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Geschöpfe Der Ewigkeit

Geschöpfe Der Ewigkeit

Titel: Geschöpfe Der Ewigkeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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ist eine Tatsache, die ich nicht leicht akzeptieren kann.
    Auch jetzt habe ich Angst. Der Fleck läßt mich nicht los.
    War auch Klingsor befleckt? Und wenn ja, wie?
    Die Oper hat es alles erklärt. Wenn ich mich doch nur daran erinnern könnte.
    Aber es gelingt mir nicht. Nein.
    Noch begreife ich, warum es Dante so wichtig war, daß ich die Bedeutung der Geschichte der Medusa verstehe. Er war so ein einfacher, bodenständiger Bursche, voll von Güte und von Ängsten, aber wenn er von der Mythologie sprach, geschah dies stets mit großer Autorität. Fast als ob jemand anders ihn nur als Sprachrohr benutze. Irgendwie habe ich das Gefühl, als ob Dante mich vor einer größeren Gefahr hat warnen wollen. Einer unsichtbaren Gefahr, denn die wirkliche Macht des Hexers bestand darin, den Willen seines Gegenübers zu kontrollieren. Alle hat er sie in Stein verwandelt, so daß sie sich erst wieder bewegen konnten, wenn er es wollte.
    War das vielleicht die eigentliche Bedeutung der Medusa-Geschichte?
    Die Gorgonin tötete ihre Feinde nicht einfach.
    Sie kontrollierte ihren Geist.
    Zweifel fallen über mich her. Fragen, die mir erscheinen wie bedeutende Rätsel des Altertums. Was war mit Medusas Schlangenhaar? Welche Bedeutung hatte ihr schönes Gesicht? Letzteres, so hatte Dante betont, sei von Bedeutung.
    Und ich habe nur darüber gelacht und gesagt, daß es Zeit sei, sich auf die Wirklichkeit zu konzentrieren. Doch gerade ich hätte wissen müssen, daß die Wirklichkeit nicht immer ist, was sie zu sein scheint.
    Plötzlich verspüre ich eine merkwürdige Gewißheit.
    Dante hat versucht, mich vor etwas Unsichtbaren zu warnen.
    Dann sehe ich ihn. Es ist ein Wunder.
    Er kämpft sich den Pfad zu dem Teich empor, humpelnd, heftig keuchend.
    Einen Augenblick später bin ich an seiner Seite und helfe ihm, sich auf einem großen Felsen ganz in der Nähe des Wassers niederzulassen. Er ist in noch schlechterer Verfassung als zuvor und murmelt immer wieder, wie leid es ihm tue, daß er zu spät komme, und warum. Es gelingt mir nicht, ihn zu unterbrechen, aber ich bin so froh, ihn zu sehen, daß ich weine. Tatsächlich ist es einer der wundervollsten Augenblicke meines Lebens. Gott hat meine Gebete erhört.
    »Der Durchgang war blockiert«, erklärt er rasch und atemlos. »Ein riesiger Stein lag im Weg. Mir ist dieser Stein niemals zuvor aufgefallen. Niemals! Ich wußte einfach nicht was ich tun soll, meine Dame. Ich versuchte, zurück in eure Richtung zu gehen, aber ich konnte euch nicht finden und bin nur ständig im Wasser ausgeglitten. Meine Schiene fiel immer wieder herunter, und einmal wurde sie fast weggeschwemmt. Damit wäre ich fast gänzlich bewegungsun-fähig gewesen. Dann nahm ich einen anderen Weg, den niemand außer mir kennt, und ging zurück zum Schloß. Bei allen Heiligen im Himmel, ich war fest davon überzeugt, daß sie mich wieder einsperren würden. Aber keiner beachtete mich. Die Ritter rannten kreuz und quer, das Dienstvolk klagte und weinte, und es hörte sich ganz so an, als ob Herzog Landulf etwas Schreckliches geschehen sei.« Er verstummt, um tief Luft zu holen, und seine Augen schimmern hoffnungsvoll. »Was ist ihm geschehen, meine Dame?«
    Ich muß lächeln. Doch in meinem Lächeln liegt keine Freude, und ich frage mich, warum das so ist. Das Glück über meinen Erfolg wird durch Bedauern geschmälert, welches ich mir selbst nicht erklären kann.
    »Er ist tot«, antworte ich. »Ich habe ihn getötet.«
    Dante fängt an zu lachen. Aber dann reißt er sich zusammen und macht schnell das Kreuzzeichen. Doch er kann seine Erleichterung nicht verbergen, und einen Moment später strahlt er wieder vor Freude. Er springt von dem Felsen hoch, umarmt mich und drückt mich fest. Aber unvermittelt über-kommen ihn wieder Zweifel; die Nachricht ist zu gut, als daß er sie einfach so glauben könnte.
    »Ist er tatsächlich tot?« vergewissert er sich wiederholt. »Seid Ihr sicher, daß wirklich er es war? Habt Ihr seinen Leichnam gesehen? Wißt Ihr ohne Zweifel, daß es sein Leichnam war?«
    Ich gebe mir Mühe, ihn zu beruhigen. »Er war es, das schwöre ich. Ich habe den Speer des Longinus durch sein schlechtes Herz gebohrt. Er starb wie jeder andere Mensch.«
    Dante lächelt. »Habt Ihr seinen Körper verbrannt? Hat der Rauch sehr gestunken?«
    Ich schüttele den Kopf. »Nein, ich habe ihn nicht verbrannt. Ich hatte keine Gelegenheit dazu.«
    Sein Lächeln schwindet langsam. »Aber was habt Ihr mit seinem Leichnam

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