Geschmacksverwirrung - Angermüllers siebter Fall
bestätigen?«
»Weiß nich. Mein Sohn oder meine Frau.«
»Gut, das klären wir gleich.«
Angermüller sah fragend zu seinem Kollegen.
»Vielen Dank, das war’s erstmal, Herr Oswald«, beendete er dann die Vernehmung und erhob sich. »Wir reden nur noch kurz mit Ihrer Frau. Allein.«
Aus der Küche roch es intensiv nach Essen, ziemlich würzig nach angebratenem Fleisch und irgendwie auch nach Kohl. Die Beamten klopften kurz, bevor sie eintraten. Auf dem Herd dampfte es aus verschiedenen Töpfen. Mit gerötetem Gesicht stand Frau Oswald daneben, eine große Packung Kartoffelflocken in der Hand.
»Ach, sind Sie schon fertig? Dann kann ich ja jetzt mein Kartoffelpüree machen.«
»Wir haben nur noch eine kurze Frage an Sie, Frau Oswald.«
»An mich?«, fragte die Frau verunsichert, stellte das Paket mit dem Püree neben den Herd und strich sich die Hände an der Schürze ab.
»Setzen Sie sich doch, bitte.«
»Danke, so lang dauert’s nicht. Kommen Ihre Söhne heute nicht zum Essen?«, fragte Angermüller mit Blick auf die zwei aufgedeckten Teller auf dem Küchentisch.
»Der Große wohnt schon lange nicht mehr hier. Der geht zurzeit immer zu seiner Frau nach Hause zum Essen. Die beiden haben vor vier Wochen ein kleines Mädchen bekommen. Und Lennart, unser Kleiner, kommt erst später aus der Schule.«
»Wie alt ist denn Ihr Kleiner?«
»Na ja, der ist auch schon 17.«
»Wir wollten eigentlich nur wissen, wo Ihr Mann Montagabend gewesen ist, Frau Oswald.«
»Montag?«, sie schaute ein wenig überrascht, dann sagte sie: »Montag, da hatt ich mein Treffen von den Landfrauen. Die Margit hatte Geburtstag, und wir haben ’n büschen gefeiert. Ich war wohl so bei halb zwölf wieder hier. Da hat Jan Otto noch vorm Fernseher gesessen.«
»Und Ihr Sohn Lennart? Wo war der?«
»Der war ganz bestimmt auch hier. Wahrscheinlich vorm Computer oben in seinem Zimmer.«
»Na gut. Das war’s schon, danke Ihnen. Und guten Appetit!«
Angermüller deutete auf die Töpfe.
»Was gibt’s denn?«
»Putengulasch, Kartoffelpüree und Rosenkohl.«
Kapitel X
»Was hältst du davon, jetzt eine Pause einzulegen?«
»Hast Hunger gekriegt? Auf leckeres Putengulasch, oder wat?«
Jansen konnte es einfach nicht lassen.
»Quatsch. Das wär wirklich das Letzte, was ich essen wollte! Und nicht erst seit dem Video heute morgen. Ob Hähnchen oder Pute, solches geschmackloses Billiggeflügel aus Massentierhaltung rühr ich schon seit Jahren nicht mehr an«, wehrte sich Angermüller. »Aber ich denke, wir sollten mal in Ruhe über alles sprechen, was sich so Neues ergeben hat.«
Der Kriminalhauptkommissar drehte sich zum Seitenfenster, vor dem die Braun- und Umbratöne der Novemberlandschaft vorbeizogen. Das in den letzten Stunden Gehörte und Gesehene schien sich in seinem Kopf fortwährend zu drehen. Auf einem leuchtend grünen Feld standen drei Rehe und taten sich an der frisch aufgegangenen Saat gütlich, für alle sichtbar und gar nicht weit von der Straße.
»Hunger hab ich allerdings auch. Und wenn ich Hunger hab, kann ich nicht richtig denken. Bin heute Morgen ja ohne Frühstück losgestürzt, nachdem du mich angerufen hattest.«
»Ich könnt auch was zwischen die Kiemen vertragen. Aber hier in der Pampa finden wir bestimmt nix Ordentliches.«
»Weißt du was, lass uns über Groß Grönau fahren. Da im Bistro im Forsthaus können wir eine Kleinigkeit essen und in Ruhe über alles reden.«
»Dat is aber nix mit weißen Tischdecken, Kellnern in langen Schürzen und so wat?«
Das Bistro gab sich schon als ein etwas besseres Restaurant, doch nachdem Jansen das panierte Schnitzel mit Pommes frites auf der Speisekarte entdeckt hatte, war er zufrieden. Angermüller orderte Bratheringe in Sauer mit Bratkartoffeln. Im Vorraum hatte er die Lübecker Zeitung erspäht und den Artikel zu Hagebusch überflogen. Er war recht knapp gehalten, und Details darüber, wie der Mann zu Tode gekommen war, fehlten unter Hinweis auf die laufenden polizeilichen Ermittlungen. Abgesehen davon, dass sie ja auch keine Informationen nach draußen gegeben hatten, fand Angermüller diese Zurückhaltung sehr erfreulich.
»Wie siehst du das denn inzwischen? Bleiben wir an Lorenzo Calese und seinem Freund dran?«
»Wenn ich dat man wüsste, phh«, machte Jansen unentschlossen.
»Also, gestern Abend hab ich Steffen getroffen, weißt schon, unsern Rechtsmediziner. Und der meinte, die beiden Jungs mit ihrem Drohbrief – ein Motiv hätten die ja
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