Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
Sowjet stand, der eine ganze Reihe von Regierungsfunktionen erfüllte ... Wesentlich ist, daß hinter Sowjet und Regierung zwei verschiedene Regimes standen, die sich auf verschiedene Klassen stützten ... Das von oben angepflanzte Regime der kapitalistischen Republik und das von unten herangewachsene Regime der Arbeiterdemokratie paralysierten einander."
    Es ist ganz unzweifelhaft, daß das Zentral-Exekutivkomitee den Löwenanteil seiner Bedeutung verloren hatte. Doch wäre es falsch zu glauben, die Bourgeoisie hätte alles gewonnen, was die Versöhnlerspitzen eingebüßt hatten. Die letzteren verloren nicht nur an rechts, sondern auch an links, nicht nur zugunsten der Militärcliquen, sondern auch zugunsten der Fabrik- und Regimentskomitees. Die Macht dezentralisierte sich, zerbröckelte, verkroch sich teilweise unter die Erde wie jene Waffe, die der Arbeiter nach der Juliniederlage versteckte. Die Doppelherrschaft hörte auf, "friedlich", "kontaktierend", regulierend zu sein. Sie wurde unterirdischer, dezentralisierter, polarer und explosiver. Ende August verwandelte sich die verborgene Doppelherrschaft wieder in eine aktive. Wir werden sehen, welche Bedeutung diese Tatsache im Oktober gewonnen hat.

Kapitel 14: Letzte Koalition
    Traditionsgemäß unfähig, einem ernsthafteren Stoß standzuhalten, fiel die Provisorische Regierung, wie wir uns erinnern, in der Nacht auf den 26. August auseinander. Es traten die Kadetten aus um Kornilow die Arbeit zu erleichtern. Es traten die Sozialisten aus, um Kerenski die Arbeit zu erleichtern. Eine neue Regierungskrise begann. Vor allem ging die Frage um Kerenski selbst: das Regierungshaupt hatte sich als Mitbeteiligter an der Verschwörung entpuppt. Die Empörung gegen ihn war so groß, daß bei Erwähnung seines Namens die Versöhnlerführer jeden Augenblick zum bolschewistischen Vokabular greifen mußten. Tschernow, soeben in voller Fahrt aus dem Ministerzug hinausgesprungen, schrieb im Zentralorgan seiner Partei über den "Wirrwarr, bei dem man nicht klug wird, wo Kornilow aufhört und Fi-lonenko und Sawinkow beginnen, wo Sawinkow aufhört und die Provisorische Regierung als solche beginnt". Die Anspielung war klar genug: "die Provisorische Regierung als solche" - das war ja Kerenski, der mit Tschernow einer Partei angehörte.
    Doch während sie ihre Seele durch starke Ausdrücke erleichterten, kamen die Versöhnler zu dem Schluß, ohne Kerenski nicht auskommen zu können. Hatten sie Kerenski gehindert, Kornilow zu amnestieren, so beeilten sie sich selbst, Kerenski Amnestie zu erteilen. Als Kompensation erklärte er sich zu einer Konzession in der Frage der Regierungsform Rußlands bereit. Noch gestern galt, daß diese Frage nur die Konstituierende Versammlung lösen könne. Jetzt traten die juristischen Hindernisse jäh zurück. Kornilows Absetzung wurde in der Regierungsproklamation mit der Notwendigkeit "der Rettung der Heimat, der Freiheit und des republikanischen Regimes" erklärt. Der nur in Worten vollzogene und außerdem verspätete Ruck nach links konnte selbstverständlich die Autorität der Regierung nicht festigen, um so weniger, als auch Kornilow sich für einen Republikaner ausgegeben hatte.
    Am 30. August mußte Kerenski Sawinkow entlassen, den man einige Jage später sogar aus der allumfassenden sozialrevolutionären Partei ausschloß. Jedoch wurde zum Generalgouverneur der politisch Sawinkow gleichwertige Paltschinski ernannt, der damit begann, daß er die Zeitung der Bolschewiki verbot. Die Exekutivkomitees protestierten. Die fc-westja bezeichneten den Akt als "gröblichste Provokation". Paltschinski mußte nach drei Tagen entfernt werden. Wie wenig Kerenski die Absicht hatte, überhaupt seinen politischen Kurs zu ändern, beweist die Tatsache, daß er bereits am 31. an die Formierung einer neuen Regierung unter Hinzuziehung der Kadetten schritt. Darauf konnten sogar die Sozialrevolutionäre nicht eingehen: sie drohten, ihre Vertreter abzuberufen. Ein neues Regierungsrezept wurde von Zere-telli entdeckt: "Die Idee der Koalition aufrechterhalten, aber alle Elemente, die als schwere Last die Regierung bedrük-ken, hinwegfegen." - "Die Koalitionsidee hat sich gefestigt", stimmte Skobeljew ein, "doch kann es in der Regierung keinen Platz geben für jene Partei, die mit Kornilows Verschwörung verknüpft war." Kerenski war mit dieser Einschränkung nicht einverstanden, und er hatte auf seine Art recht.
    Eine Koalition mit der Bourgeoisie, doch unter Ausschluß

Weitere Kostenlose Bücher