahnsinn hatte diesen Taxifahrer geritten?
    Sie mussten sich beeilen. Nachts war es extrem schwierig, Lucy zu finden.
    »Dieses Mädchen wird nicht gesucht«, sagte Thon und blies den Rauch seines Zigarillos über den Schreibtisch.
    »Wir haben andere, wichtigere Fälle zu bearbeiten, zum Beispiel den Fall Felt-Wagner, und wir haben keine Zeit, uns um unverbesserliche Kinder zu kümmern. Ich bin kein Sozialarbeiter und du bist auch keiner, Tabor.«
    »Wir haben eine Anzeige, wir müssen sie suchen«, sagte Süden. Mit verschränkten Armen stand er vor dem Schreibtisch, reglos, angespannt.
    »Das tun wir, Freya schafft das, die kann das. Was schaust du mich so an? Hör auf, mir zu drohen, Tabor, das mag ich nicht, fang bloß nicht wieder damit an! Du weißt, was ich meine.«
    Süden schwieg. Thon rauchte, stippte die Asche des Zigarillos in den silbernen Aschenbecher und lehnte sich zurück.
    »Ich wiederhole: Dieses Mädchen ist eine Dauerläuferin, wir fangen sie ein, zack, am nächsten Tag ist sie wieder weg. Sie ist kriminell, sie ist eine Diebin, sie überfällt Leute, sie randaliert, wo sie kann, sie ist gemeingefährlich…«
    »Du redest wie dieser CSU-Mann im Fernsehen…«
    »Ich rede nicht wie ein CSU-Mann!«, polterte Thon.
    »Offensichtlich hat der Vater jede Kontrolle über seine Tochter verloren. Wir sind nicht zuständig für sie, ist das klar? Sie läuft dauernd weg, da ist sie nicht die Einzige, wir wären ja in kürzester Zeit ein aufgescheuchter Hühnerhaufen, wenn wir dauernd diesen Kindern hinterherrennen würden! Die tun mir Leid und ich möchte nicht der Vater von so einer Ausreißerin sein. Aber wir sind nicht die Ersatzeltern. Wie oft waren ihr Vater und diese Frau schon bei uns, um Lucy als vermisst zu melden…«
    »Natalia Horn.«
    »Bitte?«
    »Sie heißt Natalia Horn.«
    Thon nahm einen letzten Zug aus dem Zigarillo, legte ihn vorsichtig in den Aschenbecher und ließ ihn ausglimmen.
    »Ja, wie oft war die schon bei uns? Ich schätze, mindestens fünf oder sechsmal. Sind die eigentlich verheiratet, der Schwarze und sie?«
    »Nein.«
    Wie auf ein geheimes Zeichen hin schwiegen sie. Thon kam um seinen Schreibtisch herum, ging zum Fenster und machte es zu. Er zögerte einen Moment, bevor er sich umdrehte.
    »Kümmere dich um die Wagner-Sache!«, sagte er, rieb an seinem Halstuch und roch an den Fingern. »Dieses Mädchen hat absolut keine Priorität.«
    »Das ist fahrlässig«, sagte Süden.
    Warum, fragte sich Thon, hab ich ihn nicht versetzen lassen? Nach der Sache mit dem Jungen, der, als sein Großvater starb, weggelaufen war und Süden eigenmächtig die Verfolgung aufgenommen hatte? Vollkommen ohne Absprache. Ohne Kooperationsbereitschaft. Er hätte ihn versetzen lassen oder zumindest im Dienstgrad herunterstufen können. Dann wäre Süden jetzt wieder Oberkommissar und hätte nicht das Geringste zu sagen, wenn er, Thon, etwas nicht erlaubte. Das Gescheiteste wäre gewesen, er hätte ihn in eine andere Abteilung versetzen lassen, weit weg von der Vermisstenstelle. Soll sich doch ein anderer um diesen unberechenbaren Kollegen kümmern! Thon hatte es satt, von Süden kritisiert zu werden, auch vor den Kollegen, von denen die meisten so dachten wie ihr Chef: Die Zeiten, als Tabor Süden zu den besten und beliebtesten Fahndern im Dezernat 11 zählte, waren lange vorbei. Nun war er nur noch ein einzelgängerischer Störenfried, ein verschrobener Kauz, der sich weigerte, ein Handy zu benutzen, und manchmal ohne jeden Grund laut loslachte. Wie ein Irrer. Wie ein bekiffter Penner. Peinlich.
    »Fahr zu Ilona Leblanc und ins Hotel

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