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Gesang der Rosen

Gesang der Rosen

Titel: Gesang der Rosen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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die nichts für Satire übrig hatten.
    Bonnet verließ, nachdem der Reporter von ihm geschieden war, die Aula und wurde draußen von seinen Freunden in Empfang genommen. Sie beglückwünschten ihn. Henry Saintine, der dicke Direktor des Louvre, schlug vor, ein Stück Weg zu Fuß zu gehen.
    »Das könnte uns allen nicht schaden«, lachte er und beklopfte mit der Hand erst Bonnets Bauch, dann seinen eigenen.
    Der Vorschlag wurde angenommen.
    Unterwegs drängte sich Claude Rouvière, ein Untersuchungsrichter, an Bonnet heran. Rouvière trug auch einen ziemlichen Bauch spazieren, hatte ein enormes Doppelkinn, lächelte gern und wirkte überaus gemütlich. Doch dieser Schein trog. Rouvière war in Wirklichkeit ein äußerst ungemütlicher Mensch, wovon die Pariser Ganoven ein Lied singen konnten. Seine Grundeinstellung war pessimistisch. Sooft er den Mund aufmachte, hatte er an etwas herumzunörgeln – auch außer Dienst. Er war der geborene Stänkerer und Miesmacher.
    »Bonnet«, sagte er, »wissen Sie, was ich bei Ihren Ausführungen vermißt habe?«
    »Was?«
    »Eine Mitteilung, von wem die Pergamente geprüft wurden.«
    »Geprüft? Von mir natürlich!«
    »Das ist klar. Aber von wem noch?«
    Bonnet blieb stehen, alle anderen auch. »Rouvière, trauen Sie mir nicht zu, daß ich …«
    »Niemand zieht Ihre Qualifikation in Zweifel«, unterbrach der Richter, »aber in meinem Beruf weiß ich nur zu gut, welches Gewicht in solchen Fällen der sogenannten Befangenheit beizumessen ist, Bonnet.«
    »Und Sie halten mich also im vorliegenden Fall für befangen, Rouvière?«
    »Ja«, sagte der Untersuchungsrichter trocken.
    Rundherum wurden Protestrufe laut, die sich der Richter gelassen anhörte. Dann sagte er: »Ich nehme an, unser Freund Bonnet wußte selbst, was hier unerläßlich war. Er wird also eine entsprechende Prüfung veranlaßt haben. Er muß uns also nur noch sagen, von wem. Mehr wollen wir nicht wissen.«
    Die Blicke aller richteten sich nun auf Bonnet. Dieser aber druckste plötzlich herum.
    »Es ist so, daß ich …«
    »Mein Gott«, unterbrach er sich, »wer könnte denn ein Interesse an einer solchen Fälschung haben?« Und er fuhr selbst fort: »Kann mir das einer sagen? Diese Texte sind doch beispielsweise keine Gemälde, die für viel Geld einem naiven texanischen Millionär anzudrehen wären.«
    Er lachte über seine eigenen Worte, doch niemand lachte mit. Er beendete seine Solopartie.
    »Ich scheine mich geirrt zu haben«, sagte dann der Untersuchungsrichter Rouvière. »Eine solche Prüfung hat also doch noch nicht stattgefunden.«
    »Stimmt das, Julien?« brachte Saintine die Frage zum Ausdruck, die auch allen anderen im Gesicht geschrieben stand.
    Der Professor nahm Zuflucht zur Arroganz.
    »Ja«, sagte er knapp und hochmütig. »Ich habe mich ganz auf mein eigenes Urteil verlassen.«
    So leicht ließ man ihn aber nicht davonkommen. Fragen prasselten auf ihn hernieder.
    Wo die Papiere überhaupt gefunden worden seien?
    In einem Kloster?
    In einer alten Bibliothek?
    Oder stammten sie aus privater Hand?
    Die entscheidende Frage kam vom Chorleiter der Pariser Oper. Er richtete sie nicht an Bonnet selbst, sondern hinter vorgehaltener Hand an einen Restaurator. Sie lautete: »Wer machte den Fund? Bonnet? Wissen wir das?«
    Die Lawine war losgetreten und gewann an Fahrt.
    Der einzige echte Freund, den Bonnet besaß, war Henry Saintine, der Direktor des Louvre. Er sah, daß die Gruppe, die auf dem Bürgersteig stehengeblieben war und debattierte, ein Verkehrshindernis bildete, und sorgte deshalb dafür, daß weitergegangen wurde. Solange sie standen, wurde die Situation für Bonnet nur um so unangenehmer. Fast jeder benützte die Gelegenheit, ihm einzuheizen. Aber auch als man sich allgemein wieder in Bewegung gesetzt hatte, wurde er immer noch in die Zange genommen. Hervor taten sich dabei besonders jene, die ihm keine halbe Stunde zuvor am stürmischsten gratuliert hatten. Die guten Freunde spürten den Druck, in dem sich Bonnet befand, und dieser Druck schmeckte ihnen viel mehr als die Ehren, mit denen Bonnet überhäuft werden wollte.
    »Bonnet«, sagte der Restaurator, »ich wurde soeben gefragt, wer die Troubadourlieder gefunden hat. Doch sicher Sie selbst?«
    »Nein.«
    »Nei-ei-ein? Wer denn?«
    »Ein gewisser André Tornerre.«
    Überraschte Ausrufe wurden laut.
    Rouvière sagte: »Diesen Namen hören wir zum erstenmal, Bonnet. Auch in Ihrem Vortrag fiel er nicht. Wer ist André Tornerre? Ein

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