Gesetz der Lust
sich zu erinnern. “Er sagt, es gibt eine Geheimtür in den Palast, vom Park aus. An allen anderen Eingängen sind Bewegungsmelder angebracht, niemand darf die königlichen Gemächer besuchen, und dort ist Spider.” Tory verzog das Gesicht. “Alex hat ein paar gebrochene Rippen, und seine perfekte Nase, mit der du ihn immer gehänselt hast, wird nie wieder perfekt sein. Die Wachen werden in unregelmäßigen Abständen abgelöst, doch nach zehn Uhr wird viel getrunken, und sie sind nicht mehr so aufmerksam.” Victoria biss sich auf die Unterlippe. “Marc, Alex weist darauf hin, dass du ganz besonders vorsichtig sein sollst. Jemand in diesem Palast hat es auf dich abgesehen, deshalb könnte das Ganze eine Falle sein. Alex meint, sie warten auf dich, aber … aber du hast kein Gesicht. Ergibt das einen Sinn?”
“Das habe ich erwartet”, antwortete er. “Hat Lynx dir sonst noch etwas mitgeteilt?”
“Er glaubt, der Vogel kann noch immer fliegen.” Victoria runzelte die Stirn, während Marc sie den Weg zurück führte, den sie gekommen waren. “Was für ein Vogel?”, wollte sie wissen. “Ein Hubschrauber?”
“Ja.” Marc grinste. “Der Hubschrauber, mit dem Lynx hierhergekommen ist. Wir dachten schon, er wäre verloren. Das ist ja großartig! Wenigstens eine gute Nachricht. Das ist viel besser, als auf Angelo zu warten. Mit dem Helikopter können wir schnell verschwinden.”
“Wohin gehen wir jetzt?” Tory musste sich beeilen, um mit ihm Schritt zu halten.
Marcs Gesicht war ausdruckslos. “Ich bringe dich zum Truck zurück, dein Teil in dieser Sache ist erledigt.”
“Oh, aber …”
Marc drehte sie zu sich herum, er umfasste ihre Oberarme. “Du wirst zurück zur Grotte gehen, kein Wenn und kein Aber. Verstanden?” Er wartete, bis sie nickte. “Versuche nicht, die Heldin zu spielen, Victoria. Ich werde deinen Bruder holen. Morgen um diese Zeit ist Marezzo für uns nur noch eine Erinnerung.”
Tory versuchte, sich seinem Griff zu entziehen. “Du tust mir weh.”
“Nicht so sehr, wie diese Schufte es tun werden, wenn sie dich wieder erwischen.” Er ließ sie los, dann legte er einen Arm um ihre Taille und zog sie an sich. “Bleib ganz nah bei mir, halte den Mund und geh weiter.”
Victoria hatte keine andere Wahl. Auf der Piazza waren noch immer viele Menschen, Marc hielt sie eng an sich gedrückt. “Ich sage es nicht gern, aber ich habe Hunger”, murmelte sie.
“Du hättest heute Morgen etwas essen sollen.”
“Ich will etwas Richtiges essen.” Tory blickte zu ihm auf.
Marc kaufte ein Stück Pizza und reichte es ihr. “Bist du sicher, dass du den Weg zurück allein findest?”
Victoria lief beim Duft der Pizza das Wasser im Mund zusammen. “Ja, ich finde den Weg schon.” Sie sah, wie er vorsichtig über die Menschenmenge blickte. “Du kannst ruhig gehen, ich finde auch den Truck allein.” Sie fühlte seine Ungeduld. “Du hilfst Alex nicht, wenn du mich jetzt noch zurückbringst.”
Sie waren zum anderen Ende des Marktplatzes gekommen. “Der Truck steht dort drüben, du kannst ruhig gehen.”
Einen Augenblick lang sah er so aus, als wolle er noch etwas sagen, doch Tory legte ihm einen Finger auf die Lippen. “Geh nur”, drängte sie ihn. “Und sei vorsichtig.” Sie stellte sich auf die Zehenspitzen und gab ihm einen Kuss. Noch ehe er etwas sagen konnte, wandte sie sich um und ging.
Sie fühlte seine Blicke in ihrem Rücken und konnte ganz genau sagen, in welchem Augenblick er sich umwandte und hinter den Mauern der Stadt verschwand.
Es war beinahe unerträglich heiß. Torys Herz klopfte, als sie zum Truck ging. Marc würde Alex holen, das wusste sie.
Erst, als sie sich zwischen einem anderen Wagen und dem Weinwagen hindurchschob, sah sie den Mann. Er lehnte an der Fahrertür des Weinwagens, und sie musste sich an ihm vorbeidrängen, wenn sie die Tür des Trucks öffnen wollte.
Er war etwa so groß wie sie, doch drahtig, mit starken Muskeln und braunen Augen, mit denen er sie von Kopf bis Fuß musterte. Tory erschauerte trotz der Hitze. Er sah aus, als würde er Schwierigkeiten machen. Jetzt wünschte sie, Marc wäre mit ihr gekommen.
Sekundenlang überlegte sie, ob sie um den Wagen herumgehen sollte, um an der anderen Seite einzusteigen. Der Mann zog an seiner Zigarette und warf sie dann in den Staub zu seinen Füßen.
Tory blickte über ihre Schulter, als sie Schritte hinter sich hörte. Ein anderer Mann stand hinter ihr, er hatte ihr den Weg
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