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Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall

Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall

Titel: Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gmeiner-Verlag
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hier.«
    »So ist es. Erzählen Sie uns bitte etwas über Ihre Beziehung zu Victor Hagebusch«, forderte Angermüller den Wirt auf.
    »Gern, wenn Sie viel Zeit haben! Über den Mann könnt ich stundenlang reden. Ich habe nie zuvor einen so seltsamen Menschen kennengelernt wie den.«
    »Bitte! Wir sind gespannt. Wie haben Sie sich denn kennengelernt?«
    »Vier Jahre ist das her, glaub ich, da kam der Hagebusch hier an. Er stellte sich als Foodjournalist vor, mit besten Kontakten zu sämtlichen Medien mit der Zielgruppe Gourmet und Lifestyle, und fragte, ob er mir nicht behilflich sein könne bei der PR für meinen Laden. Er sei begeistert von meiner Küche und würde das gern für mich machen. Er kenne auch so manchen Promi und könne dem den Weg hierher weisen. Das hörte sich an, als ob er mir persönlich einen Gefallen tun wollte. Ich fand ihn zwar als Typen ein bisschen gewöhnungsbedürftig. Er war ja nicht gerade ein Charmeur. Und, wissen Sie, wenn einer von Lifestyle spricht, dann im zerknautschten Jackett mit dieser komischen Fliege und ausgelatschten Schuhen daher kommt. Na ja, ich bin ja auch eher jemand, dem Äußerlichkeiten und Konventionen egal sind, und dachte, lass ihn doch einfach mal machen. Mir als sparsamer Schwob war natürlich besonders der Aspekt der kostenlosen PR sympathisch.«
    Beuerle grinste.
    »Anfangs war der Hagebusch auch damit zufrieden, wenn ich ihn bei seinen Besuchen neue Kreationen kosten ließ und natürlich auch die Getränkerechnung übernahm. Ab und zu aß er auch mal bei uns zu Abend, auf meine Rechnung. Ich machte das gern, nach dem Motto ›eine Hand wäscht die andere‹, und er schien diese persönliche Behandlung zu genießen. Dafür schrieb er nette Artikelchen über uns für alle möglichen Zeitschriften, veröffentlichte schöne Besprechungen im Internet. Ob das viel gebracht hat an neuen Kunden – keine Ahnung!«
    »Haben Sie ihn denn auch privat kennengelernt, wenn er so häufig hier bei Ihnen war?«
    »Das war das Eigenartige. Mit dem Mann wurde ich nie warm. Die Liebe zu Essen und Trinken, die hatten wir gemeinsam. Das war’s dann aber auch. Er hatte auf dem Gebiet ein ganz gutes Wissen, aber vor allem hat er halt gern und viel gegessen. Auf jeden Fall war es das einzige Thema, das ihn wirklich interessierte. Manchmal hat er erzählt aus seiner großartigen Vergangenheit als Journalist bei allen großen Zeitungen Deutschlands, aber das waren eher Vorträge, keine Gespräche. Er schien keine Freunde zu haben, und seine Karriere war mit Sicherheit auch nicht so glanzvoll gewesen, wie er das gern erzählte. Im Grunde war er ein armer Wicht, den keiner mochte und der versuchte, sich in der Gastronomieszene im Norden zu einer Art Wolfram Siebeck zu stilisieren. An dem Gefühl, in der hiesigen Feinschmeckerwelt Macht und Einfluss zu besitzen, eine unumgängliche Autorität darzustellen, schien er sich regelrecht zu berauschen. Trotzdem, letztendlich ist mir seine Motivation, den lukullischen Scharfrichter zu spielen, bis heute ein Rätsel geblieben.«
    »Sie sagten, anfangs war der Hagebusch mit Ihrem Agreement zufrieden. Und dann?«
    »Ja, dann.« Max Beuerle schaute gedankenschwer ins Leere. »Dann begann er, seine sogenannten Promis hier anzuschleppen, das hatte er ja auch angekündigt. Einen ehemaligen Senator, einen angeblich wichtigen Mann vom NDR, irgendeinen zurückgetretenen Minister, Leute, von denen ich nie zuvor gehört hatte, mit denen er hier ausgiebig speiste, die er großzügig dazu einlud, sich brüstete, den Chef gut zu kennen, und dann erwartete, dass er nicht zahlen musste. Ab da begannen unsere Probleme.«
    »Ja?«, fragte Angermüller nach, als der Wirt plötzlich nicht mehr weitersprach. Beuerle nickte.
    »Ich fragte mich natürlich, wieso ich diesen Club der Abgehalfterten für umsonst hier bewirten sollte, vom Feinsten bewirten sollte! Langsam ging das nämlich ins Geld. Natürlich wollte ich Hagebusch vor seinen Gästen nicht bloßstellen und versuchte, die Angelegenheit am Telefon zu klären, ruhig und sachlich. Er hat mir gar nicht zugehört, wollte mich überhaupt nicht verstehen, redete nur vom Multiplikatoreneffekt seiner berühmten Gäste, erwähnte wieder Namen, die mir überhaupt nichts sagten, und spreizte sich mit seinem unglaublichen Einfluss. Ich sollte ihm dankbar sein, meinte er allen Ernstes. Am nächsten Abend tauchte er wieder einmal allein hier auf, hat gefressen und gesoffen – Verzeihung, anders kann man das nicht nennen

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