Gesandter des Teufels
nun, wie sie sich am besten für die Demütigung rächen konnte, die sie erlitten hatte.
»Dann liebe mich«, sagte sie. »Sanft und zärtlich. Wie ein Mann es seiner Gemahlin schuldig ist.«
KAPITEL 9
Die Non an Maria Himmelfahrt Im zweiten fahr der Regentschaft Richard II. (Mittag, Mittwoch, 15. August 1380) Zwei Tage nachdem Philipp und Katherine abgereist waren, trafen erfreuliche Neuigkeiten für Bolingbroke ein. Mit leuchtenden Augen überflog er den Brief.
Dann knüllte er ihn zusammen und warf ihn ins Feuer.
»Tom«, sagte er, »dein Onkel ist nicht mit Gold aufzuwiegen.«
Danach begannen hektische Vorbereitungen.
Beinahe zur selben Zeit wie der Brief kamen berittene Männer in kleinen Gruppen zu zweit und zu dritt, zu zehnt oder im Dutzend in Gravensteen an und sammelten sich im Hof der Burg. Und danach trafen jeden Tag mehr ein, bis beinahe stündlich Hunderte von Männern auf den Burghof geritten kamen.
Mitte August verließen sie Gravensteen.
Auf diesen Tag hatte Bolingbroke lange gewartet.
Ein kalter Wind blies von der Seeseite her über den Hafen von Sluis im Norden Flanderns und umfing alles mit seiner kühlen Umarmung.
Männer eilten hin und her und rollten Fässer und Tonnen über die Pflastersteine auf das große Schiff zu, das am Kai im Wasser schaukelte.
Andere führten nervöse und scheuende Schlachtrosse an die Laufplanken heran und versuchten sie dabei mit leisen Worten zu beruhigen. Wieder andere zählten Bündel von Pfeilen und Armbrustbolzen durch und häuften sie zu Stapeln auf.
Matrosen eilten über das Deck, prüften die Takelage des Schiffes und machten es für die Abfahrt bereit. Einer kletterte den Hauptmast hoch und entrollte dort Bolingbrokes Banner in Rot, Gold und Weiß. Sein Wappenzeichen bestand aus den drei Löwen des Hauses Plantagenet, den Lilien und der Burg des Hauses Lancaster und Bolingbrokes eigenem Emblem, dem behelmten Ritterkopf.
Das Banner flatterte heftig im Wind, als könne es den Aufbruch kaum erwarten.
Hinter dem Schiff schaukelten fünf weitere Gefährte im Hafenbecken, die bereits mit Männern, Pferden und Waffen beladen waren.
Bolingbroke schritt auf und ab und rief Befehle und Flüche. Begleitet wurde er von Thomas Neville, der ihn hin und wieder auf etwas hinwies.
Beide Männer trugen Kettenhemden, die ihnen bis zu den Knien reichten, schwere Handschuhe mit metallenen Nieten und stählerne Beinschienen über den Stiefeln. Über das Kettenhemd hatten beide eine ärmellose Tunika gezogen: Bolingbrokes war weiß und Nevilles scharlachrot, doch auf der Brust trugen beide Bolingbrokes Wappenzeichen. Ihre Umhänge, die in Farbe und Stickereien den Tuniken glichen, flatterten im Wind. An den Hüften trugen beide Männer Schwerter und in ihren Schwertgürteln steckten Dolche.
Ihre Mienen waren ernst und grimmig, doch sie strahlten auch Entschlossenheit und kaum verhohlenen Tatendrang aus.
Bolingbroke blieb stehen, um einem der Soldaten auf die Schulter zu klopfen und einen kleinen Scherz und ein Lächeln mit ihm auszutauschen. Dann gingen er und Neville schon wieder weiter, zu den wartenden Pferden, um ihre eigenen Reittiere zu suchen. Raby, der getreue Gefolgsmann, hatte vor einigen Monaten, als er die Besitztümer des Prinzen nach Flandern geschickt hatte, auch Bolingbrokes und Nevilles Lieblingshengste hierher bringen lassen.
Mary stand etwas abseits, in einen schwarzen Umhang gehüllt, und beobachtete schweigend das Geschehen. Margaret, die ganz ähnlich gekleidet war, hatte sich zu ihr gesellt. Die stets wachsame Agnes wartete mit Rosalind unter dem Vordach eines der Lagerhäuser am Kai, wo sie dem Treiben im Hafen zusehen konnte, zugleich jedoch auch vor dem Wind geschützt war.
»Krieg«, sagte Mary. »Sieh nur, wie die Männer sich darüber freuen!«
Ihre Mundwinkel zuckten. Und noch dazu ein Krieg, der erst durch die Mitgift ermöglicht wurde, die ich in die Ehe eingebracht habe.
»Wenn du willst«, sagte Margaret und beobachtete die Männer bei ihrer Arbeit, »können wir im Haus des Hafenmeisters warten. Er hat uns angeboten, dass wir dort nächtigen können.«
Mary schüttelte den Kopf. »Nein. Ich möchte hierbleiben und meinen Gemahl im Blick behalten.«
Margaret sah sie an und fragte sich, was sie damit wohl meinte.
Um Marys Mundwinkel zuckte es erneut, und dieses Mal gelang es ihr nicht, das Lächeln zu unterdrücken. »Armer Hai. Während Katherines und Philipps Besuch in Gravensteen habe ich ihn jede Nacht darum gebeten,
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