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Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition)

Titel: Gesellschaft mit beschränkter Haftung: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Bossong
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Kilo wog, sie blieb bei Werner, weil er ihr einmal ein wenig Normalität versprochen hatte, wenn er dieses Versprechen auch laut und krachend brach.
    Seitdem, seit jeher also, hätte Luise skeptisch sein müssen, wenn sich jemand unter dem Deckmantel der Normalität an ihre Familie heranpirschte. Sie verabscheute Krays’ Turnschuhe, die vor ihrem Bett standen und über die sie in der Dunkelheit stolperte, misstraute dem harmlos auf ihrem Bett liegenden Körper, der noch schmal und elastisch war, wie es einst Werners Körper gewesen sein musste. Sie hätte, dachte Luise plötzlich, Krays wenigstens einmal fragen sollen, ob er Tennis spielte, Golf oder Hockey. Im Mogengrauen joggte er allein durch den Stadtwald. Gegen sechs Uhr, wenn alle anderen noch schliefen oder frühstückten, Graubrot, Marmelade, Kaffee aus dem Sonderangebot, wusste Luise Krays mit seinen Laufschuhen im Stadtwald, früher als die anderen drehte er seine Runden, denn Krays, dachte Luise, wollte nicht normal sein.
    Sieh dir diese Zahlen an, sagte er, und dann frag mich noch einmal, was ich an deiner Stelle tun würde.
    Luise beugte sich vor, ihre Brüste streiften seinen Oberarm, Krays aber blieb bei seinen Zahlen, griff nicht nach ihrem Bein, drückte sie nicht gegen die Stuhllehne. Wieder blinkte sein Handy, diesmal vibrierte es dazu leicht, er drehte sich um, entschuldige, Luise, und verschwand mit der fremden Stimme am Ohr im Nebenraum. Luise hatte sie kurz gehört, eine Frauenstimme, grell und hastig, und aus dem Vorzimmer, in dem für gewöhnlich eine Sekretärin saß, hörte sie nun das Klackern einer Tastatur, die Krays während des Gesprächs bediente. Die Zahlen flimmerten vor ihren Augen, sie öffnete einige Dokumente, suchte die Dateiinformationen ab, fand jedoch keinen Hinweis darauf, woher die Daten kamen, was sie von ihnen halten sollte, ob Werner sie kannte oder Kurt.
    Im Nebenzimmer Krays’ gedämpfte Stimme: Ja, natürlich, habe ich dir das nicht zugesagt? Also, warum fragst du?
    Krays kam zurück, setzte sich hinter sie, sie spürte die Wärme seiner Schultern, gern hätte sie sich nach hinten fallen lassen, was sie natürlich nicht tat, man fängt auch nicht auf offener Straße an zu weinen. Ihr Blick folgte seinem Finger, der eine Zahlenreihe entlangfuhr, dann auf einige Ziffern deutete, die grün unterlegt waren.
    Verstehst du, was hier steht?
    Sie verstand nicht, ihr kamen in diesem Moment auch bessere Dinge in den Sinn, als zu verstehen. Den Großteil des Tages brachte sie mit Verstehen zu, und nun wäre eine Gelegenheit, endlich mit dem Verstehen aufzuhören, Krays, findest du nicht? Doch wenn sie es auch gern anders glaubte, in Wahrheit hatte nicht sie zu entscheiden, wann etwas zwischen ihnen lief, sondern er.
    Das Unternehmen gibt es nicht mehr, Luise. Wäre Kurt mit diesen Zahlen an die Öffentlichkeit gegangen, hätte er die Firma genauso ruiniert, wie er es jetzt mit seiner Abwesenheit tut. Aber dein Vater hat gekniffen. Dein Vater hat die Zahlen vertuscht.
    Und warum hätte er das tun sollen?
    Ich nehme an, dass niemand gern eine Niederlage zugibt. Nicht einmal jemand wie dein Vater. Vor allem nicht jemand wie er. Ich will nicht sagen, dass er allein schuld daran ist. Aber ein umsichtiger Geschäftsführer hätte es nie so weit kommen lassen.
    Was willst du mir sagen, Krays?
    Lies doch die Zahlen, Luise. Er fuhr erneut mit der Maus die Spalten entlang, und natürlich konnte sie addieren, was dort stand und vielmehr, was dort nicht mehr stand. Sie waren hochgradig überschuldet.
    Die Firma ist längst ein Wrack, sagte Krays. Ausgestorben. Wir arbeiten auf einem Geisterschiff. Und dein Vater ist der tote Kapitän. Wir haben ihn mit Tauen an das Steuerrad gebunden. Das ist kein schöner Posten. Den hält niemand lange aus.
    Sie wandte ihr Gesicht zu ihm, betrachtete sein Profil, die leicht gebräunte Haut, jeden Morgen Joggen im Park. Krays wollte nach oben kommen, dachte Luise, er war vernünftig, weshalb also sollte er in einem Unternehmen bleiben, das am Ende war? Vorsichtig fuhr sie mit der Hand über seine Schläfen. Und was, dachte sie, würde er noch von ihr wollen, wenn er nicht mehr für Tietjen und Söhne arbeitete?
    Die Zahlen kommen raus, über kurz oder lang, sagte Krays. Und selbst wenn nicht, auf diesem Niveau kann sich kein Unternehmen dauerhaft halten.
    Was würdest du tun, wenn du die Firma übernehmen müsstest?, fragte Luise noch einmal.
    Laufen, sagte Krays.

IX
     
    Sie stand im Dampf eines

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