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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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warum?«
    »Den Daumen über der Linse?«
    »Sie wollten nicht fotografiert werden. Beim ersten Anblick der Kamera liefen sie in Deckung, und sie sind unglaublich schnell.« Er sah mich an, deutete meine Reaktion, schaute dann wieder zu den Dünen. »Sie wußten, was eine Kamera ist.«
    Ich konnte der Versuchung nicht widerstehen. »He, du anthropomorphisierst sie doch nicht etwa? Du weißt schon – wenn man Tieren menschliche Attribute und Verhaltensweisen zuschreibt.«
    Er ignorierte mich. »Nach dieser Nacht habe ich die Kamera nicht wieder in den Schrank gelegt«, sagte er. »Ich ließ sie auf dem Küchentisch liegen, damit ich sie immer greifbar hatte. Ich dachte mir, falls sie noch mal auftauchen, kann ich einen Schnappschuß von ihnen machen, bevor sie mitkriegen, was los ist. Eines Abends vor etwa sechs Wochen pumpte das Meer eine Welle zweieinhalb Meter hoher Brecher nach der anderen heran, mit einem guten ablandigen Wind. Obwohl es ziemlich kalt draußen war, zog ich meinen Tauchanzug an und war ein paar Stunden ganz weg. Die Kamera nahm ich nicht mit an den Strand.«
    »Warum nicht?«
    »Ich hatte die verdammten Affen seit einer Woche nicht mehr gesehen. Ich dachte, vielleicht würde ich sie nie wiedersehen. Auf jeden Fall… als ich wieder nach Hause kam, zog ich den Gummianzug aus, ging in die Küche und holte mir ein Bier. Als ich mich vom Kühlschrank umdrehte, waren Affen hinter zwei Fenstern, hingen draußen an den Rahmen und sahen zu mir hinein. Also griff ich nach der Kamera – und sie war weg.«
    »Du hast sie verlegt.«
    »Nein. Sie ist noch immer weg. Als ich an diesem Abend zum Strand ging, habe ich die Haustür nicht abgeschlossen. Das passiert mir jetzt nicht mehr.«
    »Willst du mir erzählen, daß die Affen sie geholt haben?«
    »Am nächsten Tag habe ich mir so eine Wegwerfkamera gekauft«, fuhr er fort. »Legte sie wieder auf die Arbeitsfläche neben dem Herd. An diesem Abend ließ ich das Licht an, schloß ab und ging wieder zum Strand.«
    »Gute Brandung?«
    »Schwach. Aber ich wollte ihnen also eine Chance geben. Und sie haben sie ergriffen. Während ich weg war, haben sie eine Scheibe eingeschlagen, das Fenster geöffnet und die Wegwerfkamera gestohlen. Sonst nichts. Nur die Kamera.«
    Nun wußte ich, warum er die Schrotflinte in einem abschließbaren Besenschrank aufbewahrte.
    Dieses Cottage, das einzige Haus auf der Landzunge, hatte ich immer als hervorragende Zuflucht angesehen. Wenn nachts die Surfer gegangen waren, bildeten der Himmel und das Meer eine Sphäre, in der das Haus wie ein Diorama in einem jener gläsernen Briefbeschwerer steht, die sich mit wirbelndem Schnee füllen, wenn man sie schüttelt, nur daß es hier statt eines Schneesturms tiefen Frieden und herrliche Einsamkeit gab. Doch nun war die prachtvolle Einsamkeit zu einer entnervenden Isolation geworden. Statt ein Gefühl von Frieden zu vermitteln, war die Nachtluft dicht und still vor Erwartung.
    »Und sie haben mir eine Warnung dagelassen«, sagte Bobby.
    Ich stellte mir einen mühsam mit grobschlächtigen Druckbuchstaben verfaßten Drohbrief vor – PASS AUF DEINEN ARSCH AUF . Unterzeichnet: DIE AFFEN .
    Aber sie waren zu clever, um einen Beweis aus Papier zurückzulassen, und noch unverblümter. »Einer von denen hat auf mein Bett geschissen«, sagte Bobby.
    »Oh, wie nett.«
    »Wie ich schon sagte, sie tun geheimnisvoll. Ich habe mich entschlossen, nicht mal mehr zu versuchen, sie zu fotografieren. Wenn es mir gelänge, eines Abend einen Schnappschuß von ihnen zu machen… ich glaube, die wären echt sauer.«
    »Du hast Angst vor ihnen. Ich wußte bisher nicht, daß man dich beunruhigen kann, und ich wußte nicht, daß du je Angst hast. Ich lerne heute abend eine Menge über dich, Bruder.«
    Er gestand nicht ein, daß er sich fürchtete.
    »Du hast die Schrotflinte gekauft«, sagte ich erwartungsvoll. »Weil ich es für richtig halte, sie von Zeit zu Zeit mal herauszufordern, den kleinen Arschlöchern zu zeigen, daß ich Wert auf mein Territorium lege und das hier, bei Gott, mein  Territorium ist. Aber eigentlich habe ich keine Angst. Es sind  nur Affen.«
    »Und andererseits – sind sie wiederum keine.«
    »Manchmal frage ich mich«, sagte Bobby, »ob ich mir über die Telefonleitung irgend so ein New-Age-Virus von Pia aus dem fernen Waimea eingefangen habe – während sie jetzt davon besessen ist, die Kaha Huna zu sein, bin ich von den Affen des neuen Millenniums besessen. So würden die Zeitungen

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