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Geschöpfe Der Ewigkeit

Geschöpfe Der Ewigkeit

Titel: Geschöpfe Der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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entschließe mich, zu seinem Schloß zu gehen.
    Dante wird mich zu dem Herrn der Schwarzen Magie führen müssen.
    9.
    KAPITEL
    Es dauert eine Woche, um zu Landulfs Reich zu gelangen, das in den Hügeln von Monte Castello im südwestlichen Sizilien steht. Einst, so erzählt mir Dante, befand sich hier das Orakel der Venus, der Göttin der Liebe. Dante kennt sich unglaublich gut in römischer und griechischer Geschichte und Mythologie aus.
    Er ist sehr viel gebildeter, als ich anfangs angenommen habe. Ich beginne zu begreifen, daß einer der Gründe, warum Landulf ihn um sich haben wollte, seine unglaubliche Fähigkeit war, Geschichten anschaulich zu erzählen. Sogar der böse Herzog war nicht unempfänglich für eine gute Geschichte. Wenn Dante anfängt, zu erzählen, ändert sich seine ganze Haltung wie unter Hypnose, und die Worte fließen beredt und treffend aus seinem Mund. Aber in dem Augenblick, wo die Geschichte zu Ende ist, ändert er sich wieder. Die plötzlichen Umschwünge in seiner Persönlichkeit sind alles andere als sympathisch, aber ich habe Mitleid mit ihm, denn er war lange Zeit Landulfs Einfluß ausgesetzt. Zudem fühle ich mich schuldig, weil auch ich ihn jetzt manipuliere. Nur durch die Kraft meiner Augen gelingt es mir, ihn zu überreden, mir den Weg zum Schloß zu zeigen. Der Gedanke an diesen Ort erfüllt ihn mit Angst und Schrecken, und gewiß fragt er sich, warum seine Beine ihn überhaupt weiterhin in diese Richtung tragen.
    Über mich allerdings scheint er sich nicht zu wundern. Seine Zuneigung zu mir ist echt, und um so mehr schmerzt es mich, ihn so zu mißbrauchen. Zudem ist offensichtlich, daß er sich mehr um mich sorgt als um sich selbst. Wenn mein Einfluß auf ihn nachläßt, bittet er mich stets, endlich umzukehren.
    Der Gedanke an die Menschenopfer, die laut seinen Erzählungen auf dem Schloß zum Alltag gehören, erfüllt mich mit Zweifel. Ich kann kaum glauben, daß etwas so Böses, wie Dante es beschreibt, tatsächlich existiert. Aber dann sage ich mir, daß Landulf keineswegs mehr Mensch ist. Er ist selbst zu einem der Dämonen geworden, die er anruft. Der Teufel lebt und atmet auf einem Hügel, der im alten Rom einst als heilig galt. Jeden Abend, bevor wir uns zur Ruhe begeben, rezitiert Dante eine lateinische Messe, bei der er ein kleines kupfernes Kreuz anbetet, das er tagsüber in der hölzernen Strebe verbirgt, die sein lepröses Bein unterstützt. Nachts sehe ich ihn oft seine Wunden kratzen, und sein Leiden bricht mir das Herz. Nur ein Teufel kann ihn so verflucht haben, sage ich mir.
    Trotzdem glaube ich noch immer nicht an seine christlichen Dämonen.
    Das, was mich zu Landulf zieht, ist die Chance, seiner Magie beizuwohnen, sei sie nun weiß oder schwarz. Zwar weiß ich tief im Innern längst, daß es sich um Schwarze Magie handelt, denn ich bin dem bösen Zauberer ja schon einmal begegnet. Doch das, was ich aus der Zukunft erinnere, wird mit jeden Tag, der vergeht, diffuser und abstrakter. Die Pfade des alten Sizilien sind meine einzigen Führer. Ich erinnere mich an Alandas Namen, aber ich kann mir ihr Gesicht nicht mehr vorstellen. Nachts starre ich oft stundenlang zu den Sternen empor und versuche mich davon zu überzeugen, daß ich selbst einst dort war –
    in einem geheimnisvollen Schiff, begleitet von Geschöpfen aus einer anderen, fremden Welt.
    Und vielleicht auch begleitet von den Göttern der alten Mythen.
    Dante möchte mir über Perseus erzählen, während wir gehen.
    Natürlich ist mir die Mythologie vertraut; schließlich habe ich viele Jahre im alten Griechenland gelebt. Aber Dante besteht darauf, daß ich die Geschichte nicht wirklich kenne; und da es einer seiner Lieblingsmythen zu sein scheint, lasse ich ihn reden. Doch er ist so schwach, daß Sprechen während des Gehens einen wahren Luxus für ihn darstellt. Oft muß er anhalten, um sich auf mich zu stützen, im Augenblick allerdings wirkt er ungewöhnlich kraftvoll. Er hat einen kräftigen Wanderstab gefunden, der ihn unterstützt. Gleichzeitig spricht er mit geradezu liebevollem Enthusiasmus von den Helden des Altertums. Offenbar verehrt Dante Charaktere wie ihn und wünscht sich selbst, genauso zu sein und kein verkrüppelter Leprakranker. Ein gutaussehender junger Gott, der eine schöne Prinzessin wie mich entführen kann. Ich weiß sehr wohl, daß Dante nicht nur ein bißchen in mich verliebt ist.
    »Perseus war der Sohn von Zeus und Danae. Sein Großvater war Acrisius, ein grausamer König,

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