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Gesammelte Werke 6

Gesammelte Werke 6

Titel: Gesammelte Werke 6 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arkady Strugatsky
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arbeitete sicher nicht. Ich klingelte noch einmal.
    Die Tür wurde aufgerissen, und auf der Schwelle stand der Meister in schwarzen Konzerthosen mit grellfarbenen Hosenträgern über dem blendend weißen Hemd, das am Kragen geöffnet war; das erhitzte Gesicht sorgenschwer, die mächtige Nase schweißbedeckt. Teufel noch mal – er hatte doch gearbeitet …
    »Um Himmels willen, entschuldige«, sagte ich und drückte die Mappe an meine Brust.
    »Was ist denn passiert?«, erkundigte er sich aufgeregt und ein wenig gereizt.
    »Nichts«, antwortete ich, wobei ich mühsam der Versuchung widerstand, mit kaukasischem Akzent zu sprechen. »Ich komme auf einen Sprung vorbei, weil …«
    »Hör mal!« Er trat ungeduldig von einem Fuß auf den anderen. »Komm später wieder, ja? Ich habe Besuch, wir arbeiten. Komm so in zwei Stunden, ja?«
    »Warte, es ist nur eine Kleinigkeit.« Ich knüpfte hastig die Bänder der Mappe auf. »Hier sind ein paar Noten. Sieh sie dir bitte an, wenn du Zeit hast …«
    Er nahm die Partitur und blätterte sie verdutzt durch. Aus seiner Wohnung drangen streitende Männerstimmen. Es ging um Musik.
    »Na schön«, sagte er nach einer Weile und ohne den Blick von den Blättern zu wenden. »Hör mal, wer hat das geschrieben, woher hast du das?«
    »Das erzähle ich dir später«, sagte ich und trat einen Schritt zurück.
    »In Ordnung«, stimmte Tschatschua zu. »Das machen wir nachher. Ich komme dann zu dir hoch. Eine Stunde muss ich noch arbeiten, dann spielt ›Spartak‹, und danach komme ich.«
    Er winkte mir mit den Blättern zu und warf die Tür ins Schloss.
    Zu Hause angekommen, zog ich mich aus und kroch unter die Dusche. Ich war schweißnass, die geprellte Seite schmerzte fürchterlich, und überhaupt musste ich mich erst einmal beruhigen. Während ich duschte, dachte ich darüber nach, wie ich den Abend verbringen würde. Vor allem musste es Abendessen geben – das würde heute mit dem Mittagessen zusammenfallen. Das musste ich noch zubereiten. Kartoffeln waren da. Saure Sahne auch. Wahrscheinlich. Ich hatte grüne Erbsen. Ha! Da stand ja noch eine Büchse Rindfleisch! Nein, zum Teufel mit den Suppen! Ich würde mir Kartoffeln machen mit gedünstetem Rindfleisch! Da waren auch Zwiebeln und marinierter Lauch. Und Kognak. Was braucht der Mensch mehr? Meine Laune besserte sich augen blicklich.
    Gegen das Kartoffelschälen habe ich nichts, weil man den Kopf dabei frei hat. Übrigens schält keiner meiner Bekannten die Kartoffeln so sauber und schnell wie ich. Die Armee, Genossen! Zentner, Tonnen, Waggonladungen geschälter Kartoffeln! Und wie die mitunter aussahen! Faulig, gefroren, blaugrün, durch und durch schwarz … Friedensware zu schälen, zumal vom Markt, ist dagegen das reinste Vergnügen. Und, ach, wie herrlich, dass ich nicht mehr zur Bannaja muss …
    Ich wusch die geschälten Kartoffeln gründlich, füllte Wasser in einen Topf und schnitt die Kartoffeln in zwei oder drei Stücken hinein. Dann stellte ich den Topf auf die Flamme.
    … Sagen Sie, was Sie wollen, aber diese Sache mit der Bestimmung des HATL ist Blödsinn und eine Verschwendung volkseigener Gelder. Wie übrigens die meisten hochgeistigen Vorhaben, die sich mit Literatur oder Kunst im Allgemeinen befassen. Da haben sie Schränke für Hunderttausende Rubel aufgestellt, und das alles nur, um zu beweisen: Wenn man einen Autor druckt, wird er viele Leser haben – oder auch nicht so viele; doch wenn man ihn nicht druckt, wenn man ihn kurz hält, diesen Hundsfott, dann wird der Schuft, dieser gemeine Kerl, überhaupt keine Leser haben. Oder noch treffender: Gibt man beispielsweise etwas von Puschkin heraus – und sei es auch nur ein Prosabändchen – und parallel dazu einen Liebesroman von Abort Abortytsch Klosettbecken über die brodelnden Leidenschaften in einem Gießkübel, so wird Puschkin ungleich mehr Leser finden. Das war im Prinzip alles, was der Mann mir beizubringen versucht hatte. Zusätzlich vielleicht noch den simplen Gedanken, dass Gutes immer gut ist. Schlechtes dagegen nicht immer schlecht.
    Oder stimmte hier etwas nicht? Hatte ich irgendetwas nicht verstanden, was ich auch jetzt nicht verstand? Aber wer hatte denn von ihm verlangt, durch die Blume zu sprechen – hätte er doch geradeheraus gesagt, was er will! Jetzt werde ich ihm was husten, von wegen noch einmal hingehen. Die Kartoffeln sind auch gar …
    Und dann stand alles fertig auf dem Tisch: Ein höchst appetitliches Gericht aus Kartoffeln und

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