Geschöpfe Der Ewigkeit
Er klammert sich an meinen Arm, und die Flüssigkeit, die aus seinen Wunden sickert, befleckt mein weißes Gewand. »Es ist unser Tod, meine Dame. Noch haben wir Gelegenheit, wieder umzukehren. Bevor seine Schergen kommen, um uns in der dunklen Nacht zu holen.«
»Wer sind seine Schergen?«
Dantes Stimme ist nur noch ein ängstliches Flüstern. »Männer, die keine Herzen haben und trotzdem leben. Ich schwöre Euch, daß ich diese Kreaturen gesehen habe. Sie sehen ohne Augen und bedürfen nicht der Luft, um zu atmen.«
»Wie viele Männer befehligt Landulf?«
Dante ist aufgewühlt. »Ihr versteht nicht, meine Dame. Seine Macht läßt sich nicht in Waffenstärke rechnen. Hätte er nicht einen einzigen Mann, so würde er trotzdem die Macht in Rom halten können sowie die Moslems beherrschen.
Selbst sie fürchten ihn.«
Ich ergreife Dantes Schultern. »Sag mir, wie viele Männer er befehligt. Zur Not reicht mir eine Schätzung.«
Dante hat Mühe zu atmen. »Ich habe sie niemals gezählt. Es müssen mehrere hundert sein.«
»Zweihundert? Oder achthundert?«
Dante hustet. »Vielleicht fünfhundert. Aber sie sind nicht wichtig. Die Geister, die dieses Land beherrschen, werden uns töten. Sie sind in den Bäumen, den Felsen – er schickt sie aus, um diejenigen auszuspionieren, die sich wagen, ihn herauszufordern. Gewiß weiß er längst, daß wir hier sind. Wir müssen zurückgehen!«
Sanft, aber eindringlich fange ich seinen Blick. »Dante, mein Freund, du hast mir einen großen Dienst erwiesen. Ich weiß, daß du nicht mit mir herkommen wolltest, aber du hast es trotzdem getan. Und ich weiß, daß es aus Liebe und Respekt für mich geschehen ist. Doch nun hast du mir deine Schulden zurück-gezahlt. Du bist frei, um den Weg zurückzugehen, den du gekommen bist. Ich möchte, daß du nach Messina zurückkehrst, um dich in Sicherheit zu bringen.
Es gibt für dich keinen Grund, diese Straße weiterzugehen.«
Zu meiner Überraschung ist seine Liebe zu mir stärker als meine Macht über ihn. Er schüttelt den Kopf und erklärt: »Ihr wißt nicht, was er Euch antun wird.
Er hat Kräfte, die Ihr Euch nicht vorstellen könnt. Er erfreut sich an Grausamkeiten und den Schmerzen seiner Opfer mehr, als ich Euch sagen kann.
Er reißt seinen Opfern die Augen aus und bewahrt sie in Gläsern auf, um später Ratten damit zu füttern, die er in seinen privaten Räumen hält. Er zieht den Sklaven vor ihren eigenen Augen die Knochen aus dem Fleisch und verzehrt sie bei seinen grausamen Mahlzeiten. All dies tut er letztlich, um Satan zu dienen.
Und wenn die Geister kommen, gibt es keinen Ort, an dem man sich vor ihnen verbergen kann.« Dante schluchzt auf und ergreift fest meinen Arm. »Bitte geht nicht dorthin, meine Dame! Ich bitte Euch in Gottes Namen!«
Ich küsse ihn, streiche ihm übers Gesicht – und schüttle dann den Kopf.
»Ich muß gehen«, sage ich. »Aber ich werde im Namen deines Gottes gehen, wenn es dich beruhigt, ebenso wie im Namen meines Gottes. Wünsch mir Glück, mein teurer Dante, und paß auf dich auf. Du bist ein so wertvoller Mensch, wie ich in meinem Leben nur wenige kennengelernt habe.«
Er wirkt verzweifelt. »Meine Dame?«
»Auf Wiedersehen. Sorge dich nicht um mich.«
Damit wende ich mich um und gehe tiefer in die Dunkelheit.
Ich höre nicht, daß er mir folgt.
Die Dunkelheit um mich wird immer tiefer.
Doch die Sonne scheint immer noch.
10.
KAPITEL
Die Festung und die gesamte Anlage sind auf dem Hügel einer Klippe erbaut worden. Als ich mich den Gebäuden auf etwa eine Meile genähert habe, erkenne ich durch den Nebel hindurch genug, um zu begreifen, daß man die Burg nicht von hinten erreichen kann. Die Klippe fällt praktisch senkrecht ab, etwa tausend Fuß tief. Obwohl ich durch die Feuchtigkeit nicht weit genug sehen kann, weiß ich, daß der Ozean nah dahinter liegen muß – in höchstens zwei Meilen Entfernung.
Mit einem solch hervorragenden Blick auf Küste und Meer kann Landulf früher als jeder andere einen Feind erkennen, der sich dem südlichen Sizilien nähert. Sein Heim ist strategisch geschickt plaziert, wie Dante sagte, sozusagen als Pforte zur christlichen Welt.
Außerhalb der Burganlage, aber noch innerhalb der Festung stehen zahlreiche kleine Steinhäuser, von denen einige bewohnt sind und andere als Unterkünfte für Pferde und als Waffenlager dienen. Bewaffnete Soldaten marschieren um kleinere Feuer, über denen Fleisch gekocht wird, und unterhalten sich
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