Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Geschichte des Kapitalismus

Geschichte des Kapitalismus

Titel: Geschichte des Kapitalismus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
Vom Netzwerk:
Südostasien, Indien, Brasilien) nach Europa und Nordamerika, aber auch die Auslandsinvestitionen der früh industrialisierten Länder boomten, wobei Finanzen und Versicherungen den Löwenanteil abbekamen. Wie der Investor George Soros 1998 schrieb: «Das System begünstigt das Finanzkapital, das sich aussuchen kann, wohin es sich wenden will…. Man kann es sich als ein gigantisches Zirkulationssystem vorstellen. Das Finanzkapital ist auf den Fahrersitz gesetzt worden.» Jürgen Stark, lange Chefökonom der Europäischen Zentralbank, urteilte 2011, dass der Finanzsektor seine dienende Rolle längst hinter sich gelassen habe, dass er zu groß und selbst-referentiell geworden sei. Die von England und USA ausgehende, bald international wirksame «neoliberale» Deregulierungspolitik trug dazu kräftig bei, übrigens auch zum exorbitanten Anstieg der Profite der Banker. Um am Boom des Finanzsektors, der allerdings auch in den anderthalb Jahrzehnten vor dem großen Einbruch von 2008 weltweit immer wieder durch regional begrenzte Finanzkrisen unterbrochen wurde (z.B. in den USA Anfang der 90er Jahre, in Mexico 1994/95, in Ostasien und Russland 1987/98, in Argentinien 2001 und in Japan fortlaufend), teilzunehmen, gliederten sich große Industrieunternehmen wie General Motors oder General Electric eigene Finanzdienstleister an, die bald größere Profite einfuhren als das Kerngeschäft selbst.
Investment banks,
Investitionsfonds, außerbörslichePrivate Equity-Gesellschaften und andere Kapitalbeteiligungs-Unternehmen entstanden in großer Zahl. Man spricht von «Finanzialisierung». Ein großer Teil der Kapitalbewegungen diente (und dient) nicht der Investition für produktive Zwecke, sondern der Spekulation, wenngleich beides oft nicht scharf zu trennen ist. Es entstanden große Profite, denen keine Wertschöpfung entsprach. Es stieg die Erwartung auf höchste Gewinne wie auch die Bereitschaft zum großen Risiko. Einzuräumen ist, dass auch der Finanzsektor in sich heterogen war und ist; städtische Sparkassen oder Genossenschaftsbanken blieben dem herkömmlichen Bankgeschäft stärker verhaftet als aggressive Hedge-Fonds, die wie «Heuschrecken» (Franz Müntefering) auch profitabel arbeitende Unternehmen aufkauften, «rationalisierten», ausschlachteten und aufteilten, um sie dann, vielleicht in Teilen, gewinnbringend wieder zu verkaufen und weiter zu ziehen. Aber Ivan Berend hat Recht, wenn er schreibt: «The morals of solid banking, together with trust in institutions were lost. Gambling replaced a solid business attitude and increased both gains and risks. The boom culminated in the first years of the twenty-first century.» Sich selbst überlassen, getrieben von harter Konkurrenz, und weitgehend herausgelöst aus realwirtschaftlichen wie aus sozialen Einbettungen, erwies sich jedenfalls dieser Teil der kapitalistischen Wirtschaft als unfähig zur Entwicklung und Durchsetzung allgemein verträglicher Geschäftsführungsregeln.[ 76 ] Die Mathematisierung und Digitalisierung des Spekulationsgeschäfts tragen dazu bei, dass die Geldmanager nicht nur als Treiber agieren, sondern, abhängig von ihren eigenen Techniken und der immer schärferen Konkurrenz auch zunehmend zu Getriebenen werden.[ 77 ]
    (2) Kredit und damit Schulden kennzeichnen den Kapitalismus von Anfang an. Aber im letzten Viertel des 20. und im ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts hat die Neigung zur Verschuldung in vielen Ländern und Bereichen exorbitant zugenommen. Zum Beispiel: Die Quote der Staatsverschuldung stieg an, und zwar lange bevor die internationale Finanzkrise von 2008 die Staaten zum Zweck der Bankenrettung erneut zur massiven Schuldenaufnahme zwang. Die deutsche Staatsverschuldungsquote(gemessen als Anteil am Bruttosozialprodukt) schwankte von Anfang der 1950er Jahre bis 1975 zwischen 16 und 24 %, doch bis 1985 war sie auf 41 %, 1995 auf 56 % und 2005 auf 69 % geklettert (2011 81 %). Die entsprechenden Zahlen für Frankreich lauten: 16 % (1975), 31 % (1985), 55 % (1995), 67 % (2005) und 86 % (2011). In Schweden nahm die Quote zwischen 1975 und 2005 von 28 % auf 50 % zu (mit einem Zwischenhoch von 84 % im Jahr 1996), in den USA von 33 % auf 68 %, in Brasilien von 30 % auf 69 % und in Japan von 24 % auf 186 %.[ 78 ] Ein zweites Beispiel: Die Sparquote der Amerikaner

Weitere Kostenlose Bücher