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Geschichten von der Bibel

Geschichten von der Bibel

Titel: Geschichten von der Bibel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Köhlmeier
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war die Stimme Gottes wieder da.
    »Wie meinst du das?« fragte sie.
    Und Moses war, als schwinge in ihr ein wenig Unsicherheit, ein wenig Verlegenheit, ja sogar ein wenig Ängstlichkeit mit.
    »Ich meine, ich meine …«, stammelte er, aber es war nicht sein übliches Stammeln, das aus Ähs und Mmms bestand, er stammelte absichtlich. Weil er nämlich eine Frage auf den Lippen hatte, die seinem großen unsichtbaren Gegenüber vielleicht weh tun könnte. Das wollte er nicht. Er wollte Gott nicht weh tun. Aber die Frage wollte er dennoch stellen: »Kann es sein«, formulierte er, »kann es sein, daß das Volk Israel vielleicht schon einen anderen Gott oder gar andere Götter hat?«
    Einen Augenblick lang war es so still, wie es in Moses’ ganzem Leben nie gewesen war.
    Dann sagte Gott leise: »Nicht daß ich wüßte.«
    Moses schämte sich. Ihm fiel das Gespräch mit seinem Schwiegervater Reguel ein, als dieser ihn ins Gebet genommen und zu ihm gesagt hatte: Was ist nur aus dir geworden? Da hatte er geantwortet: Zu einem Menschen in meinem Alter darf man so etwas nicht sagen. Aber gedacht hatte er: Was ist nur aus mir geworden? Und ich, dachte er, bringe Gott in dieselbe Lage, in die mich König Reguel gebracht hat. Gott ist wie ich, dachte Moses, und er staunte darüber nicht im geringsten.
    »Wir machen es so«, sagte Gott schließlich und etwas kleinlaut. »Wenn du in Ägypten bist, dann gehst du zuerst zum Pharao. Du sagst: Das Volk Israel will drei Tagesmärsche in die Wüste ziehen und seinem Gott ein Schlachtopfer darbringen, laß es ziehen. Er wird nein sagen. Aber das macht nichts. Du gehst jeden Tag zu ihm. Irgendwann wird er sich denken, warum eigentlich nicht, warum sollen sie nicht in die Wüste gehen, um ihrem Gott ein Opfer zu bringen. Er wird zustimmen, nur damit er dich nicht mehr jeden Tag sehen muß. Du wirst eine schriftliche Erlaubnis von ihm verlangen, und er wird sie dir geben. Und dann erst trittst du vor das Volk Israel hin und weist das Dokument vor. Das wird die Leute sehr beeindrucken. Sie werden denken, der tut etwas, der redet nicht nur. Dann werden sie an dich glauben und dich zu ihrem Führer machen.«
    »Ja, gut«, sagte Moses, »einige werden dann an mich glauben. Die meisten werden an mich glauben. Aber die meisten haben nichts zu sagen. Nur wenige haben etwas zu sagen. Diese wenigen werden mir vielleicht auch glauben, aber sie werden so tun, als ob sie mir nicht glauben. Denn die anderen werden sie fragen: Warum habt ihr bisher noch keine solche Idee gehabt? Warum muß da erst ein Fremder kommen? Deshalb werden die Anführer des Volkes Israel sagen, es sind blöde Ideen, die der hat, und sie werden sich gegen mich stellen. Was mache ich dann?«
    »Was liegt vor dir auf dem Boden?« fragte Gott.
    »Mein Stab«, sagte Moses. »Es ist der Stab, der aus einem Ast des Baumes der Erkenntnis geschnitzt worden ist. Das ist der Baum, der in der Mitte des Paradieses gestanden hat …«
    »Ich weiß, ich weiß«, unterbrach ihn Gott. »Das tut hier nichts zur Sache.« Gottes Stimme hatte ihre Kraft wiedergewonnen. »Heb diesen Stab auf«, befahl sie, »und dann wirf ihn vor dir auf den Boden!«
    Moses tat es, und der Stab verwandelte sich in eine lebendige Schlange.
    »Wenn sie dir nicht glauben«, sagte Gott, »dann machst du dasselbe vor ihren Augen, vor aller Augen. So, nun faß die Schlange mit deiner Hand!«
    Moses packte die Schlange hinter ihrem Kopf, und da wurde aus der Schlange wieder ein Stab.
    »Was meinst du?« sagte Gott. »Werden sie dir dann glauben oder nicht?«
    »Sie werden mir glauben«, sagte Moses, aber er ließ nicht locker. »Und wenn sie mir, angenommen, immer noch nicht glauben?«
    »Ich habe ein Wunder geschehen lassen!«
    »Das weiß ich«, sagte Moses. »Sie werden sagen, es gibt viele Zauberer. Sie werden sagen, wir haben schon spektakulärere Kunststücke gesehen.«
    »Dann lügen sie«, empörte sich Gott.
    »Das ist sicher richtig. Aber was mache ich dann?«
    »Steck deine rechte Hand in dein Gewand!« befahl Gott.
    Moses tat es.
    »Und nun zieh sie wieder heraus!«
    Da war die Hand weiß von Aussatz, und Moses schrie auf, weil die Hand schmerzte.
    »Steck die Hand wieder in dein Gewand zurück!« gab Gott weiter Anweisung. »Und jetzt zieh sie wieder heraus!«
    Da war die Hand wieder rein.
    »Das mach bei einer ihrer Hände«, sagte Gott. »Der Schmerz ist ein gutes Argument.«
    »Und wenn sie mir immer noch nicht glauben?« sagte Moses.
    Da wurde Gott

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