Gespenster um Al Wheeler
mit
Barnaby ?«
»Ich weiß nichts über Barnaby.
Ich habe ihn nie kennengelernt«, sagte sie einfach.
»Sie sind seit drei Jahren
verheiratet und haben niemals Gelegenheit gehabt, Ihren Schwager kennenzulernen ?«
»Er hatte das Haus verlassen,
bevor ich es je gesehen hatte .« Sie kicherte beinahe.
»Wir reden im Valley nicht über Barnaby, Lieutenant. Er ist das schwarze Schaf
der Familie .«
»Was hat er getan? Die
Orangenhaine ruiniert, indem er morgens Grapefruitsaft trank ?«
Diesmal kicherte sie wirklich.
»Ich habe keine Ahnung, was los war, aber es muß etwas Schreckliches gewesen
sein. Was ich weiß, ist, daß sein Vater ihn enterbt und ihn buchstäblich ohne
den sprichwörtlichen Penny weggeschickt hat .«
Das schwache Geräusch
wohlgemessener Schritte, die sich durch das Labyrinth näherten, ließ sie
erstarren. Dann riß sie mit schneller Bewegung die Eingangstür auf.
»Ich glaube, das ist das
Zeichen für Sie, zu gehen, Lieutenant«, sagte sie leise. »Es war nett, sich mit
Ihnen zu unterhalten. Vielleicht können wir das wieder einmal tun ?« Ihre Stimme klang fast sehnsüchtig.
»Das wäre nett«, sagte ich
höflich. »Auf Wiedersehen, Mrs. Sumner.«
Die Tür schloß sich fast
unmittelbar, nachdem ich aus dem Haus war, hinter mir. Ich ging zum Healey
zurück, wobei ich mich fragte, ob Jessica Sumner wirklich Angst vor ihrem Mann
hatte oder ob es sich nur um die konventionelle Armes-kleines-Frauchen-Masche
handelte, die Frauen manchmal ihrem Herrn und Gebieter gegenüber spielen. Und
warum der letzte, sehnsuchtsvolle Schachzug mit dem Bedürfnis, sich bald wieder
mit mir unterhalten zu können? Es gab eine Reihe von möglichen Antworten
darauf, und ich kam zu dem bedauerlichen Schluß, daß Wheelers magnetische
Anziehungskraft wohl die letzte davon war. Vielleicht sehnte sie sich einfach
nach Unterhaltung — oder vielleicht konnte sie auch etwas Interessantes
berichten. In jedem Fall, so erkannte ich mit einem unangenehmen inneren Ruck, kam
ich mir allmählich wie einer der Darsteller in einem morgendlichen
Fernsehrührstück vor.
Ich fuhr in den Ort Sunrise
Valley zurück und hielt vor der ersten Bar. An der Aussicht hatte sich nichts
verändert, nur die Promenadenmischung hatte sich auf den Rücken gewälzt und
schlief fest. Die erstickende Hitze hatte womöglich noch zugenommen. Meine
Zigarette schmeckte nach glühender Holzkohle, aber sie gab mir wenigstens etwas
zu tun, während ich wartete.
Nach ungefähr dreißig
tiefgefrorenen Minuten fuhr blitzschnell ein staubbedeckter Continental vom
letzten Modell an mir vorüber. Ich erhaschte einen flüchtigen Blick auf ein
entschlossen aussehendes, von kupferfarbenem Haar umgebenes Gesicht über dem
Lenkrad — dann war es verschwunden. Ich startete den am Straßenrand parkenden
Healey eiligst und fuhr schnell genug hinter ihr drein, um ihren Wagen im Auge
zu behalten, ohne aufzuholen. Wenn sie wirklich nach Bel Air fuhr, hatte ich
eine verteufelt lange Fahrt vor mir.
DRITTES KAPITEL
F ünfundvierzig Kilometer weiter
und fünfundzwanzig Minuten später fühlte ich mich wesentlich erleichtert, als
sie von der Hauptstraße abbog und Pine City selbst
zustrebte. Der Verkehr wurde dichter, und ich verkürzte den Abstand, so daß nur
noch drei Wagen zwischen uns waren. Nach all der Mühe, die ich auf mich
genommen hatte, wäre mir der Gedanke, sie an einer Verkehrsampel aus den Augen
zu verlieren, zuwider gewesen. Sie hatte nun keinerlei Eile mehr. Sie
schlängelte sich ziellos durch die Straßen der Innenstadt, anscheinend ohne
irgendwelche Absichten, um dann schließlich, als ich schon dachte, sie hätte es
spitzgekriegt, daß ihr jemand folgte, vor einem Hotel in einer Seitenstraße
außerhalb des großen Verkehrsstroms zu halten. Ich fuhr an ihr vorbei, bog um
die Ecke der nächsten Querstraße und parkte auf halber Höhe des vor mir
liegenden Häuserblocks. Als ich wieder um die Ecke kam, war der Continental
leer, und ein Page verschwand soeben mit zwei Koffern im Hotel.
Ich zündete mir eine Zigarette
an und brachte fünf Minuten vor dem Schaufenster eines Ladens zu, in dem man
sich ausschließlich dem Verkauf von Hüftgürteln widmete, vor allem der Sorte,
die ein Mädchen von der Taille bis zum Knie sozusagen unverletzlich macht. Ich
fragte mich beiläufig, wieviel Training man wohl dazu
braucht, um ohne fremde Hilfe in eines dieser Dinger hinein- und wieder herauszugelangen . Eines Tages würde man als frei wie ein
Vogel
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