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Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition)

Titel: Gesetz der Rache: Roman (Artikel 5, Band 2) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kristen Simmons
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stolzierte davon.
    »Worüber habt ihr gesprochen?« Seans Kopf ruckte hoch, als ich ihn ansprach. Er sah Chase hinterher, ehe er mir mit leiser Stimme erklärte, wie wir in die Einrichtung einbrechen würden.
    Als er fertig war, hämmerte es in meinem Kopf noch schlimmer als vorher.
    Niemand brachte ohne eine Schwester einen Patienten aus dem Gebäude, also würden Tucker und Sean behaupten, sie würden mich dabei unterstützen, Rebecca in ein Heilsschwesternheim zu bringen, wo sie ihr Leben dem Dienst weihen konnte. Tucker kannte den Soldaten, der die Einrichtung leitete, und war überzeugt, er könnte uns reinbringen. Immer vorausgesetzt, seine Kontaktperson hatte nicht von seiner unehrenhaften Entlassung erfahren.
    Chase würde nicht mit uns gehen.
    »Die Widerstandskämpfer haben gerade zwanzig Sekunden gebraucht, um ihn zu identifizieren«, argumentierte Sean. »Glaubst du nicht, in dieser Basis gibt es Soldaten, die sich noch an ihn erinnern können?«
    Also war nun Chase die Belastung und unser Befreiungsplan ganz von mir abhängig.
    Das würde ihm gar nicht gefallen.
    Wortlos suchte ich im Damenwaschraum Zuflucht. Die Minuten verloren an Bedeutung, als ich vor einem Waschbecken stand, die Knie fest zusammengepresst, und vor mich hinstarrte. Mein Gesicht verlor jegliche Ausdrucksfähigkeit und spiegelte so wider, was in mir vorging. Ich fühlte nichts. Keinen Zorn. Keine Verzweiflung. Nichts. Ich hatte einen Eimer mit Wasser in das Becken gestellt und wusch mir geistesabwesend die Hände, die Arme und das mit trockenem Blut verkrustete Haar und sah zu, wie rote und schwarze Tropfen das alte, vergessene Porzellan befleckten.
    Rosenförmige Korrosionsflecken trübten den Spiegel vor mir, und in einem dieser Flecken regte sich etwas – eine Reflektion aus einer der leeren Kabinen hinter mir. Ich wirbelte herum, und die Welt wirbelte um mich und zwang mich, mich hinter dem Rücken an dem Waschbecken festzuklammern.
    Tucker saß auf dem Boden, die Beine spitz angewinkelt, die Hände zwischen den Knien gefaltet. Er hatte sich mit dem Rücken an eine Tür gelehnt und kauerte im Schatten, reglos genug, dass er ebenso gut zum Inventar hätte gehören können. Dennoch konnte ich nicht glauben, dass ich ihn nicht bemerkt hatte.
    Einen endlosen Moment lang starrten wir einander an, bis ich endlich die Frage stellte, die mir durch den Kopf ging.
    »Was machst du hier?«
    Seine Schultern hoben sich unter einem lang gezogenen Seufzer, seine Stimme aber klang schwach. Geschlagen. »Das Gleiche wie du. Ich nehme mir eine dringend nötige Auszeit.«
    »Was machst du hier?«, wiederholte ich, und als er nicht antwortete, fragte ich noch einmal.
    Er blickte zu Boden und streckte die Beine aus.
    »Ich weiß es nicht.«
    Er kippte nach vorn, faltete sich zusammen wie eine abgelegte Marionette und fing an zu zittern. Auf einmal meldeten sich in mir gegenläufige Bedürfnisse. Wegzugehen. Ihn zu zwingen, wie auch immer ich das anstellen sollte, mir die Wahrheit zu sagen. Mich zu ihm zu kauern, die Stimme zu senken und etwas Tröstliches zu sagen. Und weil all diese Bedürfnisse gleich stark waren, wagte ich es nicht, das Waschbecken loszulassen.
    Er ist ein Lügner.
    Er war auch in den Tunneln.
    Langsam kauerte ich mich nieder, vorsichtig darauf bedacht, dass ich schnell aufspringen konnte, sollte es notwendig werden.
    »Dann erzähl mir etwas, das du weißt.«
    Er blickte auf. Seine Augen waren gerötet, das Gesicht schmutzig, und für einen Moment sah er so jung aus, dass ich ihn kaum erkannte. Mit dem Handrücken wischte er sich die Nase ab.
    »Sie haben mich übergangen«, sagte er mit einem schwachen Lachen. »Ich war alles, was sie sich wünschen konnten, aber sie haben mich übergangen.«
    »Das FBR «, ging mir auf.
    »Jeder Test. Jede Ebene. Ich war perfekt. Aber die haben immer nur Jennings gesehen. Ihn wollten sie. Er hat alles mit Absicht vermasselt, und sie wollten ihn trotzdem. Das war unglaublich.«
    Chase hatte mir erzählt, dass er sich widersetzt hatte, in der Hoffnung, sie würden ihn heimschicken, doch die Offiziere waren nur noch mehr darauf bedacht, ihn zu brechen. Und als er sich schließlich fügte, tat er es zu meinem Schutz. Es war verstörend, nun Tucker darüber reden zu hören.
    »Wusstest du, dass ich mich schon früh verpflichtet habe? Noch vor dem Abschlussjahr«, fuhr er fort. »An dem ersten Tag, an dem ich die Möglichkeit dazu bekam. Ich hatte auf diesen Tag gewartet. Ich hatte darauf gewartet,

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