Gesang des Meeres - Feehan, C: Gesang des Meeres - Turbulent Sea (6 - Joley u. Ilya Prakenskii)
und Beunruhigendes regte sich in ihm und jagte ihr Angst ein. »Ja, die hatte ich. Meine Eltern waren sehr liebevoll. Ich hatte meine Schwestern und Jonas und das Leben war großartig, ein Abenteuer nach dem anderen. Ich habe mich andauernd in Schwierigkeiten gebracht.«
»Das kann ich mir vorstellen.«
Aber ihm gefiel die Vorstellung, dass sie als Kind unartig und aufsässig gewesen war und liebevolle Eltern gehabt hatte, die den Kopf geschüttelt und sie für ihre Ungezogenheit noch mehr geliebt hatten. Sie pflückte den Gedanken direkt aus seinem Kopf und fühlte sich innerlich gewärmt. Diese Vertrautheit tat ihr wohl. Als hätten sie bereits ein sehr nahes und sehr persönliches Verhältnis zueinander, und er liebte Geschichten aus ihrer Kindheit. Das Unbehagen in ihrem Innern ließ nach.
Sie lächelte ihn an. »Meine Mutter besitzt sämtliche übersinnlichen Gaben und glaubte daher, sie könnte mit mir Schritt halten, du weißt schon, immer bereits im Voraus wissen, was ich tun würde. Mit drei Jahren war mir sehr deutlich bewusst, dass sie mich beobachtete, und daher habe ich mir in
den Kopf gesetzt, ihr zu beweisen, dass sie mir nicht so leicht auf die Schliche kommt. Ich war das Kind, das immer aufs Dach gestiegen ist und versucht hat zu fliegen. Oder ich bin allein losgelaufen, wenn sie gesagt haben, sie könnten mich zum Einkaufen nicht mitnehmen. Und Hausarbeit war nichts für mich. Mit vier Jahren habe ich angefangen, Schlagzeug zu spielen, und seitdem bin ich nicht mehr ohne meine Trommelstöcke aus dem Haus gegangen.« Sie deutete auf ihre Trommelstöcke, die nur wenige Zentimeter von ihr entfernt lagen. Sie hatte sie aus der hinteren Tasche ihrer Jeans gezogen und sie auf den Sessel geworfen, als Brian in ihren Bus gekommen war. »Alles, was Lärm oder Musik gemacht hat, musste ich haben. Mein Dad hat mein Fenster mit Brettern zugenagelt, weil ich andauernd abgehauen bin.«
Seine Augen leuchteten, aber er lächelte nicht. »Ich wette, du warst ein richtiger Satansbraten. Ich habe selbst schon gelegentlich mit dem Gedanken gespielt, dich an einen Bettpfosten zu binden, und ich wollte dich schon mehr als einmal übers Knie legen.«
»Das hätte mir gefallen können«, sagte sie mit einem anzüglichen Grinsen. »Aber ich bin sehr froh, dass du dich zusammengerissen hast, denn man kann es ja nie so genau wissen.«
Er zog die Augenbrauen hoch. »Ob es dir gefällt? So wie ich dich kenne, hätte es dir wahrscheinlich Spaß gemacht. Meine Strafe wäre zur Belohnung geworden, und wie hätte ich dann dagestanden?« Er griff nach ihrer Hand und hielt sie zwischen ihnen in die Luft. »Du hättest mich um deinen kleinen Finger gewickelt, wie alle anderen auch.«
Er ließ ihre Hand langsam und widerstrebend los, jedoch nicht ohne vorher mit seinen Fingerkuppen über das Mal auf ihrer Handfläche gestrichen zu haben. Seine Berührung war elektrisierend. Sie spürte diese Liebkosung nicht nur auf ihrer Handfläche, sondern auch tief in ihrem Innern, zwischen
ihren Beinen, so dass ihr Schoß sich zusammenzog und flüssiges Feuer pulsierte und glühte.
Joley starrte ihn an und war entsetzt darüber, dass er sie innerlich berühren konnte, dass sein Mal nicht nur ein Brandzeichen war, sondern auch ein sexuelles Stimulans, so stark, dass sich ihre Brustwarzen aufgestellt hatten und ihre Brüste sich schwer und geschwollen anfühlten. Ihr ganzer Körper lechzte nach seinem. Ihre Zunge fuhr über ihre Lippen, die plötzlich trocken waren. Wusste er überhaupt, was er tat? Sie steckte in noch größeren Schwierigkeiten, als sie anfangs geglaubt hatte.
»Ich glaube nicht, dass wir beide allein in diesem Bus bleiben können. Du bist hier auch nicht sicher.« Aber sie wollte nicht, dass er fortging. Allein schon sein Anblick löste seltsame Dinge bei ihr aus und erfüllte sie mit einer Mischung aus Erregung und Vorfreude, aber auch mit einem Gefühl von innerem Frieden und Geborgenheit, als könnte sie eine Zeit lang alles abwerfen und es ihm überlassen, sich darum zu kümmern.
Diesmal lächelte er. Beinah wäre ihr Herz stehengeblieben. Das Wissen, dass er nur äußerst selten lächelte und dass es ihr gelungen war, ihm ein echtes Lächeln zu entlocken, war berauschend und stieg ihr zu Kopf.
Ilja presste seine Handfläche über sein Herz. »Du versetzt mich immer wieder in Erstaunen, Joley. In einem Moment lügst du das Blaue vom Himmel herunter und im nächsten bist du so ehrlich, dass es mir das Herz bricht.
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