Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)
Cara umgekommen war.
Plötzlich wurde mir sehr deutlich bewusst, dass wir allein waren. Meine Hand umfasste die Taschenlampe. Als er den Kopf neugierig zur Seite neigte, knirschte ich mit den Zähnen.
»Du hast doch nicht immer noch Angst davor, mit mir allein zu sein, oder?«
Er tat einen Schritt auf mich zu, und ich wich zurück, als wären wir Magnete, die sich mit dem gleichen Pol gegenüberlagen.
»Schätze, das beantwortet meine Frage«, sagte er.
Gelächter drang von der Station herbei. Es klang nicht weit entfernt. Sollte Tucker irgendetwas versuchen, konnte ich schreien, und jemand wäre nahe genug, um mir zu Hilfe zu kommen.
»Was machst du hier?«, wollte ich wissen.
»Ich stehle.«
Ich zuckte zusammen.
»Entspann dich. Mir tut der Arm weh.«
Er krempelte den Ärmel hoch und zeigte mir den rosaroten, geschwollenen Unterarm, der bis gestern unter einem Gipsverband verborgen gewesen war.
»Sieht übel aus«, bemerkte ich. »Warum zeigst du das nicht dem Sanitäter?«
»Ich brauche keinen Sanitäter.« In seinem Blick lag etwas zu viel Vertrautheit. Er sah mich an wie ein großer Bruder, der seine nervende Schwester in die Schranken weisen wollte. Dann fing er an, in einer Kiste auf einem der Tische zu wühlen. »Ich habe irgendwie das Gefühl, du willst mir noch etwas sagen.« Allerdings hörte er sich nicht so an, als wäre er begierig, es zu hören, was immer es auch war.
Mein Griff um die Taschenlampe spannte sich.
»Anscheinend gibt es da ein kleines Problem mit der Einrichtung, von der du uns erzählt hast«, sagte ich. »Du hast zu erwähnen vergessen, dass das keine Resozialisierungsanstalt ist, sondern ein Rehazentrum.«
Seine goldenen Brauen ruckten hoch. »Ich wusste nicht, dass ihr es so genau nehmt.«
Der Kerl konnte einfach nicht aufrichtig sein. Schlüpfrig wie ein Aal.
»Ist sie noch dort?«
»Ja. Sofern sie nicht weggelaufen ist. Was ich bezweifle. Wo soll man in einer Stadt voller Soldaten schon hinlaufen?«, sinnierte er, als ich die Augen zusammenkniff.
»Was ist wirklich mit Cara passiert?«
Spannung legte sich um seine Lippen. »Ich habe euch erzählt, was passiert ist.«
»Tut mir leid, dass ich dir das nicht so ganz glauben kann.«
Er schüttelte den Kopf und blickte zu dem Ausgangsschild auf. Flüchtig fürchtete ich, er könnte vorhaben, die Flucht zu ergreifen. Er würde abhauen, und wir würden den Kopf hinhalten müssen, wenn er sich nicht bei Mags meldete. Wahrscheinlich würde sie uns einfach aus dem Verkehr ziehen, und wir hätten keine Chance mehr, Rebecca zu befreien.
»Ob du es glaubst oder nicht, ich dachte, Cara wäre nicht in Gefahr«, sagte er. Wieder zeigte sich dieser Ausdruck des Bedauerns in seinen Zügen, und mir rann ein Schauder über den Rücken. Ich glaubte, dass Chase sich verändern konnte, dass ich es konnte, dass es jeder konnte. Nur nicht Tucker. »Sie hatte Pech«, fuhr er fort. »Sie hat mir erzählt, dass sie Hostess bei FBR -Festen war. Die haben diese Mädchen nicht immer gut behandelt.«
Cara? Sie mochte kokett gewesen sein, aber doch nicht so verzweifelt.
Ich erinnerte mich, wie grob sie Sarah gegenüber gewesen war, als wir sie in der Zeltstadt abgeholt hatten, und dann später, als sie behauptet hatte, Sarah wäre nichts weiter als ein Partygeschenk. Plötzlich stellte ich mir Cara in einem Partykleid vor. Cara, wie sie mit Soldaten plauderte. Cara, wie sie tat, was immer sie zu tun hatte, um am Leben zu bleiben. Eine sonderbare Vorstellung.
»Du willst wohl sagen, du hast diese Mädchen nicht gut behandelt«, konterte ich.
Düstere Spekulationen regten sich in mir, als die Puzzlestücke an den richtigen Platz rutschten – Chicago war schnell bereit gewesen zu glauben, dass die Patrone aus dem Gewehr des Heckenschützen stammte, und Cara hatte dem Team angehört, das den Horizons-Laster gekapert hatte, den Laster, in dem ich die Patrone gefunden hatte. Die anderen im Wayland Inn hatten erzählt, sie wäre mehr als nur ein Mal einfach verschwunden; sie war sogar während der letzten beiden Angriffe auf dem Platz gewesen.
Plötzlich schien alles so klar zu sein, ich verstand nicht mehr, wie ich es vorher hatte übersehen können.
Es sei denn, ich hatte es einfach nicht wahrhaben wollen.
Wallace musste gewusst haben, was Cara tat. Er hatte mich raus auf die Straße geschickt, wohl wissend, dass ich eines Verbrechens beschuldigt wurde, das sie begangen hatte. Sie hatten mich als Tarnung benutzt, damit sie weiter Soldaten
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