Gesang des Drachen
du so freundlich?«
Spyridon ließ seine Aura aufglühen, sodass er wie eine goldene Fackel aussah. Niraa stieß einen entzückten Laut aus. Das Kind in ihrem Arm regte sich, wachte aber nicht auf. Ob es betäubt worden war? Vielleicht hatte die Frau ihm Kräuter gegeben, um es zu beruhigen. So fiebrig, wie ihre Augen glänzten, konnte es gut sein, dass sie selbst Pflanzen bemüht hatte, um diese furchtbare Nacht besser zu überstehen.
Sie gingen weiter durch den Wald, bis Spyridon innehielt. »Ich höre etwas.«
Naburo schloss die Augen und lauschte. Zu den Rufen der Käuze und Eulen, dem Rascheln der Blätter im Wind und dem Gurgeln eines nahen Baches kam ein neues Geräusch. Aus der Ferne durchbrach ein leises Grollen die nächtlichen Laute, das rasch anschwoll.
»Der Groll ...« Niraa klammerte sich an Naburo.
»Halte Abstand von mir und such Schutz hinter einem Felsen, wenn es zum Kampf kommt.«
Sie nickte. Es schien sie sichtlich Mühe zu kosten, mit dem Kind im Arm von Naburo zurückzuweichen. Ruunik öffnete die Augen und weinte leise.
Das Grollen hielt inne. Dann näherte es sich zielstrebig ihrem Standort. Das Blutmal auf der Stirn Ruuniks flammte auf und warf rubinrote Strahlen in die Finsternis.
»Da vorn ist eine Lichtung«, sagte Spyridon. Er führte sie im Laufschritt an einem Bach vorbei, hin zu einer Wiese zwischen silbernen Bäumen. Einige von ihnen sonderten eine schwache Helligkeit ab.
Naburo zog seine Schwerter.
Es dauerte nur wenige Augenblicke, bis der Steingroll zwischen den Bäumen hervorbrach. Angespannt richtete sich Naburo auf ihn aus. Das Wesen leuchtete in einem eigenen, grünlichen Schein. Es maß über zwei Schritt. Grauschwarze Haut überspannte muskelbepackte Arme und Beine. Der Kopf verschmolz mit dem Oberkörper. Drei giftgelbe Augen stierten zornig unter steinernen Brauen hervor.
»Das Kind!«, donnerte das Wesen vor ihnen. »Gebt mir das Kind!«
Naburo trat dem Steingroll furchtlos entgegen. Er war die Ruhe selbst, innerlich wie äußerlich. Die weiße Flamme loderte in seinem Herzen und gab ihm Kraft. »Du wirst diese Ernte nicht bekommen. Und keine andere. Löse den Handel mit dem Dorf, oder du wirst sterben.«
Der Steingroll lachte. Es klang nach Kieseln, die eine Schlucht hinunterstürzten. »Ein Kriegerelf, der Scherze macht. Das ist selten.«
»Ich scherze nicht.«
Spyridon trat unruhig von einem Bein auf das andere. »Lass uns kämpfen, nicht rumstehen. So, wie's aussieht, hat er seine Axt vergessen. Dumm für ihn.«
Der Steingroll, der unbewaffnet gekommen war, griff nach einem jungen Baum neben sich, brach ihn ab wie einen Grashalm und riss ihn in die Höhe. »Gebt mir das Kind!« Er schleuderte den Baumstamm auf sie.
Niraa schrie. Naburo sprang in die Höhe und schwebte ein Stück hinauf, um dem Wurf zu entgehen.
Spyridon dagegen blieb an Ort und Stelle breitbeinig stehen. Der Baumstamm krachte gegen seine Aura und zersplitterte wie ein Zahnstocher. Der Steingroll erstarrte. Mit dieser Wirkung hatte er nicht gerechnet.
»Überleg es dir«, sagte Spyridon in die eintretende Stille. »Ich bin Spyridon, der Ewige Todfeind. Sicher hast du von mir gehört.«
Der Groll trat näher. »Spyridon. Aber ja. Das wird eine Festnacht, in der ich eine Legende besiege!« Er lachte dröhnend, griff nach einem Steinbrocken von der Größe eines Kopfes und warf ihn.
Naburo flog mit gezücktem Schwert auf ihn zu, wich dabei dem Geschoss aus und setzte zum Angriff an. Sein Schwert bohrte sich in die Seite des Steingrolls. Fast zeitgleich sah er auch Spyridon mit gezücktem Schwert Anlauf nehmen und auf den Feind zustürmen. Er hörte ein ratschendes Geräusch, als Spyridon die andere Seite des Grolls aufschnitt.
Das riesenhafte Wesen stand still wie von der Sonne versteinert.
Er wehrt sich nicht. Naburo hielt inne. Er begriff nicht, was gerade geschah. Er war in einem Kampf, und der auf den ersten Blick gefährliche Gegner machte keine Anstalten, sich zu verteidigen. Was bedeutete das?
Violettes Licht leuchtete auf und blendete ihn. Ein Zauber breitete sich rasend schnell aus, presste Naburo die Luft aus den Lungen und ließ ihn wimmern.
»Oh verdammt ...«, hörte er Spyridon. »Naburo, das ist ...«
Die Welt explodierte. Nachdem das Krachen und der Schmerz endlich nachgelassen hatten, brauchte Naburo eine Weile, sich zu orientieren. Er befand sich mitten im violetten Nirgendwo, zerrte an seinem Schwert, bekam es frei und sah sich um. Der Wald und die Lichtung
Weitere Kostenlose Bücher