Geschenke aus dem Paradies
kommen nicht zu spät, Nel«, sagte eine Frau von über siebzig Jahren, eine Stütze des Hospizes und eine gute Freundin von Nel. »Wir warten noch auf Vivian und natürlich auf unseren Rechtsberater.«
Rechtsberater? Deshalb also war Jake hier. Aber warum?
»Wozu brauchen wir Ja... einen Rechtsberater? Ich dachte, wir wollten über den Verlust unseres Einkommens durch den Bauernmarkt reden? Wohlgemerkt, ich neige zu vorsichtigem Optimismus, dass wir einen neuen Standort finden werden, vorausgesetzt, wir können die Vorschriften erfüllen.« Als hätte Nel nicht ohnehin schon genug um die Ohren gehabt, hatte sie mögliche neue Standorte ausgekundschaftet und sich einige notiert, die in die engere Wahl kamen: Keiner jedoch war so reizvoll wie Paradise Fields. »Also, warum meinen Sie, dass man einen ... Rechtsbeistand hinzugezogen hat?«
»Vielleicht wird er uns erzählen, wie wir unsere Einkünfte vergrößern können.«
»Das glaube ich nicht! Er ist der Anwalt der Hunstantons! Ich bin ihm draußen gerade begegnet«, fügte sie hinzu. Nel war zutiefst niedergeschlagen. Warum war er hier, warum tauchte er in allen Bereichen ihres Lebens auf, wie eine finstere, zum Verzweifeln attraktive Nemesis, die es ihr unmöglich machte, normal zu funktionieren? Sie unterdrückte ein Seufzen. Sie würde es bald genug in Erfahrung bringen.
Vivian und Jake kamen zusammen herein. Beide lachten laut. Für den Bruchteil einer Sekunde wusste Nel, was Eifersucht war, als sie ihre beste Freundin so sah. Jünger und unendlich hübscher, als sie selbst es je gewesen war, scherzte Vivian mit einem Mann, den Nel mit jeder Faser ihres Seins begehrte, selbst als sie ihm Kuchen auf sein Hemd geschmiert hatte.
Nel fingerte an den Papieren herum, die vor ihr lagen. Wenn Jake und Vivian einander wollten, konnte sie nichts dagegen tun. Vivian würde sich vielleicht zurückhalten, wenn Nel sie darum bat, aber welchen Sinn hätte das? Jake würde Nel nie wieder ansehen, nachdem er Vivian kennen gelernt hatte, die, wie Nel bekümmert dachte, heute einen besonders liebreizenden Anblick bot.
Zu Nels gewaltiger Erleichterung konnten die beiden nicht nebeneinander Platz nehmen, was sie Chris Mowbray verdankte, dem Vorsitzenden des Ausschusses. Chris Mowbray, ein Mann in mittleren Jahren, war früher einmal ein großes Tier in der City gewesen, war dann aber frühzeitig in Pension gegangen, sodass er ein großes Tier in Sachen gute Werke werden konnte. Jetzt stand er auf, um Jake zu begrüßen, wobei er Nels Empfinden nach ein wenig zu viel Unterwürfigkeit an den Tag legte.
Nel und Vivian hatten Chris Mowbray nie besonders gemocht. Kaum war er in der Stadt angekommen, hatte er sich in jedem Ausschuss wichtig gemacht und war in diesem hier mit bemerkenswerter Geschwindigkeit zum Vorsitzenden aufgestiegen. Das Problem war, so hatte es seinerzeit geheißen, dass Leute für solche Positionen nicht leicht zu finden waren. Daher wurde jeder, der dazu bereit war, auch prompt gewählt.
Jetzt führte er Jake zu dem Stuhl neben seinem. Nel konnte sehen, dass er die Lippen bewegte, aber sie verstand nicht, was er sagte. Jake fing Nels Blick auf und bedachte sie mit einem schiefen Grinsen. Es hätte abermals »Tut mir Leid« bedeuten können.
Nel sah auf ihre Papiere hinunter, um ihr eigenes Grinsen zu verbergen. Es war noch zu früh, um ihm zu verzeihen, aber wie selbstgefällig Jake auch sein mochte, wie sehr ihm die anderen Ausschussmitglieder schmeichelten (die offensichtlich ein wenig überrascht waren, ihn ohne Krawatte zu sehen und dafür mit einer Vielzahl von Fettflecken auf seinem Hemd und seinem Anzug), die Tatsache blieb bestehen, dass er so aussah, als hätte ihm jemand eine Torte an den Kopf geworfen. Was natürlich der Fall war.
»Sind wir alle da?«, fragte der Vorsitzende. »Ich denke, wir fangen am besten an. Würden Sie bitte in dem Buch, das ich herumgehen lasse, Ihre Anwesenheit bestätigen?«
Nels Nachbarin reichte ihr das kleine, gebundene Notizbuch, und sie trug ihren Namen ein, wobei sie bemerkte, dass sie immer noch Kuchenreste unter den Fingernägeln hatte.
»Also, dies ist eine außerordentliche Sitzung. Haben wir alle unsere Finanzberichte dabei?«
Nel wurde bewusst, dass sie ihren vergessen hatte. Sie war zu sehr damit beschäftigt gewesen, den Kuchen in den Wagen zu schaffen, um an die Unterlagen auf dem Küchentisch zu denken. Ihre Nachbarin schob ihren eigenen Bericht ein Stück zu ihr herüber, sodass Nel mit
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