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Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition)

Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition)

Titel: Gern hab ich Sie bedient: Aufzeichnungen des Oberkellners im Hotel Vier Jahreszeiten Hamburg (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rudolf Nährig
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ihm mit, dass es Veuve Clicquot und Dom Perignon gebe. »Darf ich fragen, was der jeweilige Preis für den Champagner ist?« Ich erklärte ihm, dass der Veuve Clicquot weniger koste als der Dom Perignon. »Ich nehme den einfacheren, man muss es ja nicht übertreiben«, entschied er und bat auch gleich um eine Speisenkarte, um sich eine Vorstellung vom Preisgefüge zu machen. Dies schien aber alles zu passen.
    Um es kurz zu machen: Es gab noch diverse Telefonate und Änderungen bis zum besagten Tag. Unter anderem sollten die Rosen nun nicht zu lang sein, die wären dann nur sehr teuer, und man schneide sie zu Hause doch ab, weil die Vasen meist zu klein seien.
    21. Oktober, Punkt 19 Uhr. Ankunft Max Hallhuber. Der Herr im Smoking und diesmal mit Hornbrille. Die Dame mittelgroß, der hohen Absätze wegen überragt sie den Herrn um etwa fünf Zentimeter. Blondes, langes Haar, zu kunstvoller hochgesteckter Frisur drapiert. Leicht geschminkt und eine zarte, mit einer Perle behängte Goldkette um den Hals.
    Der Tisch ist auch der Dame genehm. Rosen und Fußschemel stehen bereit. Der Champagner wird gereicht.
    Vorspeise, Hauptgericht und Nachspeise sind serviert. Während ich schräg gegenüber vom Antragtisch auftrage, sehe ich, wie der Herr kniet und die Dame weint. Jetzt, denke ich, ist der große Moment gekommen und die Dame weint verständlicherweise vor Rührung.
    Wieder neuen Arbeiten zugewandt, sehe ich beim Rückweg, wie der Herr sich wieder in den Stuhl setzt, und nun weint er. Im Vorbeigehen werfe ich einen Blick zum Tisch, der Herr sieht mich, schaut mich an, ich frage: »Ja, was ist denn los, was ist passiert?« Die Tränen verschämt aus den Augen wischend, gesteht er: »Sie hat Nein gesagt.«
    Recht hatte sie. Wer einen Schemel braucht und schon beim Heiratsantrag spart, den kann man nicht ein Leben lang ertragen.
Es bleiben nur Scherben. Ein Dramolett
    Ein Hotel ist ein Mikrokosmos; keine heile Welt, an der das Leben vorübergeht. Das wirkliche Leben mit seinen Geschichten von Liebe und Leid, Zwist und Verlust, Schuld, Trauer und Niederlage. All den vielen Geschichten. Die Menschen nehmen ihre Geschichte mit ins Hotel, und zu den vielen Aufgaben des Oberkellners gehört es auch, ein offenes Ohr für deren Geschichten zu haben. Wie etwa die folgende.
    Sie hatten alles. Schwarzes Porsche-Cabrio mit weißem Dach. Luxuswohnung in der Stadt. Wunderschönes Ferienhaus auf Sylt. Florierendes Unternehmen. Gut gehendes Importgeschäft.
    Die Ehefrau charmant, gut aussehend.
    Eine andere Frau kommt ins Spiel. Eine Ehe zu dritt ist meist problematisch. In diesem speziellen Fall für die Ehefrau unmöglich. Sie leidet. Qualvolle Zeiten kommen. Wie kann das nach dreißig gemeinsamen Jahren sein?
    Es kommt zur Trennung. Erst mal auf Probe. Ohne Rechtsanwalt. Die unausweichliche Scheidung wird verschoben. Hinausgeschoben.
    Man einigt sich auf getrennte Wohnsitze. Zieht auseinander. Geld spielt ja keine Rolle. Herz und Seele nehmen Schaden. Viel Schaden. Für beide.
    Das Inselhaus wird aufgegeben. Die Hausauflösung steht bevor. Alle persönlichen Gegenstände sind mit beiderseitigen Erinnerungen behaftet. Die betrogene Ehefrau schafft es nicht, bei der Auflösung dabei zu sein.
    Der Noch-Ehemann organisiert alles. Macht die schreckliche Auflösung allein. Verpackt all die gemeinsam erworbenen Andenken. Alle Erinnerungen werden behutsam, mit viel Bedacht eingepackt. Ein beinahe sakraler Vorgang. Doch wegpacken lassen sie sich nicht. An jeder Tasse, jedem Glas, jedem Teller, an jedem Stück hängen so viele Erinnerungen, liebe Blicke, Küsse, Zärtlichkeiten. Soll es das nicht mehr geben? Soll das alles vorbei sein?
    Aus und vorbei. Wie das klingt. Er lässt die vielen Kurzfilme, die in seinem Kopf ablaufen, auf sich einwirken. Plumps, eine Porzellantasse fällt auf den Steinboden im Vorraum und zerbricht in viele kleine Scherben. Wie ein dreißigjähriges Eheleben. Erst erschrickt er, dann weint er vor Schuldgefühl, Selbstmitleid und Traurigkeit. Er erledigt den Abtransport.
    Die beiden haben nicht aufgegeben. Ein neuer Versuch hatte Bestand.
Silberhochzeit
    Spätherbst. Max Pfister bestellt telefonisch einen besonders schönen Tisch für sich und seine Frau. »Wenn möglich am Fenster oder in Fensternähe. Wir haben Silberhochzeit.« Da Wochenende ist, viele Gäste, sind die schönsten Tische schon reserviert. »Herr Pfister«, sage ich, »im Moment sind alle Fenstertische besetzt, aber ich werde mich um einen sehr

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