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Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition)

Titel: Geschenkte Wurzeln: Warum ich mit meiner wahren Familie nicht verwandt bin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janine Kunze
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immer Geschichten von ihr hören. Was sie angehabt hatte, was wir gemacht hatten, wenn ich mal am Wochenende bei ihr gewesen war. Ich hatte ihr erzählt, dass sie mir immer super Klamotten kaufte, dass wir Taxi fuhren, wann immer sie Lust dazu hatte, und chinesisch oder italienisch essen gingen. Und, dass ich Fernsehen durfte, wann ich wollte. Sogar Videos anschauen.
    »Und, wie war die Hochzeit? Wie sah ihr Kleid aus?«, fragte Steffi. Die Jungs hatten sich wieder nach vorne gedreht.
    »Äh, keine Ahnung, ich war ja gar nicht dabei«, antwortete ich. Meine Mutter hatte ja nur angerufen und mir erklärt, dass sich ihr und mein Name zum 1.September geändert hatten, weil sie meinen Vater geheiratet hatte. Und dass sie mich nächstes Wochenende abholen und wir alle zusammen was Tolles machen würden. Dass er mein Vater war, wussten wir jetzt seit drei Monaten, da hatte ich diesen blöden Test gemacht. Seitdem war ich zwei oder dreimal bei ihnen gewesen am Wochenende.
    »Ich konnte nicht, ich war krank«, log ich für alle Fälle.
    Mittlerweile hatte die Stunde angefangen. Unsere Kunstlehrerin ging langsam durch die Reihen, sah sich unsere Hausaufgaben an und blieb ab und zu stehen, um leise etwas zu erklären oder jemanden zu loben. Währenddessen hatten wir alle begonnen, das Bild einer Mohnblume abzuzeichnen, das mit einem Dia an die Wand über der Tafel geworfen wurde.
    »Kommst du eigentlich auf deine Mutter? Deinen Eltern siehst du ja gar nicht ähnlich«, fragte Steffi leise. Steffi und ihre Eltern waren in der gleichen Kirchengemeinde wie wir, wir sahen uns deshalb öfter mal am Sonntag in der Messe.
    »Doch, ich seh meinem Papa voll ähnlich, der hat doch auch blonde Haare und blaue Augen!«, antwortete ich. »Willst du jetzt meine Hausaufgabe sehen?«
    Steffi nickte und ich blätterte in meinem Heft bis zur heutigen Hausaufgabe und deutete auf die Glockenblume. Sie nahm das Heft und sah sich meine Glockenblume und das Gänseblümchen an.
    »Sieht voll super aus. Schöner als mein Bild«, sagte sie.
    Ich nahm mir ihr Heft von ihrer Seite der Bank und schlug es auf. Sie hatte recht. Es hatte sich gelohnt, dass ich Kerstin um Hilfe gebeten hatte.
    Die Lehrerin näherte sich und wir tauschten die Hefte zurück. Ich klappte meins zu. Janine Schuster, Klasse5a, stand da. Götz hatte mir besser gefallen. Vor allem, weil auch Oma so hieß. Jetzt hatten wir nicht mehr den gleichen Namen.
    Für Janine von Kazim stand auf dem zusammengefalteten Zettel, den Mathias zehn Minuten später an Steffi nach hinten gegeben hatte und Steffi jetzt zu mir rüberschob. Oh nein, nicht Kazim!, dachte ich nur. Steffi hatte mir letzte Woche schon erzählt, dass Kazim ihr gesagt hätte, er wäre total in mich verknallt. Ich faltete den Zettel auf.
    Liebe Janine, willst du mit mir gehen? Kazim
    Ich verdrehte die Augen und hoffte, dass Steffi es gesehen hatte. Nicht, dass die dachte, ich fände Kazim süß. Ich stupste sie an und hielt ihr den Zettel hin. Sie las ihn, zur Sicherheit verdrehte ich noch mal die Augen und wir mussten beide anfangen zu kichern. Kazim nervte! Echt!
    Unten auf dem Zettel war noch etwas Platz. Ich überlegte. Dann nahm ich den Bleistift, mit dem ich gerade gezeichnet hatte, und schrieb: Nein, danke. Ich möchte gerade keinen Freund haben. Janine
    Ich faltete den Zettel wieder zusammen und ließ ihn über Steffi und Mathias zurück zu Kazim wandern. Ich sah, wie Kazim den Zettel mit seiner Handfläche bedeckte, zu sich rüberschob und unter die Bank gleiten ließ. Er faltete ihn auf und las. Sein Nacken spannte sich an. Seine Schultern hoben sich ein bisschen. Plötzlich drehte er sich um. Er sah total wütend aus und hatte rote Flecken auf den Wangen. Völlig ohne Vorwarnung schrie er:
    »Du hast doch noch nicht mal richtige Eltern, du kannst doch froh sein, wenn überhaupt einer was von dir will!«
    In der Klasse war es plötzlich mucksmäuschenstill. Die Lehrerin starrte zu uns herüber. Ich wollte irgendetwas sagen, aber meine Kehle war wie zugeschnürt. Mir fiel überhaupt nichts ein und ich fühlte mich wie gelähmt. Niemand sagte ein Wort. Ich nahm mein Heft, meinen Malblock und meine Stifte und stopfte alles so schnell ich konnte in meinen Schulranzen. Ich schnappte mir im Gehen meine Jacke von der Stuhllehne und rannte aus dem Klassenzimmer und die Treppe hinunter.
    »Janine, warte!«, rief meine Kunstlehrerin hinter mir.
    Ich hörte ihre Schritte. Und lief einfach weiter. Im Erdgeschoss hatte sie mich

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