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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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aber manche Leute fürchteten und verachteten mich mehr, als sie den Dreiäugigen Krötenmann im Kuriositätenkabinett auf der Kirmes fürchten und verachten würden, wenn auch nur, weil ich nebenan wohnte.
    Roosevelt Frost erhob sich halb von seinem Stuhl, beugte sich über den Tisch, schüttelte eine Faust, die so groß wie eine Wassermelone war, und sprach mit einem Haß, der mich erstaunte und ganz krank machte: »Rassist! Du unaufrichtiges rassistisches Arschloch!«
    Ich fand kaum meine Stimme. »W-wann hat die Rassenzugehörigkeit für mich je eine Rolle gespielt? Wie könnte sie je eine Rolle für mich spielen?«
    Er erweckte den Eindruck, als wollte er über den Tisch greifen, mich vom Stuhl zerren und würgen, bis ich mir mit der Zunge die Schuhe putzen konnte. Er entblößte die Zähne und knurrte mich an, knurrte wie ein Hund, genau wie ein Hund, mißtrauisch wie ein Hund.
    »Verdammt noch mal, was geht hier vor?« fragte ich wieder, aber diesmal fragte ich den Hund und die Katze.
    Roosevelt knurrte mich noch einmal an, und als ich ihn nur dumm angaffte, sagte er: »Komm schon, mein Sohn, wenn du mich schon nicht beschimpfen willst, kannst du mich wenigstens anknurren. Schenk mir ein kleines Knurren. Komm schon, mein Junge, du schaffst es.«
    Orson und Rumpelmauser beobachteten mich erwartungsvoll.
    Roosevelt knurrte erneut, hob am Ende des Schnaubens auffordernd die Stimme, und endlich erwiderte ich sein Knurren. Er knurrte lauter als zuvor, und ich knurrte ebenfalls lauter.
    »Feindseligkeit«, sagte er mit einem breiten Lächeln. »Hund und Katze. Schwarz und Weiß. Wir machen uns nur ein wenig Spaß damit, stereotypische Verhaltensmuster zu verspotten.«
    Als Roosevelt sich wieder setzte, wich meine Verwirrung allmählich einem zaghaften Sinn für das Wunderbare. Ich wurde mir einer bevorstehenden Enthüllung bewußt, die mein Leben für immer erschüttern und Dimensionen der Welt freilegen würde, die ich mir jetzt nicht mal vorstellen konnte; doch obwohl ich mich bemühte, es zu ergreifen, blieb dieses Verständnis flüchtig, verhöhnte mich knapp hinter den Grenzen meiner Reichweite.
    Ich sah Orson an. Diese tintendunklen, flüssigen Augen.
    Ich sah Rumpelmauser an.
    Die Katze fletschte die Zähne.
    Orson tat es ihr gleich.
    Kalt rieselte matter Schauer durch meine Adern, wie der Barde vom Avon es ausgedrückt hätte, nicht, weil ich befürchtete, der Hund und die Katze würden mich beißen, sondern wegen der Implikationen, die dieses amüsierte Entblößen der Zähne mit sich brachte. Doch nicht nur Furcht durchströmte mich, sondern auch das köstliche Frösteln einer wunderbaren, atemberaubenden Erregung.
    Obwohl ich es mir bei ihm einfach nicht vorstellen konnte, fragte ich mich tatsächlich, ob Roosevelt Frost mir etwas in den Kaffee geschüttet hatte. Nicht Brandy, sondern Halluzinogene. Ich war gleichzeitig verwirrter und klarer im Kopf als je zuvor, als hätte ich einen erhöhten Bewußtseinszustand erreicht.
    Die Katze fauchte mich an, und ich fauchte die Katze an.
    Orson knurrte mich an, und ich knurrte ihn an.
    Im erstaunlichsten Augenblick meines Lebens bis zu diesem Zeitpunkt saßen wir um den Eßtisch, grinsende Menschen und Tiere, und ich mußte an diese niedlichen, ziemlich kitschigen Bilder denken, die ein paar Jahre lang so beliebt gewesen waren: Hunde, die Poker spielten. Von uns war natürlich nur einer ein Hund, und keiner von uns hatte Spielkarten, und so schien die Zeichnung vor meinem geistigen Auge nicht ganz auf diese Situation zuzutreffen, aber je länger ich dabei verweilte, desto näher kam ich der Enthüllung, der Epiphanie, dem Verständnis für alle Auswirkungen, die das, was in den letzten paar Minuten an diesem Tisch geschehen war, haben würde…
    … und dann wurde meine Gedankenkette von einem Piepen unterbrochen, das von der Alarmanlage in der Nische neben dem Tisch kam.
    Als Roosevelt und ich uns umdrehten, um zum Bildschirm zu sehen, lösten die vier Schauplätze auf dem Monitor sich zu einem auf. Die Automatik zoomte den Eindringling heran und enthüllte ihn in dem unheimlichen, verstärkten Licht der Nachtsichtlinse.
    Der Besucher stand in dem wirbelnden Nebel am hinteren Ende des Piers, an dem die Nostromo vertäut war. Er sah aus, als wäre er direkt aus dem Jura in unsere Zeit getreten: Er war vielleicht einen Meter zwanzig groß, erinnerte an einen Pterodaktylus und hatte einen langen, gefährlichen Schnabel.
    Mein Kopf war so voller fieberhafter

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