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Geschlossene Gesellschaft

Geschlossene Gesellschaft

Titel: Geschlossene Gesellschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Goddard
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lieber vergessen wollte. Mit Fabian Charnwood war es anders. Er war nur deshalb ein verschlossenes Buch, weil es noch niemand aufgeschlagen hatte.
    Nach dem Lunch empfahl Doyle mir zum Abschied, im Nachmittagsrennen im Steward's Cup in Goodwood auf Poor Lad zu setzen. Natürlich tat ich das nicht und musste dann in der Abendzeitung lesen, dass der verdammte Gaul bei einer Quote von 9 zu 1 gesiegt hatte. Ich hoffte, dass Max in Surrey mehr Glück hatte - oder mehr aus seinen Chancen machte. Sein Telefonanruf am folgenden Abend ließ vermuten, dass er genau das tat.
    »Ich bin in einer Telefonzelle in der Nähe des Hauses, alter Knabe. Ich habe vorgegeben, vor dem Essen noch einen Spaziergang zu machen. Aber eigentlich dachte ich, du würdest gern wissen, wie das Spiel steht.«
    »Das würde ich. Liebend gern.«
    »Alles läuft famos. Diana und ich scheinen füreinander gemacht zu sein. Vorlieben, Abneigungen, Humor, unsere Art, das Leben zu sehen - in allem stimmen wir offenbar vollkommen überein. Ich hatte ja befürchtet, dass es auf unbekanntem Terrain schwierig werden würde, aber ich hätte mir keine Sorgen machen müssen. Sie ist ein liebenswürdiges Mädchen, wirklich. Ich wünschte, ich hätte sie ein paar Jahre früher getroffen.«
    »Das klingt so, als würdest du jeden Moment mit der entscheidenden Frage herausplatzen wollen.«
    »Vielleicht. Aber dräng mich nicht.«
    »Was ist mit ihrem Vater? Hast du ihn schon kennengelernt?«
    »Wir essen abends mit ihm zusammen. Offensichtlich ein perfekter Gentleman. Ich glaube, er hat Gefallen an mir gefunden.«
    »Wirklich?«
    »So eigenartig ist das gar nicht. Ich bin schließlich ein charmanter Bursche. Und im Moment kann ich mir keine Fehler erlauben. Diana fährt mich in ihrem Sportwagen in der Nachbarschaft herum. Du kannst dir keinen bezaubernderen Chauffeur wünschen, glaub mir. Gestern haben wir Vita nach Goodwood mitgenommen und einige gute Gewinne gemacht.«
    »Einschließlich Poor Lad im Steward's Cup?«
    »Ja. Hast du auch auf ihn gesetzt?«
    Bevor ich antworten konnte, begann es im Hörer zu piepen.
    »Ich bleibe bis nach dem Wochenende!« rief Max in die Muschel. »Wir sehen uns Dienstag.«
    »Viel Glück«, stieß ich zwischen zusammengepressten Zähnen hervor. Eigentlich hätte mich sein Erfolg freuen sollen. Aber die menschliche Natur ist eben so. Ich konnte einfach nicht anders, als den Fortgang des Geschehens zu bedauern. Nachdem er aufgelegt hatte, schien tatsächlich nichts anderes gegen den Neid zu helfen, als mich vollkommen zu besaufen. Und von Diana zu träumen, wie sie nackt auf einem Pferd ritt.
    Am Freitagmorgen wurde ich von einem Pochen an der Tür geweckt. In meinem Schädel hämmerte es ebenfalls. Ich stolperte die Treppe hinab. Draußen stand ein uniformierter Bote. Ich wies meine Identität nach, er drückte mir einen Brief in die Hand und verschwand. Ich riss den Umschlag auf und blinzelte völlig verwirrt auf eine höchst unerwartete Einladung, die auf Briefpapier mit dem Briefkopf von Charmvood Investments, London E.C.2, geschrieben war.
    31. Juli 1931 Sehr geehrter Mr. Horton,
    Ich würde es als ein Entgegenkommen Ihrerseits betrachten, wenn Sie heute Nachmittag um 13 Uhr mit mir im Ambassador's Club, Conduit Street 26, lunchen würden. Hochachtungsvoll
    Fabian Charnwood
    Nachdem ich mich rasch angezogen und eine Tasse starken Kaffees heruntergestürzt hatte, las ich den Brief nochmals, ohne dabei aus Charnwoods Absicht klüger zu werden. Ich konnte mir nicht vorstellen, was er von mir wollte, aber glücklicherweise musste ich ja nicht lange warten, bis ich es herausfinden würde.
    1922 hatte der Ambassador's Club noch nicht existiert, und ich wusste nicht, aus welchen Gesellschaftskreisen er seine Mitglieder gewann. Der Gresham bedeutete Banker, und im St. James' trafen sich Diplomaten. Mir hätte es wahrscheinlich in keinem von beiden gefallen, aber ich hätte Verständnis dafür gehabt, wenn Charnwood einen der beiden gewählt hätte. Er hatte sich aber für den verspiegelten Speisesaal des Ambassador's entschieden, vielleicht weil dort dorische Säulen, mannigfache Spiegelungen und rosafarbenes Licht, das durch ein gefärbtes Glasdach schien, eine vollkommen verwirrende Umgebung schufen.
    In gewisser Weise war das ja auch sehr passend, denn Fabian Charnwood war seinerseits ein höchst verwirrender Mann. Der Gehrock, der Vatermörder, die Nelke im Knopfloch und sein steifes Benehmen bestätigten Max' Beschreibung eines

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