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Gesetzlos - Roman

Gesetzlos - Roman

Titel: Gesetzlos - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matthes und Seitz Verlag GmbH
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Information?Von Henrik Hansen, dem Arglistigen, darauf hätte ich schwören können) einen »Musiklehrer« verhört: Handelte es sich etwa um denselben Musiklehrer, der es bereits bei dem widerlichem Mord an Cathy Maynial, der Tochter des Selbstmörders, mit dem Gesetz zu tun bekommen hatte? Dies fragte sich der Autor des Artikels. Das war alles, keine Namen und auch keine Unterstellungen, nichts, woraus man ihm hätte einen Strick drehen können. Das war alles, eher wenig, ich pfiff darauf, aber garantiert hatte jemand Hubert Mornais auf den Artikel aufmerksam gemacht, und der hatte ihn garantiert gelesen, denn obwohl er ihn mit keinem Wort erwähnte – das wäre zu einfach gewesen –, verhielten sich er und Éric Quiret, sein Spießgeselle in Sachen feindseliger Dummheit, mir gegenüber noch unangenehmer als zuvor. Die Angelegenheit Maynial (die Angelegenheiten Maynial) lieferte ihnen einen Grund, mich noch hartnäckiger zu verfolgen (ein starkes Wort, gewiss, das aber genau auf ihr Verhalten zutrifft).
    Zu Beginn des Jahres 1997 wendete ich mehr denn je die Frage in meinem Herzen, ob ich das Institut Benjamin nicht verlassen sollte. Ich konnte nicht mehr. Der Wunsch, ihrer Arglist zu entfliehen, ließ jede andere Erwägung in den Hintergrund treten. Sie würden mich im nächsten Schuljahr nicht wiedersehen. Die Einrichtung war unabhängig vom staatlichen Bildungswesen, mein Vertrag, der jedes Jahr verlängert werden konnte, band mich nicht länger als zwölf Monate, ich fühlte mich also vollkommen frei in meiner Entscheidung. Ende Juni, nach der letzten Stunde, wollte ich ihnen einen Brief schreiben, aber letztlich musste ich eine andere Vorgehensweise wählen.
    Eines Morgens im März, an einem Mittwoch, ging ich in der Zehn-Uhr-Pause in Mornais’ Büro. Quiret war selbstverständlich auch anwesend. Ich habe vergessen, unter welchem Vorwand sie mich zu sich gerufen hatten. Was ich nicht vergessen habe, ist ihre boshafte Plumpheit, mit der sie gut sichtbar ein Exemplar der Märzausgabe von
Die letzte Meldung
auf dem Tisch platzierthatten. Die Absicht war so leicht durchschaubar, dass ich meine Empörung schnell im Griff hatte. So spielte ich den Gleichgültigen und kündigte beim Hinausgehen im höflichen und gelösten Ton an, dass sie im kommenden September auf einen anderen Musiklehrer setzen müssten.
    Sie waren so dumm, dass sie sich nicht hatten vorstellen können, dass einer ihrer lehrenden Lakaien, der überdies ein so unwichtiges, ja, niederes Fach wie Musik lehrte, ihrem angesehenen Institut den Rücken kehren würde, wenn ihn die Umstände nicht dazu zwangen – und so kam ich in den Genuss, das letzte Wort zu haben, wie mir ihr Gesichtsausdruck bewies.
    Und obwohl die Frage im Augenblick nicht zu den dringlichsten Sorgen dieser beiden Ganoven gehörte, wussten sie, dass es ihnen schwer fallen würde, einen Musiklehrer von meiner Güte und meinem Niveau zu finden (das sei hier ganz ohne Eitelkeit erwähnt).
    Zu Mittag kehrte ich nach Hause zurück. Ich war über mein Handeln zufrieden, im Einklang mit mir selbst, besänftigt.
    Bevor ich mir ein Tief kühlgericht in den Ofen schob, wollte ich die vier rätselhaften Verse in Maximes schönem roten Heft noch einmal lesen. Ich kannte sie auswendig, aber es bereitete mir Vergnügen, sie gelegentlich schwarz auf weiß auf der ersten Seite zu bewundern (ich hatte mir Mühe gegeben, als ich sie einige Monate zuvor aufgeschrieben hatte).
    Bis zum Ende des Schuljahres sah ich Mornais und Quiret nicht wieder. Dass ich nicht sofort die Koffer packte, lag im Übrigen an meinen lieben Schülerinnen. Und obwohl sie mir in der Tat ans Herz gewachsen waren, wurde mir durch diesen Vorfall bewusst, dass ich von dem Beruf genug hatte.
    Ich wollte mich nicht in einer anderen Einrichtung um eine vergleichbare Stelle bewerben.
    Die Zeit war reif, um eine Ruhepause einzulegen.

K APITEL 11
JOHN BROWNE
    Allein zurückgeblieben, überlegte Nikita einen Augenblick lang, was er nun tun solle. Wegzugehen und nach einer menschlichen Wohnung zu suchen, dazu fühlte er nicht mehr die Kraft in sich. Auch sich wieder auf seinen alten Platz zu setzen war nicht mehr möglich: der war schon ganz von Schnee bedeckt
.
Leo Tolstoi,
Herr und Knecht
    Beug deine Lippen herab zu mir
auf dass meine Seel’, kaum dem Munde
entschlüpft, aufgehen möge in dir
.
Denis Diderot,
Chanson

Michel hatte in Übereinkunft mit Sylvie beschlossen, so lange wie möglich zu warten, bevor er Clara von dem

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