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Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
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fort, sich scharf nach unten zu neigen. Regierung, Zentralexekutivkomitee und bald auch das neugeschaffene Vorparlament registrierten Tatsachen und Symptome des Verfalls als Argumente gegen Anarchie, Bol-schewiki, Revolution. Aber sie besaßen auch nicht den Schimmer eines Wirtschaftsplanes. Das der Regierung angeschlossene Organ zur Wirtschaftsregulierung unternahm keinen einzigen ernsthaften Schritt. Die Industriellen schlossen die Betriebe. Der Eisenbahnverkehr wurde wegen Kohlenmangel eingeschränkt. In den Städten verstummten die Elektrizitätswerke. Die Presse heulte über die Katastrophe. Die Preise stiegen. Die Arbeiter streikten Schicht um Schicht, trotz den Warnungen seitens Partei, Sowjets und Gewerkschaften. Konflikte vermieden nur jene Schichten der Arbeiterklasse, die bereits bewußt der Umwälzung entgegengingen. Am ruhigsten blieb wohl Petrograd.
    Durch Ignorierung der Massen, leichtfertige Gleichgültigkeit für deren Nöte, herausfordernde Phrasen als Antwort auf Protest und Verzweiflungsschreie brachte die Regierung alle gegen sich auf Es schien, als suche sie absichtlich Konflikte. Die Arbeiter und Angestellten der Eisenbahn forderten nun fast seit der Februarumwälzung Gehaltserhöhung. Kommissionen lösten einander ab, niemand gab Antwort, man zerrte den Eisenbahnern die Seele aus dem Leib. Die Versöhnler beschwichtigten, die Eisenbahnerexekutive bremste. Doch am 24. September kam die Explosion zum Ausbruch. Nun erst besann sich die Regierung, den Eisenbahnern wurden einige Zugeständnisse gemacht, und der Streik, der bereits große Teile des Eisenbahnnetzes erfaßt hatte, wurde am 27. September abgebrochen.
    August und September gestalteten sich zu Monaten rapider Verschlechterung des Verpflegungszustandes. Schon in den Kornilowtagen war die Brotration in Moskau und Petrograd bis auf ein halbes Pfund täglich gekürzt worden. Im Moskauer Kreis gab es nicht über zwei Pfund pro Woche. Wolgagebiet, Süden, Front und näheres Hinterland - alle Landesteile machten eine scharfe Lebensmittelkrise durch. Im Textilbezirk bei Moskau fingen einige Fabriken bereits im buchstäblichen Sinne des Wortes zu hungern an. Arbeiter und Arbeiterinnen der Smirnowfabrik - der Besitzer war gerade in jenen Tagen als Staatskontrolleur in das neue Koalitionsministerium berufen worden - demonstrierten im benachbarten Orechowo-Sujewo mit Plakaten: "Wir hungern." "Unsere Kinder hungern." "Wer nicht mit uns ist, ist gegen uns." Die Arbeiter von Orechowo und die Soldaten des örtlichen Kriegslazaretts teilten mit den Demonstranten ihre spärlichen Rationen: das war eine andere, gegen die der Regierung sich anbahnende Koalition.
    Die Zeitungen registrierten täglich immer neue und neue Herde von Zusammenstößen und Meutereien. Es protestierten Arbeiter, Soldaten, das kleine Stadtvolk. Die Soldatenfrauen verlangten Erhöhung der Unterstützungen, Wohnungen, Holz für den Winter. Die Schwarzhundert-Agitation suchte im Hunger der Massen Nahrung zu finden. Das Moskauer Kadettenblatt Russkije Wedomosti (Russische Nachrichten), in alter Zeit eine Mischung von Liberalismus und Volkstümlerei, blickte jetzt mit Haß und Ekel auf das echte Volk. "Über ganz Rußland hat sich eine breite Welle von Unruhen ergossen ...", schrieben die liberalen Professoren. "Das Elementare und Sinnlose der Pogrome ... erschwert am meisten den Kampf gegen sie ... Zu Unterdrückungsmaßnahmen zu greifen, die bewaffnete Macht einzusetzen ...
    aber gerade diese bewaffnete Macht, in Person von Soldaten der Lokalgarnisonen, spielt die Hauptrolle bei den Pogromen ... Der Haufe ... geht auf die Straße und beginnt sich als Herr der Lage zu fühlen."
    Der Saratower Staatsanwalt berichtete dem Justizminister Maljantowitsch, der sich in der Epoche der ersten Revolution zu den Bolschewiki gezählt hatte: "Das Hauptübel, gegen das anzukämpfen man keine Kräfte besitzt, sind die Soldaten ... Selbstjustiz, eigenmächtige Verhaftungen und Haussuchungen, allerhand Requisitionen, all das wird in den meisten Fällen durchgeführt, entweder ausschließlich von Soldaten oder unter deren unmittelbarer Beteiligung." In Saratow selbst, in den Kreisstädten, Dörfern "von keiner Seite Hilfe für die Gerichtsbehörde". Der Staatsanwaltschaft reicht die Zeit nicht, die Verbrechen zu registrieren, die das Volk begeht.
    Die Bolschewiki machten sich keine Illusionen über jene Schwierigkeiten, die ihnen zugleich mit der Machtübernahme entstehen würden. "Indem wir die Losung

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