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Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Titel: Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Kunze
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blöde oder traurige Sachen passierten. Gestern hatte meine Mutter angerufen. Sie und Mama hatten lange telefoniert.
    »Es ist wirklich schrecklich, Durchlaucht. Ich werde den Hofnarren rufen, damit er die Prinzessin aufheitert. Hofnarr! Hofnarr! Komm sofort herein!«
    Nach Grimmbarts Rufen stolperte der Hofnarr auf die Bühne.
    »Guten Morgen, Prinzessin, ich hoffe, Ihr habt etwas Hübsches geträumt heute Nacht?«, fragte der Hofnarr.
    »Ich mag keine Träume«, sagte ich, ohne eine Miene zu verziehen.
    Ich versuchte, mich ein bisschen auf der Bühne umzusehen, ohne dabei den Kopf zu bewegen. Der Schnürsenkel von Olivers rechtem Schuh war anscheinend aufgegangen. Dummerweise stand er auch noch mit dem linken Fuß auf dem offenen Schnürsenkel. Er schien das allerdings noch nicht gemerkt zu haben. Als nächstes sollte Grimmbart dem Hofnarren einen Tritt in den Hintern geben, damit er mich endlich aufheiterte. Oje, hoffentlich ging das gut!
    »Na los, mach schon! Mach ein paar Faxen und heitere die …«, rief Grimmbart. Beim Versuch, für den Tritt auszuholen, riss ihn seine Bewegung aus dem Gleichgewicht und er stolperte über seine eigenen Füße. Er konnte sich gerade noch mit der rechten Hand auf dem kleinen Tischchen zwischen den beiden Thronen abstützen. Ich sah es schon wie in Zeitlupe, bevor es überhaupt passierte, und dann passierte es tatsächlich genau so: Der Trinkpokal geriet ins Wanken und der Zaubertrank – in echt war es natürlich bloß Wasser – spritzte direkt auf Olis Hose! Oli war kurz durcheinander, dann brüllte er den Hofnarren an. Mit einem erfundenen Text.
    »Hofnarr! Wenn du nicht augenblicklich einen Witz erzählst, wirst du entlassen!«
    Frank und ich sahen zu Oli/Grimmbart hinüber. Der Zaubertrank aus dem Pokal hatte die ganze Vorderseite seiner Hose nass gemacht. Er sah aus, als hätte er sich in die Hose gepinkelt! Das war fast wie bei »Dick und Doof«! Ich blickte zu Frank und sah, dass er gleich platzen würde. Ich wusste: Nur noch ein paar Sekunden und er würde vor Lachen losprusten. Ich fand Frank total süß, aber zusammenreißen konnte er sich nicht, das wusste ich aus all den Kindergottesdiensten, während denen er nicht hatte aufhören können, mit mir zu tuscheln.
    Ich sah schnell weg und dachte nur: Zusammenreißen, zusammenreißen, zusammenreißen! Welche Textstelle würde uns aus dem Schlamassel retten? »Ein echter Schauspieler spielt immer weiter, egal was passiert«, hatte uns Günter, der Leiter unserer Theatergruppe, gesagt.
    Frank prustete los. Auch im Publikum hatten schon ein paar Leute angefangen zu lachen.
    »Ich mag keine Witze!«, sagte ich todernst.
    »Dann vielleicht eine Grimasse?«, nahm der Hofnarr den Faden dankbar wieder auf.
    »Ich mag keine Grimassen.« Puh! Das war geschafft. Wir waren wieder im Spiel und in dem normalen Text des Theaterstücks. Jetzt konnten wir einfach mit den Sätzen, die wir auswendig gelernt hatten, weitermachen. Franks Lachen wurde leiser und Oli sah auch wieder ganz normal aus. Er ignorierte seine nasse Hose einfach so gut es ging.
    Nach der Aufführung des Stücks kam der Applaus. Ich fand es immer toll, auf der Bühne zu stehen. Alle sahen mir zu. Und alle hörten mir zu! Und dann klatschten auch noch alle. Ich strahlte. Zusammen mit Frank und Oli kam ich durch einen der seitlich angebrachten schwarzen Vorhänge hinter der Bühne hervor. Ich sah mich um. Mama und Papa standen mit Freunden vor dem Gemeindesaal. Ich lief zu ihnen und Papa nahm mich in den Arm. Er sagte:
    »Janine, wie hast du es denn bloß die ganze Zeit geschafft, nicht zu lachen? Ohne mit der Wimper zu zucken! Wie eine echte Schauspielerin. Das war großartig! Ich bin so stolz auf dich!«
    Papa fand es immer toll, wenn ich bei den Theater- oder Musicalaufführungen der Gemeinde mitspielte. Ich mochte auch den Chor und die Flötengruppe, aber am liebsten waren mir die Theater- und Musicalstücke.
    Ich hüpfte auf und ab: »Das hat so Spaß gemacht! Und es war gar nicht schwierig.«
    Mama gab mir einen Kuss, lächelte und sagte:
    »Sammle deine Geschwister ein und dann lass uns nach Hause gehen. Nach der ganzen Aufregung habt ihr sicher alle Hunger.«
    Das hatte ich tatsächlich. Heute war Sonntag und die Aufführung hatte direkt nach der Sonntagsmesse stattgefunden.
    Es gab wie fast immer sonntags Braten mit selbstgemachten Knödeln und Rahmgemüse. Es schmeckte super und alle außer Mama, die mal wieder auf ihr Gewicht achtete, schlugen sich die

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