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Gerron - Lewinsky, C: Gerron

Titel: Gerron - Lewinsky, C: Gerron Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Lewinsky
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Drehplan haben sie umgestellt, damit Hertha Feiler drei Tage frei hat. Alles klar?»
    Mir war gar nichts klar. «Für einen intelligenten Menschen bist du manchmal ein ziemlicher Trottel, Gerson», sagte Otto. «Die Feiler kriegt natürlich Besuch von ihrem Mann. Und der will nicht gleich bei der Ankunft von der Presse belatschert werden.»
    «Du meinst …?»
    «Ja», sagte Otto. «Ich meine. Heinz Rühmann kommt nach Amsterdam. Ich dachte, das würde euch interessieren.»
     
    Er sagte es so ganz nebenher. Aber er wusste natürlich: Dieser Besuch war unsere Chance. Vielleicht die letzte. Heinz Rühmann war ein Kumpel. Vom Wallburg und von mir. Ich hatte mit ihm in ein paar Filmen zusammen gespielt und zweimal bei ihm Regie geführt. Sehr erfolgreich. Wir waren immer blendend miteinander ausgekommen. Er ist kein schwieriger Schauspieler. Solang man ihn seinen Stiefel spielen lässt.
    Für den Wallburg war er noch mehr als ein Kollege. Ein richtig enger Freund. Wenn man in Berlin die Wallburgs besuchte, war der Rühmann immer schon da. Gehörte zur Familie. In der letzten Zeit hatte er sich nicht mehr gemeldet, aber Otto hatte uns ja erklärt, wie vorsichtig man mit den Briefen sein musste.
    Jetzt kam er also nach Amsterdam. Wegen seiner Frau. Aber bestimmt auch wegen dem Wallburg. Er würde bei uns vorbeikommen, gar keine Frage. Wir konnten ja nicht zu ihm. Konnten unsauch nicht in einem Lokal verabreden. Juden ist das Betreten von Hotels und Gaststätten verboten. «Werden wir eben hier etwas kochen», sagte der Wallburg. Wegen seiner Zuckerkrankheit war er gar nicht gut im Schuss, aber jetzt blühte er auf. Wollte unbedingt Schmorbraten mit Malzbiersoße auftischen, weil das dem Rühmann sein Lieblingsessen war. Nun ja. Es würde auch mit Butterbroten gehen.
    Wir würden erst ein bisschen plaudern, so stellten wir uns das vor. Wie man das tut unter Schauspielerkollegen. Uns die neusten Geschichten aus der Ufa erzählen lassen. Den Rühmann nicht gleich mit unseren Sorgen überfallen. Ihn dann aber doch bitten, sich für uns einzusetzen. Was er bestimmt auch tun würde, da war sich der Wallburg ganz sicher. «Der Heinz», sagte er immer wieder ganz glücklich. «Der holt uns hier raus.»
    Für den Rühmann würde das nicht mal eine große Sache sein. Er war unterdessen nicht nur einer der bestbezahlten Schauspieler, sondern auch einer der beliebtesten. Ein Kassenmagnet. Sogar der Hitler schwärmte für ihn, das konnte man überall lesen. Und mit dem Goebbels war er befreundet. Hatte gerade – das erzählte uns Otto – den jährlichen Geburtstagsfilm für ihn gedreht. Mit den ganzen Goebbels-Kindern. Hedda und Holde und Heide und Giechel und Niezel und Grumpie. Otto hatte den Film gesehen. «Zum Kotzen niedlich», sagte er.
    Beim Goebbels konnte der Rühmann alles durchsetzen. Er musste nur zu ihm hingehen und ihn darum bitten. «Ich hab da diese zwei alten Kollegen», musste er nur sagen. «Denen würde ich gern helfen. Ganz diskret. Es muss es niemand erfahren.» Der Goebbels würde vielleicht den Kopf schütteln. «Immer diese Künstler mit ihren Sonderwünschen», würde er sagen. Aber er würde ihm den Gefallen tun. Er hat ihn ja auch einmal Regie führen lassen, bloß weil der Rühmann das so gern wollte. Seinen Sekretär würde er hereinrufen und ihm ein paar Zeilen diktieren. Otto Wallburg und Kurt Gerron. Mit Familie. Die Ausreiseerlaubnis aus Holland ist zu erteilen.
    Mehr brauchten wir nicht.
    Spanien, hatten wir uns gedacht. Ein neutrales Land. In die Schweiz kam man ja nicht rein. Und von Spanien dann weiter nach Amerika. Das Angebot von der Columbia war verfallen, aber es würde sich schon etwas anderes finden. Der Wallburg hatte in Hollywood genauso viele Freunde wie ich. Mehr. Ich habe nie jemanden getroffen, der ihn nicht mag.
    So sicher waren wir uns, dass wir sogar schon an einer Filmidee herumtüftelten, die wir der Columbia vorschlagen wollten. Oder der Paramount. Wir sahen uns als festes Filmpaar, so wie ich das mit dem Siggi Arno mal versucht habe. Nur diesmal nicht dick und dünn, sondern dick und dick. Damals wog der Wallburg noch seine guten hundertzwanzig Kilo.
    Ich weiß noch, wie die Geschichte ging. Zwei dicke Männer verlieben sich in dieselbe Frau. Die natürlich gertenschlank ist und wunderschön. Sie sagt: «Ich erhöre den, der am meisten abnimmt.» Und wir zeigen einen Film lang, wie die beiden das tapfer versuchen, aber immer wieder scheitern. Wir stellten uns das urkomisch

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