Gesetzlos - Roman
dead
und
The Narrow Margin
, Filme, die Maxime niemals gesehen hatte und die ich gern wieder sehen wollte, vor allem in seiner Begleitung.
»Am Samstag?«
»Na und ob!«, sagte Maxime.
»Wollen wir versuchen, in alle drei zu gehen? Wir essen Mittag, sehen zwei Filme, gehen abends am Ufer der Marne essen und kehren zurück, um den berühmten
The Narrow Margin
anzugucken?«
Maxime dachte nach.
»Dann vielleicht nur zwei«, sagte er. »Samstagnachmittag kommt ein Jurist der Kommission bei mir vorbei, dem ich ein Beratungsgespräch versprochen habe. Das wird garantiert viel Arbeit, aber angesichts der Person, die mir diesen angeblich so sympathischen und begabten Juristen empfohlen hat, konnte ich nicht ablehnen.«
»Könnte diese Person eine Frau sein?«
»Und was für eine! Eine Göttin. Sagen wir, ich erwarte dich um fünfzehn Uhr? Ich esse mit ihm hier zu Mittag. Aber um fünfzehn Uhr geht es bestimmt, bis dahin wird er weg sein, ganz sicher. Wahrscheinlich schon vorher, ich richte es so ein. Ich rufe ihm ein Taxi. Also sagen wir Punkt fünfzehn Uhr. Ich werde an deinem Lieblingseingang auf dich warten.«
Wie gut kannte ich doch Maxime! Man musste schon Luis Archer heißen, um in der Art und Weise, wie er mir die Geschichte (eine übrigens vollkommen plausible Geschichte: Es war nichtdas erste Mal, dass die Kommission sich für derartige Dienste an Maxime wandte) von dem dringend Rat suchenden Juristen präsentierte, eine Spur von Bedrängnis zu erkennen.
Und man musste Maxime sein, um auf meinem Gesicht eine Spur von Unbehagen, eine Veränderung der Gesichtsmuskeln wahrzunehmen, die etwa zwei Quadratmillimeter Haut betreffen mochte.
Die minimale Spannung, die zwischen uns entstanden war (dessen bin ich mir sicher), wurde von Maximes breitem Lächeln fortgewischt (einem uneingeschränkten, nicht von der Hand verdeckten Lächeln, das war selten, vielleicht hatte ich ihn nie so herzlich lächeln sehen), und er sagte:
»Mein lieber Freund, du warst in zu viele haarsträubende Geschichten verwickelt! Was malst du dir nur wieder aus? Dass dieser Jurist ein doppeltes Spiel treibt?« (Schweigen, als brauchte er Zeit, sich die Fortsetzung zu überlegen:) »Und dass er mir viel Geld schuldet? Ein gefährlicher Mensch, von dessen schändlicher Mordlust selbst die Mitarbeiter nichts wissen und der plötzlich beschließt, im Alleingang, im eigenen Auftrag zu handeln?« (Schweigen.) »Er kommt mit einem Koffer, randvoll mit großen Scheinen, hierher. Eine Million Euro. Im letzten Moment weigert er sich, es mir auszuzahlen …« (Erneut kurzes Schweigen.) »Wutausbruch meinerseits, Streit, Handgreiflichkeiten, wir bringen uns gegenseitig um. In dem Moment kommst du. Zwei Leichen, ein Batzen Geld im Koffer.« (Wieder Schweigen.) »Und sauberes, gewaschenes Geld. Zur sorglosen Verwendung. Und weißt du, was du machst? Du schnappst dir den Koffer und verschwindest. Denk an das, was ich dir gesagt habe, mein verehrter Vermächtnisnehmer: Von nun an gehört das Geld dir. Vergiss die Polizei, die Polizei wird eh nichts finden, das weißt du selbst nur zu gut. Sie werden nichts finden, bis auf das Geld, und wenn sie es in die Finger bekommen, siehst du es so bald nicht wieder, haha! Also abgemacht, du haust mit dem Geld ab?«
Maxime hatte mir die ganze Szene überzeugend und amüsant vorgespielt. Die überspitzte Darstellung verfehlte dabei nicht ihr Ziel: Mein Geist, der im Unterbewusstsein alle hanebüchenen Elemente dieser improvisierten Geschichte eilig verwarf, war schließlich auch dazu geneigt, ihren banalen und durchaus vorstellbaren Ausgangspunkt (ein Mann bringt ihm an dem und dem Tag um die und die Uhrzeit Geld, das er ihm schuldet) in Zweifel zu ziehen und ihn wie alles andere ins Reich des Unwirklichen, der Phantasie zu verbannen – und (für einen Augenblick) wurde sogar meine Gewissheit erschüttert, dass er ein gefährliches »verborgenes Dasein« führte: Wenn es denn ein verborgenes Dasein gab (möglich), unterschied es sich (gewiss) von jenen Hirngespinsten, die ich so oft ausgesponnen hatte …
Ein Jurist würde nach Saint-Maur kommen, um seinen Rat in Anspruch zu nehmen, das war alles.
»In Ordnung, du kannst dich auf mich verlassen!«, sagte ich schließlich mit einem Lächeln, das ebenso breit und offen war wie seins.
Ganz beiläufig hatte Maxime erwähnt, dass er mir in der Tat sein Vermögen vermachte. Die Mitteilung hatte zur Folge, dass ich mich endlich imstande fühlte, ihn ohne weiteres
Weitere Kostenlose Bücher