Gesandter des Teufels
mich zu lieben.«
Sie sah den Ausdruck auf Margarets Gesicht, streckte die behandschuhte Hand aus und berührte Margaret kurz am Arm.
»Ich mag vielleicht nicht die Frau sein, die er will«, sagte Mary, »aber ich bin nun einmal seine Gemahlin.«
»Katherine ist keine schlechte Frau«, sagte Margaret.
»Ich weiß. Sie ist stark und selbstbewusst, und ich glaube, unter anderen Umständen würde ich sie sehr mögen. Eigentlich hätte sie Hals Gemahlin sein sollen. Nein, sag nichts. Ich weiß, dass es so ist, Margaret, und es macht mir längst nichts mehr aus.«
»Erinnerst du dich noch an den Tag, als wir auf der Reise von London hierher endlich dieses grauenhafte Schiff verlassen konnten? Damals habe ich gesagt, du seist die beste Ehefrau für Bolingbroke.«
Mary nickte.
»Nun, damals habe ich das nur gesagt, um dich zu trösten. Jetzt weiß ich, dass es die Wahrheit ist. Du besitzt eine Größe und einen Edelmut, den Bolingbroke niemals zu würdigen wissen wird.«
In der Ferne überwachten Bolingbroke, Neville und Roger Salisbury das Verladen der Pferde, während die letzten Vorräte an Bord des Schiffes gebracht wurden.
»Er ist jetzt sehr freundlich zu mir«, sagte Mary mit leiser Stimme, »weil er glaubt, dass ich bald sterben werde. Er glaubt, dass er schon bald mit Katherine zusammen sein kann.«
»Mary!«
»Du kannst ruhig ehrlich zu mir sein.« Mary strich über ihren Bauch. »In meinem Leib wuchert ein finsteres Geschwür, und es raubt mir jeden Tag mehr Kraft. Nachts kann ich die Schmerzen in meinen Eingeweiden manchmal kaum ertragen.«
Margaret sagte nichts, doch sie trat einen Schritt näher an Mary heran, sodass ihre Schultern einander berührten.
Mary lehnte sich an sie und lächelte. »Du machst mir Mut, Margaret.
Und zu wissen, dass ich die Geburt deines Kindes erleben werde, wiegt für mich das Elend auf, keine eigenen bekommen zu können. Aber«, sie richtete sich auf, als sie sah, dass Bolingbroke und Neville auf sie zukamen, »glaube nicht, dass ich mich den Wünschen und Zielen meines Gemahls fügen und möglichst bald das Zeitliche segnen werde!«
»Bolingbroke ist ein Narr gewesen«, sagte Margaret, doch sie konnte nicht weitersprechen, weil in diesem Moment ihre Männer bei ihnen angekommen waren, um sich von ihnen zu verabschieden.
Neville küsste Margaret zärtlich und stürmisch, während Bolingbrokes Lippen Marys eher aus Pflichtbewusstsein denn aus Leidenschaft berührten.
»Sei vorsichtig«, sagte Margaret zu Neville.
Neville wirkte wie eine kleiner Junge, der zu einem aufregenden Abenteuer aufbrach. Seine Wangen waren gerötet, seine Augen leuchteten und sein Mund war zu einem breiten Grinsen verzogen, das er nicht unterdrücken konnte. Selbst sein schwarzes Haar schien ungeduldig in der kalten Meeresbrise zu flattern.
»Es wird nicht lange dauern«, sagte er, küsste Margaret noch einmal und legte die Hand auf ihren Bauch. »Zur Geburt unseres Kindes wirst du wieder in der Heimat sein.«
Darauf drehte sich Bolingbroke um und sah Margaret in die Augen. »Wir werden noch vor dem Michaelistag nach Euch schicken«, sagte er.
»Schließlich soll Euer Kind auf englischem Boden geboren werden.«
Dann wandte er sich wieder Mary zu, und sein Blick wurde etwas sanfter.
»Mary«, sagte er, »sobald es sicher ist, werde ich dich nachholen.«
Er beugte sich vor und küsste sie zärtlicher als zuvor auf den Mund.
Als er sich aufrichtete, wandte er sich noch einmal an Margaret: »Richard und de Vere werden für das büßen, was sie Euch angetan haben.«
Und damit drehte er sich um und schritt auf das Schiff zu.
Neville blieb noch einen Moment zurück und küsste Margaret ein weiteres Mal. »Pass auf dich auf«, sagte er.
»Du ebenfalls«, flüsterte Margaret.
»Tom!«, rief Bolingbroke vom Rand des Kais. »England wartet auf uns!«
»Ich liebe dich«, sagte Neville und küsste Margaret leidenschaftlich auf den Mund. Dann verneigte er sich vor Mary und küsste ihr die Hand.
Schließlich wandte auch er sich um und eilte mit wirbelndem Umhang hinter Bolingbroke her.
Mary und Margaret sahen einen Moment lang zu, wie die Laufplanken eingezogen wurden und das Schiff langsam vom Kai ablegte und ins Hafenbecken hinausfuhr, wo die anderen fünf Schiffe vor Anker lagen.
Neville winkte ein letztes Mal, und dann verschwanden er und Bolingbroke unter Deck.
Eine Zeit lang standen die Frauen noch da und beobachteten, wie sich Bolingbrokes Schiff den anderen anschloss und
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