Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution
zugrunde." Nein, die Revolution ist weit vom Zugrundegehen. Sie bahnt sich nur ein tieferes Bett. Ihre rasende Wasser nähern sich der Mündung.
In der Nacht auf den 8. Oktober rufen die Bauern des Dorfes Sytschewka im Gouvernement Tambow, mit Knütteln und Heugabeln von Hof zu Hof gehend, groß und klein zusammen, um den Gutsbesitzer Romanow zu plündern. In der Gemeindeversammlung schlägt eine Gruppe vor, das Gut auf geordnetem Wege wegzunehmen, das Inventar unter die Bevölkerung zu verteilen und die Gebäude für Kulturzwecke zu erhalten. Die Armut fordert, den Gutshof niederzubrennen, daß kein Stein auf dem anderen bleibt. Die Armut ist in Mehrzahl. In der gleichen Nacht erfaßte ein Flammenmeer die Güter der ganzen Gemeinde. Es wurde alles eingeäschert, was nicht feuerfest war, sogar das Versuchsfeld; das Zuchtvieh wurde abgeschlachtet, "man soff bis zum Wahnsinn". Das Feuer griff von Dorfgemeinde auf Dorfgemeinde über. Das bastbeschuhte Heer begnügt sich bereits nicht mehr mit den patriarchalischen Heugabeln und Sensen. Der Gouvernementskommissar telegraphiert "Bauern und unbekannte Personen, bewaffnet mit Revolvern und Handgranaten, plündern die Güter im Ranenburger und Rjaschker Kreise." Die hohe Technik hat der Krieg in den Bauernaufstand hineingebracht. Der Bund der Bodenbesitzer meldet, in drei Tagen seien vierundzwanzig Güter niedergebrannt worden. "Die Lokalbehörden sind ohnmächtig, die Ordnung wieder herzustellen." Mit Verspätung trifft eine vom Armeebefehlshaber abkommandierte Militärabteilung ein, Belagerungszustand wird verhängt, Versammlungen werden verboten, die Verhaftung der Rädelsführer geht vor sich. Die Gräben sind angefüllt mit Sachen aus Gutshäusern, die Flüsse verschlingen nicht wenig Geraubtes.
Der Pensaer Bauer Begischew erzählt: "Im September führen alle, das Gut Logwin zu plündern (es war auch schon 1905 geplündert worden), zum Gut, und vom Gute zogen sich Karawanen von Gespannen, Hunderte von Bauern und Dorfweibern trieben und führten Vieh weg, fuhren mit Getreide und so weiter davon." Die von der Semstwoverwal-tung angeforderte Soldatenabteilung versuchte einiges von dem Geplünderten zu retten, aber es versammelten sich in der Gemeinde etwa fünfhundert Weiber und Bauern, und die Abteilung "entfernte sich". Die Soldaten waren offenbar gar nicht so darauf erpicht, die verletzten Gutsherrenrechte wiederherzustellen.
Seit Ende September begannen die Bauern im Taurischen Gouvernement nach den Erinnerungen des Bauern Hapo-nenko "Ökonomien zu plündern, Inspektoren wegzujagen, Korn aus den Speichern, Arbeitsvieh, totes Inventar wegzuholen ... Sogar Fensterläden, Türen der Gebäude, Fußböden aus den Zimmern, Zinkdächer wurden abgerissen und weggenommen" ... "Anfangs kam man nur zu Fuß, nahm und trug davon", erzählt der Minsker Bauer Grunjko, "dann spannte Pferde an, wer welche hatte, und ganze Wagenzüge führten Ladungen weg. Unermüdlich ... So, wie man um 12 Uhr mittags begann, fuhr und trug man zwei Tage und Nächte ohne Rast. In diesen achtundvierzig Stunden säuberte man alles restlos." Die Aneignung von Gut und Habe wurde, nach den Worten des Moskauer Bauern Kusmitschew, folgendermaßen verteidigt: "Das war unser Gutsbesitzer, wir haben für ihn gearbeitet, und das Vermögen, das er hatte, muß uns allein gehören." Ehemals sagte der Adlige dem Leibeigenen: "Ihr seid mein, und was ihr habt, ist mein." Jetzt hallte es von den Bauern wider: "Unser der Herr, und unser sein Hab und Gut."
"In einigen Orten begann man, die Gutsbesitzer nachts aufzustören", erinnert sich ein anderer Minsker Bauer, Nowi-kow. "Immer häufiger brannten Gutshöfe." Die Reihe kam an das Gut des Großfürsten Nikolai Nikolajewitsch, des ehemaligen Höchstkommandierenden. "Als man alles weggenommen hatte, was wegzunehmen war, ging man daran, die Öfen abzureißen, die Ofenklappen runterzuholen, Fußböden und Bretter rauszutragen und all das heimzuschleppen" ... Hinter diesen Demolierungstaten stand die uralte, Jahrtausende alte Berechnung aller Bauernkriege: bis auf den
Boden die befestigten Positionen des Feindes vernichten, keinen Platz übriglassen, wo er sein Haupt hinlegen könnte. "Die Vernünftigeren", erinnert sich der Kursker Bauer Zygankow, "sagten: "Man darf die Gebäude nicht vernichten, wir werden sie nötig haben ... für Schulen und Krankenhäuser", in der Mehrzahl aber gab es solche, die schrien, daß man alles vernichten müsse, damit für jeden Fall unsern
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