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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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Westen verschluckt wurde, drehte ich mich zu ihm um. »Warum hast du das getan?« fragte ich.
    Statt mir sofort zu antworten, schob Bobby eine neue Patrone in die Kammer und hob dann lauschend den Kopf.
    Ich mußte daran denken, daß Pinn mit seiner Pistole in die Decke des Kirchenkellers geschossen hatte, um die Drohung zu unterstreichen, die er gegen Father Tom Eliot ausgesprochen hatte.
    »Wahrscheinlich ist es überflüssig«, sagte Bobby, als schließlich keine verrückten Schreie mehr zu vernehmen waren, die ein wenig an die von Seetauchern erinnerten, »aber es schadet nicht, ihnen gelegentlich mal ein paar Schrotkörner um die Ohren zu jagen.«
    »Wem? Wen willst du verscheuchen?«
    Ich hatte gewußt, daß er manchmal ziemlich geheimnisvoll tun konnte, aber so rätselhaft hatte ich ihn noch nie erlebt.
    Die Dünen nahmen weiterhin seine Aufmerksamkeit in Anspruch, und er gönnte sich noch eine geistige Auszeit von einer Minute, bis er mich plötzlich ansah, als hätte er ganz vergessen, daß ich neben ihm stand. »Gehen wir wieder rein. Du schrubbst dir die miese Denzel-Washington-Verkleidung ab, und ich bereite uns ein paar tolle Tacos zu.«
    Ich wußte, es war sinnlos, weiterhin auf einer Antwort zu beharren. Er tat entweder so geheimnisvoll, weil er meine Neugier anstacheln und seinen gehüteten Ruf betonen wollte, ein seltsamer Kauz zu sein, oder aber, weil er einen guten Grund dafür hatte, dieses Geheimnis selbst vor mir zu bewahren. So oder so, er befand sich an jenem ganz besonderen, ureigenen Ort, an dem er so unnahbar ist, als stünde er auf seinem Brett, auf halber Höhe in der Innenkurve einer unglaublich hohlen Welle.
    Als ich ihm ins Haus folgte, glaubte ich noch immer, beobachtet zu werden. Die Aufmerksamkeit des unbekannten Beobachters rief bei mir eine Gänsehaut hervor, die so deutlich auszumachen war wie die Spuren eines Einsiedlerkrebses auf einem von der Brandung geglätteten Strand. Bevor ich die Haustür schloß, suchte ich noch einmal die Nacht ab, aber unsere Besucher hielten sich auch weiterhin gut verborgen.
    Das Badezimmer ist groß und luxuriös: ein absolut schwarzer Steinboden, dazu passende Waschtische, wunderschöne Teakholzschränke, Waschbecken und meterweise Spiegel mit abgeschrägten Kanten. Die große Duschkabine kann vier Personen aufnehmen, womit sie ideal für die Hundepflege ist.
    Corky Collins – der Bobbys schönes Haus lange vor dessen Geburt gebaut hat – war ein ganz einfacher Bursche gewesen, legte jedoch großen Wert auf Annehmlichkeiten. Wie zum Beispiel auf die marmorgesäumte Wanne für vier Personen in der Ecke schräg gegenüber von der Dusche. Vielleicht hatte Corky – der Toshiro Tagawa hieß, bevor er seinen Namen ändern ließ – von Orgien mit drei Strandmädchen geträumt, vielleicht aber auch nur einen schlimmen Reinlichkeitsfimmel gehabt.
    Als junger Mann – als Wunderkind, das mit nur einundzwanzig Jahren 1941 das Jurastudium abgeschlossen hatte – war Toshiro in Manzanar interniert gewesen, dem Lager, in dem die örtlichen Amerikaner japanischer Abstammung während des Zweiten Weltkriegs eingesperrt waren. Nach dem Krieg war er, wütend und mehrfach erniedrigt, zu einem Aktivisten geworden und hatte sich der Aufgabe verschrieben, unterdrückten Mitbürgern Gerechtigkeit zukommen zu lassen. Nach fünf Jahren hatte er das Vertrauen in die Behauptung verloren, vor dem Gesetz seien alle gleich, und war des weiteren zur Ansicht gelangt, daß die meisten Unterdrückten selbst zu begeisterten Unterdrückern wurden, wenn sie nur die Gelegenheit dazu bekamen.
    Er wandte sich Schadensersatzforderungen zu. Da seine Erfolgskurve so steil war wie die riesigen Monolithen, die ein Taifun vom Südpazifik vor sich hertrieb, wurde er schnell zum erfolgreichsten Spezialisten für solche Prozesse im Großraum San Francisco.
    Nach vier Jahren hatte er soviel Geld eingesackt, daß er seine Kanzlei aufgeben konnte. 1956 baute er im Alter von sechsunddreißig Jahren dieses Haus auf der südlichen Landspitze von Moonlight Bay und ließ unter enormen Kosten Strom-, Wasser- und Telefonleitungen verlegen. Mit dem Sinn für trockenen Humor, der verhinderte, daß aus seinem Zynismus Verbitterung wurde, änderte Toshiro Tagawa an dem Tag, an dem er das Haus bezog, seinen Namen legal in Corky Collins und widmete jeden Tag seines restlichen Lebens dem Strand und Meer.
    Er bekam Surfschwellungen an den Spitzen seiner Zehen und Füßen, unter den Kniekehlen und auf den

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