Geschöpfe Der Ewigkeit
getan, Herrin?«
Ich zucke mit den Schultern. »Nichts. Ich habe ihn zurückgelassen. Mach dir keine Sorgen, er wird nicht wiederkommen, um uns bei Nacht zu erschrecken.
Das weiß ich ganz sicher.«
Dante wirkt beruhigt. »Dann können wir jetzt nach Messina gehen und allen erzählen, daß die Welt gerettet ist.«
Ich zwinge mich zu einem Lachen. »Ja. Wir können jedem sagen, daß er sich nun keine Sorgen mehr zu machen braucht.« Leise füge ich hinzu: »Wir werden es der ganzen Welt berichten.«
Dante scheint verunsichert. »Stimmt etwas nicht, meine Dame?«
Ich wende mich ab. »Nein. Ich mache mir nur Sorgen um dich. Du mußt etwas essen, dich ausruhen und wieder zu Kräften kommen.«
Er erhebt sich und tritt hinter mich. »Etwas liegt Euch schwer auf dem Herzen. Teilt Eure Last mit mir, meine Dame. Vielleicht kann ich euch einen Teil der Bürde abnehmen.«
Meine Augen sind plötzlich feucht. Ich schäme mich, ihm ins Gesicht zu sehen.
Aber ich spüre ganz sicher, daß ich es ihm sagen kann. Er wird es verstehen.
»Als ich Herzog Landulf fand«, beginne ich, »hielt er sich in dem Steinkreis auf, genau wie du es mir gesagt hattest. Aber ich habe nicht getan, was du mir vorgeschlagen hattest. Ich habe nicht gewartet, bis er den Kreis verläßt, damit ich ihn angreifen kann. Ich war zu ungeduldig dazu. Er saß einfach da, und ich dachte, ich könne ihn töten, und dann würde endgültig alles vorüber sein.«
Dantes Stimme ist voller Mitgefühl: »Aber Ihr konntet nicht in den Zirkel eindringen.«
Meine Finger verknoten sich, ich kann nicht aufhören, die Hände zu bewegen.
»Ja. Um den Kreis war ein unsichtbares Schutzfeld. Ich fürchte, daß Landulf selbst es erschaffen hat, indem er ein großes Opfer brachte: Er hat das Herz seiner eigenen Frau herausgeschnitten.«
Dante keucht: »Herzogin Cia!«
»Ja. Sie war schon tot, als ich ankam. Und ganz in der Nähe war eine junge Frau angekettet. Landulf forderte mich auf, das Herz dieses Mädchens herauszu-reißen, wenn ich zu ihm in den Kreis wollte. Zuerst weigerte ich mich, aber dann begann dieses Hämmern und Pochen in meinem Kopf, und es hörte nicht mehr auf, und ich wußte nicht, was ich dagegen tun sollte. In einem Augenblick, der vernebelt war von Schmerz und Wut, packte ich sie…« Ich habe Mühe, meine Beichte zu beenden. »Ich packte sie, und … und tötete sie, Dante. Ich habe sie mit meinen eigenen Händen getötet, obwohl sie mir nichts getan hatte.«
Für eine lange Zeit bleibt Dante stumm. Schließlich spüre ich seine Hand auf meiner Schulter. »Ihr habt getan, was Ihr tun mußtet, meine Dame.«
Ich greife seine Hand, aber schüttele den Kopf. »Ich weiß nicht. Manchmal glaube ich, ich habe einfach das getan, was ich in der Vergangenheit stets getan habe – töten. Das war für mich immer die Lösung aller Probleme.« Ich mache eine schwache Geste mit der Hand. »Aber das Mädchen hat mich angefleht, ihr nichts zu tun.«
»Aber mit Eurer Tat habt Ihr andere Menschen gerettet.«
Eine Woge der Emotion überkommt mich. »Habe ich das wirklich? Wenn es tatsächlich so ist, kannst du mir dann erklären, warum das Blut des Mädchen sich nicht von meiner Hand abwaschen läßt?«
Dante ergreift meine Linke und starrt sie fassungslos an. »Vielleicht müssen wir sie nur in klarem Wasser abspülen. Kommt, Herrin, wir tauchen sie in den Teich, und dann ist alles wieder in Ordnung.«
Ich ziehe meine Hand zurück. »Nein, Dante. Ich habe es schon ein dutzendmal versucht. Der Fleck läßt sich nicht abwaschen.«
Er ist verwirrt. »Aber warum?«
Ich senke den Kopf. »Ich fürchte, weil ich letztendlich auf Landulf gehört habe und seinem Willen gefolgt bin.«
»Nein!«
»Ja. Ich habe einen rituellen Mord an einem Unschuldigen begangen. Das war Voraussetzung für die Initiation.« Ich verstumme und blicke meine linke Hand an. Nur die Sterne spenden uns Licht, aber ich sehe den Fleck allzu deutlich.
Fast scheint es mir, als erkenne ich in dem roten Mal mein ganzes bisheriges Leben. »Ich bin eine von ihnen geworden«, flüstere ich.
Dante schüttelt den Kopf. »Nein! Ihr seid das Gegenteil von ihnen. Ihr seid ein Engel. Ihr bringt Licht in die Dunkelheit. Hoffnung, wo bisher Verzweiflung geherrscht hat. Ein dutzendmal seid Ihr zu meiner Rettung gekommen. Ein dutzendmal wäre ich ohne Euren Mut gestorben.«
Ich wende mich ihm zu und zwinge mich zu einem Lächeln. »O Dante. Ich mußte dich doch retten, weil schließlich auch ich es war,
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