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Geschöpfe der Nacht

Geschöpfe der Nacht

Titel: Geschöpfe der Nacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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oft nächtelang mit ihm im Labor arbeitete? Manchmal war ich so müde, daß ich kaum helfen konnte, wenn er mich aus meiner Prothese hob.«
    »Ja?« sagte Rafe. Seine Augen waren auf der dichten Masse der Verdrahtungen in dem Kasten. Er fand keinen Sinn in dem wirren Geknäuel, aber Gabrielles Ahle fühlte fachmännisch von Punkt zu Punkt.
    Sie legte die Ahle weg und brachte den Deckel wieder an. »Ab litt unter Schuldgefühlen, daß er mich so arbeiten ließ. Aber er ist im Grunde ein reiner Theoretiker. Ich war immer der Mechaniker für ihn.«
    Sie hatte den Deckel angeschraubt, steckte nun die Werkzeuge in ihre Schlaufen und faltete die Werkzeugtasche zusammen, um sie Rafe zu geben. »Natürlich war es nützlich«, fuhr sie fort, »daß in meiner Prothese die meisten Dinge Platz finden, die ich brauche, wenn ich mit ihm arbeite.« Sie zeigte zu ihrem Zylinder, und Rafe schaute hinein. Ein Stück unter dem Rand sah er eine Reihe Stofftaschen mit Druckknopfklappen. Eine Klappe war nicht zugeknöpft. Er hob sie, fand die Tasche leer und schob die Werkzeugtasche hinein. Er wandte sich zu Gabrielle zurück, nahm den grünen Kasten und blickte sie fragend an. Sie zeigte zu einem kleinen Tisch neben der Tür, und er legte den Kasten darauf.
    »Es wäre viel einfacher gewesen, wenn ich ohne meine Prothese hätte arbeiten können«, sagte sie. »Ab hoffte immer, er könnte mir den Gebrauch meiner Beine zurückgeben, aber es hatte keinen Zweck. Ohne meine Prothese war ich hilflos. Ich konnte aus eigener Kraft nicht mal einen Schritt tun – geschweige denn durch das ganze Laboratorium gehen, was das erste Ziel war, das er uns gesetzt hatte.«
    In ihren letzten Worten war unverkennbar eine Bedeutung verborgen. Rafe blickte zum Bett zurück und schätzte die Entfernung. Gabrielle nickte energisch. Das Tischchen mit dem grünen Kasten war vielleicht acht Schritte von ihr entfernt. Offensichtlich wollte sie ihm eine Vorstellung geben, wie weit sie ohne ihre Prothese gehen konnte. Er war verdutzt, weil er bisher nichts von dieser Fertigkeit bemerkt hatte, aber er nickte zurück, zum Zeichen, daß er die Botschaft verstanden hatte.
    »Sie dürfen sich nicht entmutigen lassen«, sagte er laut. »Versuchen Sie es immer wieder. Es ist bloß eine Sache des Verstehens, wie die Dinge arbeiten.«
    »Ich habe schon eine ziemlich gute Vorstellung«, antwortete sie. Ihre Augen blitzten munter. »Aber gehen Sie jetzt lieber; legen Sie sich schlafen. Wer weiß, wann jemand kommen und uns abholen wird. Und dieser Mann, der uns hergebracht hat, kann jederzeit wieder auftauchen.«
    »Sie haben recht«, sagte Rafe. »Vielleicht fällt ihm ein, daß er was vergessen hat.« Er lächelte ihr zu, hob seine Hand und ging hinaus.
    Er warf sich auf sein Bett und schlief sofort ein. Er hatte unzusammenhängende, normale Träume, aus denen er nach ungewisser Zeit von einer Hand gerissen wurde, die seinen Arm schüttelte. Neben seinem Bett stand ein Unbekannter.
    »Stehen Sie auf«, sagte der Mann. »Sie werden erwartet.«
    »Wer erwartet mich?« fragte Rafe. Aber der andere trat nur zurück, verschränkte die Arme und antwortete nicht. Er trug einen kleinen grünen Kasten wie jenen, den Gabrielle geöffnet hatte, und als Rafe aufstand, fühlte er, wie die lähmende Ausstrahlung die Kontrolle über sein oberes Bewußtsein übernahm.
    Der Mann führte ihn hinaus. Draußen trafen sie einen zweiten Mann, der Gabrielle in ihrem Zylinder eskortierte, und alle vier gingen sie durch einen hell beleuchteten, hallenartigen Korridor, bis sie zu einem großen runden Raum kamen, in dessen Felswand ein riesiges Fenster eingelassen war. Der Ausblick zeigte schroffe Steilwände.
    Neben dem Fenster war eine niedrige Estrade mit mehreren Männern. In der Mitte saßen drei dickliche Männer in weißen Dhotis mit gekreuzten Beinen auf flachen Sitzkissen, glattrasiert, mittleren Alters und mit einer ruhigen Heiterkeit in den Gesichtern, die von jahrelanger Selbstbetrachtung und ebenso langem Selbsttraining zeugte. Links von ihnen stand ein großer und massiger Mann von etwa fünfzig Jahren, der einen Straßenanzug mit wattierten Schultern und eine blaugestreifte Weste trug. Auf der anderen Seite der Dhotiträger standen zwei vertraute Gestalten: Peer Wallace, der Mann von der Mondfähre, die Rafe zur Erde gebracht hatte – und Martin Pu-Li persönlich.
    Martin musterte Rafe mit finsterer Miene, als Rafe und Gabrielle vor die Estrade geführt wurden. Dort stand ein leerer

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