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Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Titel: Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Bossong
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Gesten, leicht und ein wenig nachlässig, um die teure Kleidung, die exklusive Uhr, die Steifheit seiner Herkunft zu unterwandern. Ich habe überlegt, einfach dort zu bleiben, einfach alles fallenzulassen, sagte Kurt. Das ist natürlich Unsinn, es war nur ein kurzer Gedanke, fügte er hinzu. Er saß so dicht neben Luise, dass sie die Wärme seines Unterarmes spürte.
    Wo genau sie in Bredeney abgesetzt werden wollten, fragte der Taxifahrer. Luise nannte ein italienisches Restaurant, nur um ihn loszuwerden, um wieder mit Kurt allein zu sein, ungestört, so, wie es zu sein hatte, er der Vater, sie die Tochter.
    Es ist ja auch unwichtig, sagte Kurt, jetzt bin ich wieder hier.
    Draußen zog die Philharmonie vorbei, das Folkwang, Luises ehemaliges Gymnasium, in dessen Räumen sie zur Klassenbesten gekürt worden war inmitten des Miefs aus Ranzenleder, H-Milch und Matrizen. Während Luises Schule hinter ihnen verschwand, drehte sich Kurt zu ihr und fragte, was sie um diese Uhrzeit beim Italiener wollten.
    Dass er Hunger haben müsse, erklärte sie. Er sah sie verwundert an. Sie fuhren weiter die Alfredstraße hinunter, über die Brücke, unter der das gleichmäßige Rauschen der Autobahn durch die Dunkelheit zog. Als sie die Verkehrskreuzung erreichten, lehnte Luise sich vor und tippte dem Fahrer auf die Schulter. Sie wollten doch nicht zum Italiener, er könne in die Frankenstraße einbiegen. Der Taxifahrer zuckte die Achseln, murmelte: Macht ja auch keinen Unterschied, und wechselte in die andere Spur.
    Auf den letzten hundert Metern vor ihrem Elternhaus kurbelte Luise das Fenster hinunter, draußen war es herbstlich vernieselt. In den vergangenen Wochen, während Kurt in China gewesen war, hatte sie ihre Abschlussarbeit zu Horkheimer begonnen. Kurt erkundigte sich weder über ihre Arbeit, noch hatte er sie je gefragt, was sie nach ihrem Studium vorhabe; er fragte nicht, ob sie für die Firma arbeiten wolle, und wenn ja, in welchem Bereich. Er riet ihr nicht, ins Ausland zu gehen, um Referenzen zu sammeln, so wie er ihr auch damals nicht geraten hatte, Jura oder Wirtschaft zu studieren, sondern davon ausgegangen war, sie würde Philosophie wählen, weil es seine erste Wahl gewesen wäre, hätte er eine Wahl gehabt. Luise war sich sicher, ihr Vater dachte an jenem Abend, als er neben ihr im Fond des Taxis saß, nicht daran, dass sie vierundzwanzig, dass sie Magistrandin war, vielleicht dachte er nicht einmal daran, dass sie seine Tochter war.
     
    Die Fenster des Hauses waren bereits dunkel, die Diode neben der Toreinfahrt blinkte, die Alarmanlage war scharf gestellt. Niemand, weder Luise noch Werner, noch einer der Mitarbeiter, hatte ihre Mutter über Kurts Rückkehr informiert. Luise musste die Haushälterin mit einem Anruf wecken, um den neuen Code in Erfahrung zu bringen, der die Alarmanlage deaktivierte und ihren Vater durch das Gartentor einließ. Luise war ausgestiegen, blickte ihrem Vater nach, wie er sein Grundstück betrat, ein Einbrecher im eigenen Haus. Er stahl sich durch die Haustür hinein, sie fiel zu, einen Moment lang war Luise überzeugt, er sei nun endgültig verschwunden. Doch dann ging im Esszimmer das Licht an, und kurz darauf leuchtete auch das Schlafzimmerfenster im ersten Stock auf. Luise stand neben dem Taxi und betrachtete das Haus, in dem fast ihr gesamtes Leben abgelaufen war und das nun fremd und falsch vor ihr lag. Hier, wo sich die Anwesen großzügig über die Fläche verstreuten, war die Dunkelheit dicht, die Geräusche waren genau voneinander zu unterscheiden. Farnblätter rissen aneinander. Fledermäuse sezierten die Gegend mit ihrem Schall. Luise konnte sich nicht entschließen, ins Taxi zu steigen, und starrte auf das leicht abgetönte Fenster, hinter dem ihre Mutter wohl gerade auf ihren Vater traf. Erst jetzt kam ihr in den Sinn, dass Carola, die sich in der vergangenen Woche an die Vorstellung gewöhnt hatte, dass mit ihrem Mann fürs Erste nicht mehr zu rechnen war, nicht unbedingt erfreut sein mochte, ihn um diese Uhrzeit im Erdgeschoss wiederzutreffen. Luise zahlte den Fahrer und ging schnell auf das Haus zu.
     
    Ihre Mutter saß allein im Esszimmer, versunken in den Anblick eines Frotteestreifens, den sie wie ein zerbrechliches Lebewesen in der Hand hielt. Auf dem Tisch war eine Zeitung aufgeschlagen, flach und fahl blickte das Gesicht von Kurt Tietjen in den Raum. Carola hatte der Tür den Rücken zugekehrt, aber sie musste ihre Tochter gehört haben, denn sie sagte: Dein

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