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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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sanften und beruhigenden Geräusch über sie hinweg. Éva hatte den Wagen nie gemocht, auch wenn sie seinen Komfort, etwa die beheizbaren Sitze im Winter, schätzte. Selbst Albin, der früher ein großer Auto-Liebhaber gewesen war, hätte lieber einen amerikanischen Wagen gehabt (einen schicken Buick oder einen schicken Chrysler), es stand jedoch außer Frage, dass sie sich nicht mit dem fürstlichen Geschenk von Évas Vater zufrieden gaben. Lucie, auf der Rückbank, war ein wenig aufgekratzt, genau genommen sogar sehr aufgekratzt, sie hätte viel darum gegeben, den Sicherheitsgurt lösen zu dürfen. Doch das war ihr leider untersagt, in der Hinsicht war ihre Mutter streng.
    Die Freude über das Geheimnis, das sie mit ihrem Vater teilte, durchströmte sie. Albins vier Verse gingen ihr im Kopf herum, auch wenn sie sie noch nicht auswendig konnte – aber fast, ganz bald.
    In Orsay verließen sie die Autobahn und nahmen die kleine Landstraße, die nach Limours-en-Hurepoix führte. Die Straße führte auf halber Strecke durch zwei Ortschaften, Gometz-le-Châtel und Gometz-la-Ville. Wenn sie das Schild von Gometz-le-Châtel erblickten, lächelten Albin und Éva sich für gewöhnlich an, weil Gomez Évas Mädchenname war.
    Dieses Mal wie die anderen Male lächelten sie sich an. Es war zum Spiel geworden, und Lucie stieß ein helles Lachen aus.
    Der Überfall fand auf dem letzten Abschnitt der Strecke statt, zwischen Gometz-la-Ville und Limours.
    Einige Kilometer hinter Gometz-la-Ville wurde Albin von einem Auto überholt, einem alten Simca Versailles. Darin saßen drei Männer. Die Straße war schmal und das Überholmanöver riskant. Doch kaum fuhr das Auto vor ihnen, wurde der Fahrer erst immer langsamer und bremste schließlich so hart, dass Albin selbst halten musste, um einen Auffahrunfall zu vermeiden.
    Ein Mann mit langen Haaren stieg aus dem Simca. Er reckte eine Waffe in die Höhe. Zwei große Schritte, schon stand er neben Albins Fahrertür und bedeutete ihm, die Scheibe herunterzukurbeln.
    Wäre Albin allein gewesen, hätte er vielleicht etwas gewagt. Einen abrupten Start, ein Zickzackmanöver … doch das war alles zu gefährlich für seine Frau und seine Tochter. Der Angreifer könnte schießen. So gehorchte er und ließ die Scheibe herunter.
    »Was ist los? Was wollen Sie?«, fragte er so gefasst wie möglich.
    Éva stand unter Schock. Ja, was mochte dieser Mann, dessen zu langes Haar ihm fast bis zur Schulter reichte, von ihnen wollen? Lucie, der die Furcht die Kehle zuschnürte, legte ihrem Vater die Hand in den Nacken.
    »Das Auto«, sagte der Mann mit tiefer Stimme. »Wir wollen das Auto.«
    Albin hatte mit einer Geldforderung gerechnet. Erstaunt blickte er den Mann – für zwei, drei Sekunden? – an, bevor er reagieren konnte.
    Daraufhin ereignete sich eine Szene, die von unvorhersehbarer, ja unerklärlicher Brutalität war.
    Der Mann setzte Albin die Pistole auf die Stirn: »Du musterst mich gerade. Willst du eine genaue Personenbeschreibung anfertigen können? Ist es das?«
    Er ließ Albin keine Zeit zu antworten. Von plötzlicher Wut gepackt, durchzuckte ihn der ganze Oberkörper und er drückte auf den Abzug.
    Die Kugel traf Albin in den Kopf.
    Kaum hatte Éva angefangen zu schreien, ertönte ein weiterer Knall. Der Mann hatte ein zweites Mal geschossen. Éva brach tot zusammen, in den Kopf getroffen wie ihr Mann.
    Lucie wurde verschont. Die herbeigeeilten Kumpanen des Täters zogen die Leichen mit den blutüberströmten Gesichtern aus dem Wagen und legten sie nebeneinander in den Graben am Straßenrand, während der Schütze die um sich schlagende und laut brüllende Lucie zu dem Simca Versailles hinüberzerrte und dort einsperrte.
    Vermutlich hatten sie bloß einen Vorwand gesucht, um ihren Blutdurst zu stillen, (und bei der Gelegenheit das schnelle und sichere Auto gestohlen, das ihnen tatsächlich von Nutzen war) – und offenbar hatte ihnen der Doppelmord genügt. Jedenfalls hatten sie Lucie weder getötet noch misshandelt.
    Sie kam mit zwei blauen Flecken an den Schultern und an den Armen davon.
    Die traumatische Wirkung war jedoch verheerend, der Schock saß so tief, dass sie ihn in ihrem kurzen Leben nie überwinden sollte.
    Im Auto der Nomens fuhren die drei Männer wieder davon. Sie wendeten und rasten Richtung Autobahn.
    Vierzig Minuten Verspätung … Das war nicht normal. Die Tormonds riefen bei Michel an (»Ja, sie sind losgefahren, um die und die Uhrzeit«) und dann gleich bei der

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