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Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Titel: Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Bossong
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gewinnen kann. Deine Frau weiß es sicher nicht, aber das ist nicht so tragisch. Es ist leider so, dass wir es immer wissen müssen. Das ist die Verantwortung, die wir tragen.
    Dass es hier doch weniger um Verantwortung als vielmehr ums Überleben gehe, erwiderte sein Sohn.
    Ums Überleben! Wir weiten unseren Radius aus. Da gilt es, entschieden zu handeln. Manchmal muss man eben jemanden wegdrängen, so ist das halt.
    Wegdrängen, nachdem ihr alle Chancen habt verstreichen lassen.
    Ihr? Du nimmst dich aus?
    Ich nehme mich nicht aus. Aber ich würde es gern.
    So liegen deine Pläne, Sohn. Vortrefflich. Wären wir nicht alle gern harmlose Menschen? Nur dass die harmlosen Menschen über kurz oder lang pleitegehen und damit mehr Schaden anrichten als alle anderen. Schaden für sich, für die Angestellten, für die Investoren. Aber du willst lieber gut sein, was aus den anderen wird, ist dir egal. Was zählt es denn, fragte der Senior, moralisch zu sein? Raffinesse, das ist es, worauf es ankommt. Wir können das bedauern, aber wir können es nicht ändern. Er hob die Arme, wie jemand, der sich ergab, und ließ sie wieder sinken.
    Wir haben nie etwas besitzen wollen, wir wollten immer nur investieren. Nie sind wir von etwas abhängig gewesen. Wir wollten nie besser sein, als wir eben sind. Er erhob sich und klopfte seinem Sohn auf die Schulter. Du wirst es schon hinbekommen, sagte er und trat ans Fenster. Seine schlanke, im Gegenlicht schwarze Gestalt senkte sich in den krausen Fluss hinter der Scheibe, und eine düstere Stille breitete sich im Zimmer aus, unterbrochen lediglich von dem hellen Klirren metallener Kleiderbügel im Nebenraum. Und dann, vielleicht, weil selbst dem Senior die Stille nicht ganz geheuer war, fügte er hinzu: Ich hoffe jedenfalls, dass du es hinbekommst.
     
    Es klang wie ein leiser Zweifel, aber Kurt wusste, dass es mehr als das war. Es war die Sorge, unter der schon sein Vater gelitten hatte, die Sorge, es könne nicht genug Tietjen an ihn vererbt worden sein. Den baldigen Tod des Seniors, der sieben Wochen später eintrat, hervorgerufen durch eine Mischung aus wild wuchernden Krebszellen, Herzversagen und einer haltlosen Müdigkeit, hatte Kurt seinem Vater bis zu jener Reise nicht angemerkt. Auch in New York hatte der Senior auf ihn zunächst rüstig gewirkt, während Carola und Kurt in den überklimatisierten Gebäuden froren und verschreckt durch die Straßen liefen. Den Senior schien die Unruhe der Stadt nicht zu erreichen, er saß frisch und ausgeruht auf der Terrasse des Hotels, trank Kaffee und blickte auf den Hudson.
    Erst als das Wetter umschlug, der Regen von einem Tag auf den anderen aufhörte, die Sonne stechend hervorkam und warme Luft vom Atlantik ein unnatürlich mildes Frühlingsklima in die herbstliche Stadt wehte, erst als Vater und Sohn sich mit dem Einkäufer von Macy’s trafen, um die geplante Kooperation perfekt zu machen, sackten die stets aufrechten Schultern des Seniors ein.
    Sie waren, von einer Sekretärin geleitet, durch endlose Flure gelaufen, durch ein Großraumbüro, in dem die Mitarbeiter, durch Sichtschirme voneinander getrennt, in Headphones sprachen, die unzähligen Telefonstimmen vermengten sich zu einem einzigen, schillernden Ton. Auch dem jungen Tietjen wurde einen Moment schwindelig und er fasste sich erst wieder, als sie das Büro hinter sich ließen und in eine kleinere Kabine traten.
    KOCH stand mit weißer Farbe an die Glasscheibe geschrieben, die diesen Raum, kaum größer als eine Abstellkammer, vom Lärm der Telefonisten trennte. Ein Ventilator schlappte seine Propellerblätter im Kreis, eine Kaffeemaschine brummte auf der Fensterbank, und der Schreibtisch war bedeckt von einer Schicht aus Ordnern und lose herumliegenden Unterlagen. Zwischen alldem thronte Helmer Koch in einem hell karierten Hemd und mit der hoheitsvollen Plumpheit eines Kolonialbeamten.
    Der Senior war sichtlich irritiert von der Enge des Büros, in dem das für ihn bedeutsame Geschäft abgeschlossen werden sollte. Vielleicht hatte er an die Erhabenheit jener kaiserlichen Hallen gedacht, in denen einst Justus den Vertrag seines Lebens unterzeichnet hatte. Hier war nichts erhaben, hier war alles kläglich, und der schwitzende Herr Koch machte nicht den Eindruck, als habe er irgendetwas im Macy’s-Konzern zu sagen.
    Herr Tietjen, Sie schickt der Himmel!, erklärte er schnaufend, während er sich vorbeugte, um seinen Gästen die Hand zu reichen.
    Herr Koch, damit wir uns richtig

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