Geschenke aus dem Paradies
sein. Ich rede mit ihr, sobald ich nach Hause komme.«
»Wie läuft es denn mit ihrem Abitur?«
»Sie arbeitet sehr hart, aber man kann trotzdem nie wissen, oder?«
Nel schüttelte den Kopf. Sie war sich nicht sicher, ob Fleur überhaupt arbeitete, geschweige denn hart. All ihre diesbezüglichen Fragen wurden mit besänftigenden Gebärden und einem »Mach dir keine Sorgen, Mum« beantwortet.
»Ich sage Suzy, sie soll dich später anrufen.«
»Das wäre wirklich nett, falls du dir sicher bist, dass sie nichts dagegen hätte.«
Suzy beteuerte Nel später am Telefon, dass sie sie mit Freuden mitnehmen würde. »Aber pack dich bloß warm ein und zieh bequeme Schuhe an oder Stiefel: Du wirst eiskalte Füße kriegen. Ich werde jemanden bitten, mich zu dir rüberzufahren.«
Obwohl Nel nicht zu ihrem Vergnügen zu dem Fußballspiel gegangen war, wurde sie am Mittwoch von der aufgeregten Stimmung der vielen Menschen mitgerissen, die alle in derselben Mission unterwegs waren: Sie wollten »das Spiel« sehen. Es fand am Abend statt, und die Dunkelheit verstärkte das Gefühl der Erwartung, das sich immer mehr aufbaute. Suzys ansteckende Begeisterung tat ein Übriges. Obwohl sie im gleichen Alter waren, war Suzy, wie Nel feststellte, ganz anders als Fleur. Suzy interessierte sich für Politik, für die Armut der Welt und die Ozonschicht. Fleur interessierte sich für ihre Freunde, ihre gesellschaftlichen Aktivitäten und ihre Kleidung. Da Nel mit beiden Mädchen viel gemeinsam hatte, fand sie sie gleichermaßen entzückend.
Als sie ihr Ziel erreicht hatten, parkte Nel den Wagen an der Stelle, die Suzy ihr vorschlug. »Dad parkt immer hier, weil man anschließend schnell wegkommt. Wir brauchen wirklich einen Parkplatz, aber andererseits brauchen wir auch viele andere Dinge.«
Nel war überrascht, wie viele Menschen zu dem Spiel strömten. »Ist hier immer so viel los?«
»Es ist ein wichtiges Spiel. Wenn wir es gewinnen, können wir aufsteigen, deshalb müssen wir auch unsere Truppe unbedingt auf Vordermann bringen. Aber keine Bange, die Leute sind sehr freundlich, sofern wir uns von den Anhängern des Gegners fern halten.«
»Wir müssen uns ja nicht unbedingt ins dichteste Gedränge mischen.«
Suzy schlang Nel einen Schal mit den heimischen Farben um den Hals. »Keine Angst, ich passe auf dich auf.«
Schon wieder ein Rollentausch.
»Ich habe ein Saisonticket, deshalb gehe ich hier durch«, erklärte Suzy, die sich als die perfekte Begleiterin erwies. »Du musst durch das Drehkreuz da gehen. Wir können jetzt Süßigkeiten kaufen oder bis zur Halbzeit warten und uns eine Pastete besorgen.«
»Nicht nötig, ich habe schon gegessen. In einer Pastete stecken ungefähr tausend Kalorien.«
»Ich weiß. Deshalb sind sie ja so köstlich, aber ich habe auch schon gegessen. Ich fürchte, der beste Stehplatz ist ganz da hinten.«
»Du weißt nicht zufällig, wer der Vorsitzende ist, nein? Du scheinst ja sonst jeden zu kennen.«
Suzy lachte. »Leider nicht. Er ist neu und kommt nicht zu jedem Spiel. Aber ich werde mich mal umhören. Hallo, Rob? Du weißt auch nicht, ob der Vorsitzende heute Abend hier sein wird, oder? Und wenn ja, wer er ist?«
»Doch, ich glaube, er ist hier. Und ich glaube, das ist er. Kannst du ihn sehen? Er steht mit dem Rücken zu uns und unterhält sich mit dem Mann in dem Anorak.«
Weder Suzy noch Nel konnten etwas sehen, aber die Tatsache, dass er hier war, war immerhin ein Anfang. Obwohl Nel sich besser amüsierte, als sie erwartet hatte, hätte es ihr Leid getan, den Abend für jemanden zu verschwenden, der gar nicht auftauchte.
Während sie auf den Anpfiff warteten, fachsimpelten die Dauerkarteninhaber miteinander. Nel verstand nicht viel von dem Fußballjargon, sie konnte nur die Gesprächsfetzen nachvollziehen, die sich um den schrecklichen Zustand der Gebäude drehten.
»Die Duschen sind so schlecht, dass die Spieler sich aufwärmen können, indem sie hin und her rennen, um die Tropfen zu erwischen«, bemerkte jemand.
»Ja, und das Wasser ist ganz braun von Rost. Unser Kevin hat mal hier in der Juniormannschaft gespielt. Ich glaube nicht, dass sich seither etwas verändert hat.«
»Hey, es geht los!«
Mit Suzy an ihrer Seite, die ihr alles erklärte, fand Nel unerwartet Gefallen an dem Spiel. Sie geriet aus dem Häuschen, wenn ein Tor geschossen wurde, und obwohl sie nicht in die Sprechgesänge einfiel (alle anderen schienen den Wortlaut zu kennen, noch bevor die ersten Rufe laut
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