Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution

Titel: Geschichte der russischen Revolution Bd.2 - Oktoberrevolution Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Trotzki
Vom Netzwerk:
unter das grüne Tuch verstecken, wie es die Beratung mit der Deklaration der Bolschewiki getan hatte. Als die Stadt sich in Dunkelheit hüllte, erkannte ganz Rußland die bolschewistische Hand am Stromschalter. Nein, Petrograd ist nicht isoliert "In Moskau, auf dessen patriarchalisches Wesen und dessen Demut so viele gehofft hatten, fletschten die Arbeiterbezirke ganz unerwartet die Zähne", so kennzeichnete die Bedeutung des Tages Suchanow. In Abwesenheit der Bolschewiki, aber im Zeichen der gefletschten Zähne der proletarischen Revolution war die Koalitionsberatung zu tagen gezwungen.
    Die Moskauer spotteten: Kerenski sei zu ihnen "zur Krönung" gekommen. Doch am nächsten Tage traf aus dem Hauptquartier mit dem gleichen Ziele Kornilow ein, empfangen von zahlreichen Delegationen, darunter auch einer der Kirchenversammlung. Auf den Perron sprangen aus dem einlaufenden Zuge Tekiner in langen grellroten Mänteln mit gezückten Krummsäbeln und stellten sich in Doppelreihen auf. Begeisterte Damen bewarfen den Helden, der Wachen und Deputationen abschritt, mit Blumen. Der Kadett Roditschew schloß seine Begrüßungsrede mit dem Ruf: "Retten Sie Rußland, und das dankbare Volk wird Sie krönen." Patriotische Schluchzer ertönten. Die vielfache Millionärin und Kaufmannsfrau Morosow fiel in die Knie. Offiziere trugen Kornilow auf den Händen zum Volke. Während der Höchstkommandierende die Front der Georgskavaliere, Junker, Fähnrichsschüler, Kosakenhundertschaft auf dem Platz vor dem Bahnhof abschritt, nahm Kerenski als Kriegsminister und Rivale die Truppenparade der Moskauer Garnison ab. Vom Bahnhof begab sich Kornilow, den Spuren der Zaren folgend, zum Iwerschen Heiligenbild, vor dem ein Gottesdienst abgehalten wurde in Gegenwart einer Eskorte von muselmanischen Tekinern mit gigantischen kaukasischen Pelzmützen. "Dieser Umstand", schreibt über den Gottesdienst der Kosakenoffizier Grekow, "hat das gesamte gläubige Moskau noch mehr für Kornilow eingenommen." Die Konterrevolution war unterdessen bemüht, die Straße für sich zu gewinnen. Aus Automobilen verteilte man großzügig Kornilows Biographie mit seinem Porträt. Die Mauern waren mit Plakaten beklebt, die das Volk zur Hilfeleistung für den Helden aufriefen. Wie ein Herrscher empfing Kor-nilow in seinem Waggon Politiker, Industrielle und Finanzleute. Vertreter der Banken erstatteten ihm Bericht über die Finanzlage des Landes. "Von allen Dumamitgliedern", schreibt bedeutungsvoll der Oktobrist Schidlowski, "begab sich zu Kornilow in den Zug nur Miljukow, der mit ihm eine Unterredung hatte, deren Inhalt mir nicht bekannt ist." Über dieses Gespräch werden wir später durch Miljukow selbst erfahren, was zu berichten er für notwendig halten wird.
    Die Vorbereitung der Militärumwälzung war zu dieser Zeit bereits in vollem Gange. Einige Tage vor der Beratung hatte Kornilow, unter dem Vorwand der Hilfeleistung für Riga, befohlen, für den Marsch auf Petrograd vier Kavalleriedivisionen in Bereitschaft zu halten. Das Orenburger Kosakenregiment war vom Hauptquartier nach Moskau entsandt worden "zur Sicherung der Ordnung", wurde aber auf Kerenskis Befehl unterwegs aufgehalten. In seinen späteren Angaben vor der Untersuchungskommission in Sachen Kornilow sagte Kerenski aus: "Wir erhielten die Nachricht, daß während der Moskauer Beratung die Diktatur proklamiert werden würde." So beschäftigten sich in den feierlichen Tagen der nationalen Einheit Kriegsminister und Höchstkommandierender mit strategischen Truppenverschiebungen gegeneinander. Doch das Dekorum wurde nach Möglichkeit gewahrt. Die Beziehungen der beiden Lager schwankten zwischen offiziell freundschaftlichen Versicherungen und Bürgerkrieg.
    In Petrograd wurden trotz der Zurückhaltung der Massen - die Julierfahrung war nicht spurlos geblieben - von oben, aus Stäben und Redaktionen, mit toller Beharrlichkeit Gerüchte verbreitet über einen bevorstehenden Aufstand der Bolschewiki. Die Petrograder Parteiorganisationen warnten in einem offenen Aufruf die Massen vor der Möglichkeit provokatorischer Appelle seitens der Feinde. Der Moskauer Sowjet traf inzwischen seine Maßnahmen. Es wurde ein nichtöffentliches revolutionäres Komitee aus sechs Personen geschaffen, je zwei Delegierte von jeder Sowjetpartei einschließlich der Bolschewiki. Durch einen Geheimbefehl wurde verboten, auf dem Weg, den Kornilow zu passieren hatte, Spaliere aus Georgsrittern, Offizieren und Junkern aufzustellen. Den

Weitere Kostenlose Bücher